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Die deutsche Götterlehre

Die deutsche Götterlehre

Titel: Die deutsche Götterlehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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blutet und weint sie und hebt zu reden an, gerade wie Blut aus der Goldwurz floss, die ein Hirtenknabe schneiden wollte. Für besonders heilig galt unter den Kräutern der Rosmarin , dessen Namen halbgöttliche Jungfrauen tragen, in dem nach unserm heutigen Kinderglauben die Kinder gefunden werden und den die Braut beim Kirchengang nothwendig tragen muss. Den nordwestlichen Deutschen, namentlich Friesen und Seeländern war das Seeblatt ein Gegenstand besonderer Verehrung; die Holländer nennen seine weissen, inwendig goldgelben, duftenden Blumen Swanneblommen , d. i. Schwanblumen, wie wir die Wasserlilie Nixblume nennen. Es ist dieselbe Blume, die unter dem Namen Lotus in Aegypten und Indien verehrt wurde, vor der sich Tibetaner und Nepalesen neigen, auf deren Blatt Brahma und Vischnu einst schwammen. Fast alle solche Gewächse haben Kraft zu heilen oder zu schaden und wurden gleich schützenden heiligen Thieren in die Wappen der Helden, Städte und Länder gesetzt.
    Die Pflanzen leben ein mehr stilles Leben, dessen Aeusserungen kaum merkbar sind; an den Ort gebunden, ohne menschliches Zuthun wachsend, können sie ihren Einfluss auf seine Lebensverhältnisse nur seltner und weniger entscheidend eingreifend kund geben. Ein anderes ist es mit den Thieren , die frei und fessellos herumschweifend, grösseres Bewusstsein des Lebens zeigen, die an Kraft den Menschen gleich, an andern Eigenschaften ihm gar überlegen sind, sich ihm inniger anschliessen können und durch die Pflege, welche er ihnen weiht, ihm theurer werden. Ihr Cultus war darum ein ausgedehnterer und ungleich wichtigerer, als der der Pflanzen, und zwar liegen ihm folgende Hauptursachen zu Grunde. Die Thiere standen in der menschlich gedachten Götter Dienst oder die Götter hatten einst sich in eine Thiergestalt verwandelt, wodurch alle Thiere, derselben Gattung fortan höherer Ehre genossen; es sind dabei vielleicht alte Incarnationen vorauszusetzen, wie wir sie bei andern Völkern des Alterthums finden, deren Kenntnis für uns jedoch kaum mehr zu erlangen ist. Eine geringere Art der Verehrung gewisser Thiere mag in der Lehre von der Seelenwanderung begründet sein, von der wir in unserm Alterthum unzweideutige Spuren antreffen: in der als Strafe erfolgenden Versetzung des Menschengeistes aus der edlern Menschen- in die unedlere Thierform. Dabei ist natürlich an einen eigentlichen Cultus nicht mehr zu denken, sondern nur an rücksichtsvollere, mit einer Art von frommer Scheu durchdrungene Behandlung der Thiere.
    Wir sahen, wie das Alterthum nächst dem Menschenopfer kein höheres Opfer kannte als das des Pferdes . Alle Götter, der Donnerer einzig ausgenommen, besassen Pferde und der Held kannte nichts theureres als sein Ross, mit dem er sich freundlich unterredete, das all seine Freuden, wie seinen Kummer, seine Gefahren und Mühen theilte. Zwei edle Sachsenhelden Hengest und Hors trugen gar des Pferdes Namen und den Menschen gleich erhält auch das Ross seinen festen Namen, wie das Odhins Sleipnir, das des Riesen Hrûngnir Gullfaxi, das Goldmähnige, das Ross des Tages das Glanzmähnige, das der Nacht das Thaumähnige genannt wurde. Einzelne Pferde genossen göttlicher Verehrung und zwar besonders solche, die den Göttern geweiht waren und in der Nähe ihrer Heiligthümer unterhalten wurden. Besonders dem Fro finden wir solche heiligen Rosse gehegt, in der Nähe einer seiner alten Cultusstätten in Süddeutschland liegt der noch heute bekannte Rossberg ; ein anderer Berg gleichen Namens in Württemberg hat einen platten Gipfel, der das Rossfeld heisst. Solche Rosse zu besteigen, wurde für ein todeswürdiges Verbrechen gehalten; nur der Gott ritt sie, nur seinen heiligen Wagen zogen sie, und sie bluteten ihm als Opfer. Sie wurden sorgfältig gepflegt und genährt, besonders hielt man viel darauf, ihre Mähnen zu hegen und schmückte dieselben, indem man Gold, Silber und Bänder hineinflocht. Da sie als Opferthiere galten, so mussten sie weiss sein, wie denn auch die Rosse der Könige noch in späterer Zeit nur weiss sein durften. Sie waren nach Tacitus für Mitwisser der Götter angesehen (Könige Edle und Priester waren nur der Götter Diener) und darum wurde fleissig auf ihr Wiehern geachtet; keinem andern Orakel schenkte man solchen Glauben und vertraute man so sehr. Wenn das Ross vor der Schlacht seine muthweckende Stimme erhob, dann war an keine Niederlage zu denken, senkte es aber das Haupt und war es still, dann war sie gewiss. Heiliger noch und

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