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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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tagsüber in ihre Gemächer zu laden. Emma wusste ohnehin von ihm, ebenso wie Hawisa. Manchmal kamen auch Aliénors Töchter zusammen mit Marguerite, Alais und Constance herein, um
sich von Marie Geschichten erzählen zu lassen. Jean mochte die Mädchen. Er scherzte manchmal mit Hawisa. Doch Emma betrachtete er stets voller Misstrauen.
    »Aber vielleicht hat die Königin sich für Fontevrault entschieden, weil dort gefallene Mädchen untergebracht sind. Solche, die Kinder bekamen, ohne einen Gemahl zu haben. Oder nicht von ihrem Gemahl schwanger wurden«, stichelte Emma. Marie sah, wie Jean zu einer zornigen Antwort ansetzte, und fiel ihm ins Wort.
    »Nun lass schon, Emma. Es tut mir leid, dass du noch allein bist. Auch für dich wird sich ein Mann finden, der dich glücklich macht.«
    An der versteinerten Miene ihrer Tante erkannte sie, dass sie ins Schwarze getroffen hatte.
    »Ich kann warten. Ich bin nicht so ungeduldig wie andere Menschen«, entgegnete Emma schulterzuckend. Jean legte die Harfe zur Seite.
    »Ich wünsche Euch, dass Eure Geduld sich bezahlt macht«, sagte er zu Maries Erleichterung.
    »Das wird sie mit Sicherheit«, erwiderte Emma spitz. »Nun vermisse ich Euer Harfenspiel, Jean de Veizis. Es ist eines Eurer zahlreichen Talente, die meine Nichte lange verschwiegen hat.«
    Auch diesen Seitenhieb nahm er hin, ergriff wieder die Harfe und ließ eine neue Melodie erklingen. Marie aß mehrere Scheiben Brot, das sie mit Ziegenkäse und Honig bestrich. Seit einigen Wochen wurde sie nicht mehr von Übelkeit geplagt und hatte einen erstaunlichen Appetit entwickelt, doch überließ sie Emma großzügig alle Oliven auf dem Tisch. Schließlich erhob sich ihre Tante.
    »Ich werde mich nun für das Abendmahl zurechtmachen. Lasst meiner klugen Nichte die Zeit, sich auch angemessen anzukleiden, Sire«, sagte sie, bevor sie hinausging.

    Jean atmete erleichtert auf.
    »Ich frage mich, wie Régnier es geschafft hat, nicht an ihrem Gift zu sterben.«
    »Er machte sie noch giftiger, indem er sie enttäuschte«, verteidigte Marie ihre Tante. »Hinter all ihrer Bissigkeit verbirgt sich Unglück.«
    »Es muss ein überaus hartes Los sein, die anerkannte Halbschwester eines Königs zu sein. Sie läuft in prächtigen Gewändern herum und lässt sich überall bewundern.«
    Marie schüttelte den Kopf.
    »Du verstehst das nicht. Sie will Aufmerksamkeit, weil sie sich am Hof nur geduldet fühlt. Ihre Schönheit ist alles, was sie hat.«
    Jean stellte die Harfe in einer Zimmerecke ab, setzte sich dann wieder an den Tisch und griff nach einem Stück Käse.
    »Wie du meinst. Du kennst sie besser. Aber was soll das mit dem Kloster? Was hat eine schwangere Frau unter lauter Nonnen verloren?«
    »Ich muss unser Kind an einem Ort gebären, wo Heimlichkeit gewährleistet ist«, erklärte Marie. »Die Königin kennt die Äbtissin dieses Klosters sehr gut. Sie hat Fontevrault viel Geld gespendet, deshalb wird man mich dort widerstandslos aufnehmen.«
    Sie verstummte für einen Moment. Die Vorstellung, bald allein an einen völlig fremden Ort aufbrechen zu müssen, machte ihr auf einmal Angst. Nun, da die Geburt näher rückte, hätte sie gern vertraute Gesichter um sich gehabt.
    »Aliénor hat sich uns gegenüber sehr großzügig gezeigt, indem sie unsere Vermählung gestattete«, versuchte sie sich selbst ebenso wie Jean zu beruhigen. »Deshalb sollte ich mich ihren Wünschen fügen. Ich fahre nach Fontevrault und wenn … wenn alles vorbei ist, kann ich wieder an den Hof.«

    Jean legte den Käse auf das Tablett zurück, ohne auch nur ein Stück abgebissen zu haben.
    »Das klingt, als müsstest du dich schamhaft verstecken, weil du ein Kind bekommst.«
    »Ebendies muss ich. Wir sind noch nicht vermählt. Ich habe einen Gemahl, der nicht der Vater meines Kindes ist. In den Augen der Kirche bin ich eine schlimme Sünderin.«
    Sie zwang sich zu lachen. Jean sprang auf.
    »Du hast einen Gemahl, den du nicht wolltest und der dich niemals verdient hat« erklärte er aufgebracht. »Aber das ist nicht deine Schuld. Jetzt schicken sie dich zu einer Gemeinschaft von Frauen, die nicht wissen, was es heißt, Kinder zu bekommen. Und falls einige von ihnen davon wissen, müssen sie es verschweigen.«
    Marie genoss seine Empörung, denn sie spürte, wie viel Sorge um ihr Wohlergehen sich dahinter verbarg. Seit Guillaumes Tod war sie keinem Menschen derart wichtig gewesen.
    »Wie Emma schon sagte, kümmern die Nonnen sich um gefallene Mädchen«,

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