Die Dichterin von Aquitanien
werde ihm dafür die besten Beziehungen zu meinem Hof versprechen, wo du regelmäßig erscheinst und dich im Notfall beschweren kannst. So bist du angemessen versorgst und hast ein Leben, wie es dir zusteht.«
Marie holte verzweifelt Luft.
»Ich danke Euch für Eure Güte, aber ich will keine solche Ehe, sondern den Mann meiner Wahl zum Gemahl«, beharrte sie. Ihr wurde bewusst, dass sie noch niemals so laut und entschieden mit ihrer Königin gesprochen hatte.
Aliénor lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Sie musterte Marie nachdenklich, als stünde ein eigenartiges Wesen vor ihr, das sie nicht durchschauen konnte.
»Gut, wenn du unbedingt arm sein möchtest, sehe ich keinen Grund, dich daran zu hindern«, gab sie schließlich nach.
»Ich werde mit Richard sprechen. Sobald Land zu vergeben ist, wird dein Jean seine kleine Burg bekommen.«
»Ich danke Euch, Hoheit!«
Auch der Kniefall, den Marie nun vollzog, war schwungvoller und inniger als jede vorherige Ehrerbietung gegenüber ihrer Königin. Eine ungeduldige Handbewegung Aliénors drängte sie schnell wieder auf die Beine.
»Schon gut! Wir müssen die Einzelheiten besprechen. Als Burgherrin wirst du neue Aufgaben haben. Und eine arme Burgherrin muss manchmal selbst mit anpacken. Fühlst du dich dem gewachsen?«
Wieder nickte Marie. Zwar hatte sie bisher keinerlei Verlangen verspürt, sich um einen Haushalt zu kümmern, aber sie war überzeugt, mit Jean an ihrer Seite dazu fähig zu sein.
Aliénor beugte sich abermals vor.
»Ich will dich zu allen Festen an meinem Hof sehen. Mit neuen Geschichten, die du vortragen kannst. Das ist meine Bedingung. Du sollst nicht in einer ärmlichen Burg verkümmern, mit zahllosen Bälgern, die an deinem Wollkittel hängen. Das wäre eine Verschwendung deines Talents.«
»Jean de Veizis schätzt meine bescheidenen Fähigkeiten als Dichterin ebenso wie Ihr, Hoheit. Er wird mich sicher unterstützen.«
Ein feines, spöttisches Lächeln erschien auf Aliénors Lippen.
»Wer so jung ist wie du, glaubt noch an die Versprechungen der Männer«, meinte sie. »Doch mit dem Alter werden Frauen klüger. Ich wünsche dir, dass du nicht enttäuscht wirst. Aber vergiss nicht, es ist meine Bedingung, dass du das Schreiben niemals aufgibst.«
»Das werde ich nicht vergessen«, entgegnete Marie sogleich. »Ich kann nicht ohne das Schreiben leben, aber auch nicht ohne Jean de Veizis.«
»Es wird dauern, bis alles geregelt ist«, fuhr die Königin schließlich fort. »Du wirst das Kind vorher zur Welt bringen. Bevor deine Schwangerschaft sichtbar ist, musst du meinen Hof verlassen und dich eine Weile verstecken. Ich werde einen geeigneten Ort finden. Danach wirst du das Kind in Pflege geben und wieder hierher zurückkehren. Du kannst es erst zu dir holen, wenn du vermählt bist. Ich hoffe, du siehst das ein.«
Marie fühlte einen Stich in ihrem Unterleib, aber sie fügte sich.
»Lass mich erst einmal die Nachfolge Richards sichern«, redete Aliénor sogleich weiter. »Vielleicht gibt es bald viel Land zu verteilen, auch an deinen Jean. Ich hoffe, du kannst ihn wenigstens die ersten Jahre daran hindern, als Burgherr den Küchenmägden nachzusteigen.«
Marie bedankte sich überschwänglich und glaubte zu schweben, als sie das königliche Gemach verließ. Sobald es Nacht wurde, konnte sie Jean die frohen Nachrichten überbringen.
7. Kapitel
D ie Königin meint, ich sollte noch vor dem Weihnachtsfest nach Fontevrault reisen und dort das Kind zur Welt bringen«, berichtete Marie, während Hawisa ein Brett mit Brot, Käse und Oliven hereintrug. Jean spielte auf der Harfe. Es dämmerte bereits, da die Tage kürzer zu werden begannen, doch bis zum Abendmahl würde noch einige Zeit vergehen. Emma griff nach den schwarzen Oliven, die sie so liebte.
»Will sie dich denn nicht bei dem Weihnachtsfest dabeihaben? Das ist neu«, sagte sie.
Marie strich über die leichte Wölbung ihres Bauchs. Es erstaunte sie immer noch, wie viel Freude sie an der zunächst verhassten Veränderung ihres Körpers empfand.
»Bald wird es sichtbar«, sagte sie. »Ich will die Kordel nicht eng schnüren müssen. Das könnte dem Kind schaden.«
»Es wäre auch nicht gut für dich«, warf Jean ein. »Du würdest an Schmerzen leiden.«
Emma lachte auf.
»Schmerzen wird sie bei der Geburt genug haben, Sire.«
Marie beobachtete besorgt, wie ihre Tante und ihr Geliebter feindselige Blicke tauschten. Nach dem Gespräch mit der Königin hatte sie es gewagt, Jean auch
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