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Die deutsche Seele

Die deutsche Seele

Titel: Die deutsche Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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Nietzsche.
    Nietzsche ist aber auch der Beweis dafür, dass in einer solchen Gesellschaft, in der man mit dem gerade erfundenen Automobil zur Sonntagspredigt fahren kann, ohne dabei sonderlich aufzufallen, dem Intellektuellen nur die Oppositionsrolle bleibt. Es sei denn, er macht sich zum Amtssprecher des Zeitgeists.
    Das 19. Jahrhundert hat den Fortschrittsbegriff zum intellektuellen Markenzeichen gemacht. Damit wird eine lineare Entwicklung der Geschichte wissenschaftlich hergeleitet und eingefordert. Die Geschichte behält ihren theologisch formulierten Endpunkt, aber den Weg dorthin bestimmen nunmehr der Mensch und sein Erfindungsgeist. Als Grundprinzip galt, dass ihm nichts mehr heilig zu sein habe. Es war die frühe Geburtsstunde des Tabubruchs.
    Alles Wichtige, was in dieser Zeit gedacht wird, beruft sich auf die naturwissenschaftliche Erkenntnis, überzeugt aber vor allem durch die praktischen Vorteile der Neuerungen für das Alltagsleben. Das mechanische Zeitalter hatte den großen Vorteil, dass seine Erfindungen mühelos und von jedermann auf ihre Nützlichkeit geprüft werden konnten.
    Preußens Ordnungsstaat war das ideale Instrument für die Annahme des praktischen Elements der neuen Erkenntnisergebnisse. Zum Beamten gesellt sich der Ingenieur. Der Ingenieur ist nicht nur der Inhaber der Erfindung oder des Patents, wie der Beamte sagen würde, sondern auch der Begleiterscheinungen. Er ist der Herr der Arbeit und der aufkommenden sozialen Frage. Die wiederum stellt sich auch dem Beamten, der schließlich für die Ordnung und damit auch für das soziale Gleichgewicht zuständig ist. Jenseits aber vom Siegeszug der Technik - fast unbemerkt - entstehen, begünstigt durch Industrialisierung und Forschung, zwei höchst ambivalente Phänomene: die Masse als gesellschaftlicher Mehrheitsbeschaffer und der mit Erbgut ausgestattete Mensch als Maßstab aller Dinge.
    So wurde, als alles vorbei war und nur noch Trümmer übrig waren, das Grundgesetz der Bundesrepublik stillschweigend gegen die Gesamtheit der vermeintlichen und tatsächlichen Rechtsstaatsentgleisungen seit 1870 in Stellung gebracht. Das konnte man sich 1948, ganze hundert Jahre nach der Paulskirche, als Parlamentarischer Rat im unscheinbaren Bonn versammelt, angesichts der Katastrophe und im Augenblick der größten deutschen Staatskrise überhaupt leisten. Von diesem Augenblick der Schwäche profitieren wir bis heute. Dass uns der Rechtsstaat verordnet wurde, haben wir rechtzeitig vergessen.
    Die Bundesrepublik sieht sich ausgesprochen gern als Verfassungsstaat. Die Anrufung des Verfassungsgerichts gehört buchstäblich zum guten Ton. Das mag die Skeptiker beruhigen, es hat aber gelegentlich auch etwas von Bürgersport. Das Grundgesetz ist die am meisten respektierte Verfassung in der Geschichte Deutschlands. Das hat Gründe, aber auch Folgen, und diese sollten wir zu schätzen wissen.
    Die Erfahrung mit dem Nationalsozialismus sollte uns eines lehren: Nicht die deutsche Kultur ist nationalsozialistisch, vielmehr war ihr täglicher Missbrauch das Geschäft der Nazibande. Zurückhaltung ist gut, aber nicht alles. Das betrifft auch das Understatement von 1949. Die Verfassung kann noch so adäquat wirken und dementsprechend respektiert werden, sie wird nie die Nationalhymne oder die Muttersprache als Alltagssprache in der jeweiligen Symbolik überflüssig machen können. Jeder Staat braucht den Staatsakt, um als Vaterland plausibel zu sein. Nur wer diesen Zusammenhang nicht begreift, kann meinen, das Gemeinschaftsgefühl ließe sich in Gestalt der Wortkonstruktion »Verfassungspatriotismus« neutralisieren. Ruft vielleicht jemand im Stadion angesichts eines Sportsieges »Bundesrepublik!« oder ruft er »Deutschland!«? Zurückkommend auf Art. i von Weimar (»Das Deutsche Reich ist eine Republik«) gilt auch umgekehrt: Die Bundesrepublik ist das Deutsche Reich. Das deutsche Land.
    Macht nichts!
     
    >German Angst, Kleinstaaterei, Krieg und Frieden, Sozialstaat, Wiedergutmachung

Hanse
     
    Wer die Hand gegen den Kapitän erhob, der ging dreimal unter den Kiel, und wer im Zorn das Messer zog, dem wurde es durch die Hand in den Mast gestoßen.
    Solches wird über das Leben an Deck der Hanseschiffe berichtet. Als Kaufmann war man nicht nur Schiffseigner, sondern auch Betreiber und Nutzer. Der Handel war in den rauen Zeiten des Mittelalters mit vielen Gefahren verbunden, die nur noch in unserer Phantasie Platz finden. Man kann sich im heutigen Deutschland

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