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Die deutsche Götterlehre

Die deutsche Götterlehre

Titel: Die deutsche Götterlehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Sperlingen Kornbüschel aussetzte, so gibt man in Hessen zwei Gescheit von der Wintersaat den Vögeln; und wenn die Ernte eingethan ist, wirft man Nachts um zwölf Uhr eine Garbe aus der Scheuer, dass »die Englein im Himmel davon zehren.« Es sind das alte Opfer, welche man den Vögeln um die Herbstzeit darbrachte. Mit den Vögeln lebte das Alterthum überhaupt sehr vertraut; wegen ihrer grösseren Behendigkeit scheinen sie geisterhafter als die vierfüssigen Thiere. Wir fanden schon wiederholt, wie Götter, Göttinnen, Helden und weise Frauen sich in ihre Gestalt verwandeln; die nordischen Götter und Riesen legen ein Adlerkleid an, die Göttinnen ein Falkenkleid , halbgöttliche Wesen der Deutschen und Skandinavier schlüpften in ein Schwanhemd . Das Feuer erschien als rother Hahn , der Flamme Prasseln in dem Dach des Hauses ist sein Krat; wahrscheinlich ist der Hahn auf unsern Kirchthürmen noch heidnischer Abkunft.
    Zu den erhabenen Göttern passt das Aargewand, dessen selbst Allvater sich einmal bediente, denn wie der Bär an der Spitze der wilden Waldthiere, so steht der Aar an der Spitze der wilden Vögel. Bei aller Schönheit und Kraft, die er zeigt, steht er an Klugheit doch dem gleichfalls sehr heilig gehaltenen Raben nach. Wie in den Mythen, so erscheint in den Märchen der Rabe als weise, ja allwissend und der geheimen Naturkräfte kundig. Die rasch die Luft nach allen Richtungen durchschiessende Schwalbe gilt noch heute für so heilig, dass das von ihr gebaute Nest dem Hause Glück, sie zu tödten aber Unheil bringt. Gleich der Schwalbe ist der Storch Bote des Frühlings, aber er ist auch Kinderbringer, und als solcher muss er dem Alterthum ein Götterbote gewesen sein; auch sein Gewand ziehen Menschen und wohl auch höhere Wesen oft an. Als weissagend erscheint besonders der Kukuk , dessen Ruf man zählt, um zu erfahren, wie lange man leben, oder noch unverehlicht bleiben werde; ruft er den das Letztere fragenden Mädchen in Schweden öfter als zehnmal, dann sprechen sie, er sitze auf einem närrischen d. i. verzauberten Zweig und achten nicht weiter auf seine Prophezeiung. Hört man ihn zuerst von Norden, dann bringt das Jahr Trauer, von Osten und Westen bedeutet sein Ruf Glück. Ihn ohne Ursache zu tödten, bringt Gefahr. Das hohe Ansehn, in welchem er stand, hatte so wie sein oft zum Nachtheil der Seele täuschender Ruf, zur Folge, dass er im Christenthum als ein Vogel des Teufels galt und noch gebrauchen wir seinen Namen statt dem des Teufels. 86 In gleicher wenn nicht höherer Verehrung wie der Kukuk standen das Rothkehlchen und die Meise . Das Rothkehlchen kündigt sich durch seine Farbe als ein dem Donnerer heiliger Vogel an, darum schlägt der Blitz in das Haus, wenn man sein Nest stört, und wenn es einen Erschlagenen im Walde findet, trägt es Blumen und Blätter auf sein Gesicht. In welchem Ansehn die Meise stand, sehen wir aus den Weisthümern; wer eine im Walde fing, war der höchsten Busse verfallen, er war »um Leib und Gut und in des Herren Ungnade.«
    Schlangen scheinen durch die Schönheit ihrer Form, die Gefahr ihres Bisses vor andern Thieren Scheu und Ehrfurcht zu gebieten; viele Sagen erzählen von Vertauschung der Gestalt zwischen Menschen und Schlangen; darin liegt fast untriegliches Zeichen des Cultus. Wesen, die aus menschlicher Art in thierische Bildung übergegangen sind und den Umständen nach in jene zurückkehren können, ist das Heidenthum heilig zu halten geneigt. Die Longobarden beteten selbst nachdem sie zum Christenthum übergetreten waren, noch eine goldne Schlange an, der heil. Barbatus benützte ihres Königes Romuald Abwesenheit, sich das Bild von dessen Gemalin zu verschaffen und liess einen Kelch und eine Patene daraus schmieden, aus denen er dem König bei dessen Rückkehr das heil. Abendmahl reichte. Ueberall in Deutschland weiss man, dass Schlangen zu tödten Unglück bringt. An das Leben der Schlangen ist nicht selten das Leben der Menschen gebunden, sie sind gleichsam seine Schutzgeister und wenn sie sterben, welkt auch der Mensch dahin. Schützend halten sie an des Kindes Wiege Wacht, grösseren Kindern weisen sie Schätze, Kranken und Verwundeten retten sie das Leben. Oft kommen sie zu einsamen Kindern ins Zimmer, auf Wiesen und Weiden oder in die Häuser und trinken mit ihnen Milch aus dem Schüsselchen; sie tragen eine goldene Krone auf dem Haupte, welche sie dabei ablegen, mitunter auch beim Weggehen vergessen und lohnen dem Kinde mit Perlen,

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