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Die Diagnosefalle: Wie Gesunde zu Kranken erklärt werden (German Edition)

Die Diagnosefalle: Wie Gesunde zu Kranken erklärt werden (German Edition)

Titel: Die Diagnosefalle: Wie Gesunde zu Kranken erklärt werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Gilbert Welch , Lisa M. Schwartz , Steven Woloshin
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waren – ihre Zahl sank von etwa zwei Anfällen auf einen Anfall je tausend Geburten.
    Aber die Monitorüberwachung führt viel häufiger zu Notkaiserschnitten, wie Sie vielleicht schon vermutet haben. Der Cochrane-Analyse zufolge stieg die Zahl der Kaiserschnitte um 66 Prozent. Und Kaiserschnitte kommen viel häufiger vor als Krampfanfälle, vor allem in den Vereinigten Staaten. Wenn wir diese Daten auf die USA übertragen (wo fünf der zwölf Studien durchgeführt wurden), bedeuten sie, dass die Zahl der Kaiserschnitte wegen der Monitorüberwachung von etwa 200 je 1000 Geburten auf 330 je 1000 Geburten gestiegen ist. 4
    Abbildung 8.1 vergleicht die Vor- und Nachteile der elektronischen Überwachung von Feten in der Gebärmutter (intrauterin).

    Abbildung 8.1 Folgen der intrauterinen elektronischen Fetusüberwachung
    Nein, das ist kein Druckfehler. Die linke Seite der Abbildung scheint leer zu sein, weil Krampfanfälle im Vergleich zu Kaiserschnitten so selten sind (aber glauben Sie mir, der Unterschied zwischen den zwei Anfällen je tausend Geburten ohne Fetusüberwachung und dem einen Anfall je tausend Geburten mit Überwachung ist vorhanden). Allerdings ist nicht ganz klar, wie man Krampfanfälle mit Kaiserschnitten vergleichen kann; sie sind wie Äpfel und Birnen. Klar ist jedoch, dass der Nutzen der elektronische Fetusüberwachung verschwindend gering ist: Wir müssen 130 Kaiserschnitte vornehmen, um einen Anfall zu verhindern. Die anderen 129 Fälle sind Überdiagnosen – bei diesen Babys wurde eine abnorm niedrige Herzfrequenz diagnostiziert, ohne dass ein Notkaiserschnitt erforderlich war.
    Im Jahr 1996 riet die amerikanische Preventive Services Task Force (PSTF), das unabhängige Expertengremium, das Vorsorgeuntersuchungen bewertet, von der routinemäßigen Monitorüberwachung ab. 5 Doch ihrer derzeitigen Website zufolge ist diese Überwachung in der Gesundheitsfürsorge derart üblich geworden, dass das Gremium anscheinend alle Versuche aufgegeben hat, Ärzte davon abzubringen:
    Trotz fehlender Beweise für eine positive Wirkung auf die Gesundheit und trotz der Empfehlung der PSTF im Jahr 1996, sie nicht routinemäßig anzuwenden, ist die elektronische Monitorüberwachung von Feten während des Geburtsvorgangs in den Vereinigten Saaten zur üblichen Praxis geworden. Auf der Grundlage der aktuell verfügbaren Daten glaubt die PSTF, dass die Folgen für die klinische Praxis begrenzt wären, wenn sie die Empfehlung aus dem Jahr 1996 aktualisieren würde. Die PSTF wird die Empfehlung von 1996 nicht aktualisieren.
    Die Überwachung von Feten ist in der Tat zu einem festen Bestandteil der Medizin geworden. Als die Regierung sich 1999 zum letzten Mal mit diesem Thema befasste, wurde die elektronische Fetenüberwachung in den USA bei 83 Prozent aller Geburten angewandt. 6
Schwangeren wird Angst eingejagt
    Schwangerschaft ist keine Krankheit; dennoch behandeln immer mehr Ärzte sie wie eine Krankheit. Niemand hat genaue Daten über die routinemäßige Geburtshilfe in den Vereinigten Staaten. Dank des Medicare-Programms besitzen wir zwar vorzügliche landesweite Daten über die medizinische Versorgung älterer Amerikaner; aber es gibt keine vergleichbare Organisation, die Informationen über den Umgang mit Schwangeren sammelt. Die Informationen, über die wir verfügen, lassen darauf schließen, dass die häusliche Monitorüberwachung der Gebärmutter keine gängige Praxis mehr ist, wohl aber die elektronische Monitorüberwachung von Feten während der Geburt und die Sonografie (Ultraschall-Überwachung). 7
    Die Sonografie wird heutzutage während einer Geburt routinemäßig eingesetzt. Zu der Zeit, als die Regierung sich mit der Fetusüberwachung befasste, wies sie zugleich darauf hin, dass 64 Prozent aller Frauen während der Schwangerschaft mindestens einmal mit Ultraschall untersucht werden. Bei der Sonografie werden keine Röntgenstrahlen benutzt, sondern Schallwellen mit einer so hohen Frequenz, dass Menschen sie nicht hören (daher die Vorsilbe Ultra- ). Ultraschall liefert ein erstaunlich gutes Bild vom Fetus, und das ist zweifellos der Hauptgrund dafür, dass diese Untersuchung den erwartungsvollen Eltern gefällt. Trotzdem handelt es sich um eine Vorsorgeuntersuchung. Wir halten nach Anomalien beim Ungeborenen Ausschau, obwohl es keinen Grund zu der Annahme gibt, dass etwas nicht stimmt.
    Als Dr. Schwartz schwanger war, stieß sie auf einen Artikel mit dem Titel »Sonografie in der Geburtshilfe:

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