Die Diagnosefalle: Wie Gesunde zu Kranken erklärt werden (German Edition)
mitteilte: Die Ergebnisse seien etwas schwer zu deuten, der linke Fuß befinde sich in einer seltsamen Position und es wäre möglich, dass das Baby mit einem Klumpfuß zur Welt komme. Man könne nun entweder abwarten oder den Ultraschall zu einem anderen Zeitpunkt wiederholen.
Nach eingehender Recherche und einer schlaflosen Nacht habe ein zweiter Ultraschall an einer nahen Uniklinik das Ergebnis bestätigt. Daraufhin konnte ein Gen-Spezialist einer anderen Uniklinik zwar die Vermutung widerlegen, der Klumpfuß sei ein Anzeichen für einen umfassenderen Gendefekt, doch die Deformierung des Fußes stand auch hier außer Frage. In den folgenden Wochen habe sich die Autorin dann eingehend mit dem Defekt und seiner Behandlung befasst und unter anderem mit Müttern gesprochen, deren Kinder mit einem Klumpfuß zu Welt kamen. Anfangs noch sehr besorgt und traurig, sei sie gegen Ende der Schwangerschaft dann etwas entspannter geworden – und habe schließlich eine rundum gesunde Tochter zur Welt gebracht, ganz ohne Klumpfuß.
Routinesonografien mögen Millionen von Eltern Freude und ein Gefühl der Sicherheit bescheren, manchmal fälschlicherweise. Aber sie können auch zahlreiche andere ängstigen. Und es ist nicht klar, ob sie darüber hinaus wirklich mehr leisten. Der Cochrane Collaboration zufolge haben Routinesonografien in der Schwangerschaft keinen nennenswerten Nutzen. Sie führen offenbar dazu, dass mehr Kaiserschnitte vorgenommen werden, und die zusätzlichen Untersuchungen können sowohl die Mütter als auch die Ärzte belasten, obwohl die Zusammenhänge unklar sind. Die seelischen Folgen all dieser Untersuchungen auf die werdenden Mütter sind noch nicht ausreichend analysiert worden. 14
Im Jahr 1996 riet die Preventive Services Task Force von routinemäßigen Ultraschalluntersuchungen bei Schwangeren ab. 15 Heute ist sie der Meinung, dass es wenig sinnvoll sei, an diesem Rat etwas zu ändern. Den gleichen Standpunkt vertritt sie, wie erwähnt, hinsichtlich der Monitorüberwachung von Ungeborenen. Dennoch ist die Sonografie während der Schwangerschaft in den USA zur Routine geworden. Dazu schreibt die PSTF jetzt:
Trotz fehlender Beweise für eine positive Wirkung auf die Gesundheit und der Empfehlung der PSTF im Jahr 1996, sie nicht routinemäßig anzuwenden, ist die Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft in den Vereinigten Saaten zur üblichen Praxis geworden. Auf der Grundlage der zur Zeit verfügbaren Daten glaubt die PSTF, dass die Folgen für die klinische Praxis begrenzt wären, wenn sie die Empfehlung aus dem Jahr 1996 aktualisieren würde. Die PSTF wird die Empfehlung von 1996 nicht aktualisieren.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Genau das Gleiche schrieb die PSTF über die Monitorüberwachung von Ungeborenen.
Gefäßvorsorgeuntersuchungen
In den letzten paar Jahren war die Begeisterung über die sogenannte Gefäßvorsorgeuntersuchung groß. Ärzte suchen in den großen Blutgefäßen immer häufiger nach Anomalien: nach Blockaden in den Beinen (periphere arterielle Verschlusskrankheit), Blockaden im Hals (Karotisstenose) und Aneurysmen der Bauchaorta. Diese Anomalien hängen miteinander zusammen. Sie sind Symptome der weitverbreiteten Atherosklerose und teilen sich einen weitverbreiteten Risikofaktor: Rauchen. Die Standardbehandlung ist eine Operation.
Für diese Gefäßuntersuchungen werben in den USA Firmen wie Lifeline, Prevention Health Screenings und Legs for Life. Sie versprechen, Frühdiagnosen zu stellen und Leben zu retten. Oft wird die Gefäßuntersuchung mit einem Knochendichtetest verbunden, obwohl die Osteoporose keine Gefäßerkrankung ist. Auch Universitätskliniken treten immer häufiger für Gefäßuntersuchungen ein. Die University of Pennsylvania und die University of Maryland, die Georgetown University und die Columbia University und sogar meine Klinik, Dartmouth-Hitchcock, bieten Gefäßvorsorgeuntersuchungen an.
Bei diesen Untersuchungen werden allerlei Anomalien entdeckt, und aus den Kunden werden neue Patienten, die weitere Tests benötigen und die Einnahmen durch diagnostische Tests steigern. Manche brauchen eine Standardtherapie, was die Einnahmen weiter erhöht. Es mag sein, dass Gefäßuntersuchungen finanzielle Vorteile haben; aber sie haben fast mit Sicherheit keinen Vorteil für die Volksgesundheit. Mit Ausnahme der Suche nach Aneurysmen der Bauchaorta bei Rauchern oder ehemaligen Rauchern stehen diese Untersuchungen nicht im Einklang mit den Empfehlungen
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