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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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Furcht ab. Denis Piramus war nur ein verbitterter, von Neid zerfressener Junge.

    »Meinetwegen erzähle, was du willst! Was kann mein Onkel mir schon vorwerfen, selbst wenn er den Krieg gewinnt? Ich war an keiner Verschwörung beteiligt.«
    Denis grinste.
    »Ihr seid eine Ehebrecherin. Ihr preist den Ehebruch in Euren Lais. Und die Waliser waren schlauer als die Schotten. Sie kämpfen auf der Seite des Königs.«
    Nun fraß Kälte sich in Maries Knochen.
    »Na wenn schon!«, entgegnete sie, hörte aber die Unsicherheit in ihrer Stimme. Sie wollte weitergehen, doch die Stimme des jungen Klerikers verfolgte sie unerbittlich.
    »Er wird Euch zu Eurem walisischen Gemahl schicken, ganz gleich, wo Ihr Euch versteckt. Dort werdet Ihr die verdiente Strafe für Eure Sünden erhalten«, rief er ihr hinterher. Marie tat einen Schritt nach dem anderen. Der Herzschlag pochte in ihren Ohren. An den dunkelgrauen Steinwänden meinte sie Cadells verbittertes Gesicht zu sehen, das der Zorn in eine Teufelsfratze verwandelt hatte. Sie begann zu laufen, stieß die Tür zum Zimmer der Ritter auf und konnte nichts mehr wahrnehmen außer einem besorgten Blick aus strahlend blauen Augen. Mit einem Schrei stürzte sie in Jeans Arme. Er schob sie sanft wieder in den Korridor hinaus und schloss die Tür, damit sie sicher vor neugierigen Zuschauern waren.
    »Was ist denn geschehen, Marie? War die Königin zornig?«
    Sie erwähnte kurz die guten Neuigkeiten und bemerkte ein glückliches Flackern in seinen Augen. Die Last auf ihren Schultern verlor an Gewicht. Mit ruhiger Stimme konnte sie nun von der Drohung des Klerikers erzählen und sah Jean spöttisch die Augenbrauen hochziehen
    »Auf diese Art machen Schwächlinge sich wichtig. Lass dich von dem kleinen Wicht nicht einschüchtern, diese
Worte sind doch nichts als heiße Luft«, beruhigte er sie. »Ich könnte dafür sorgen, dass er eine wohlverdiente Tracht Prügel erhält.«
    Marie schüttelte den Kopf.
    »Das würde ihn noch mehr Gift versprühen lassen. Ich werde ihn einfach nicht beachten. Unter seiner Unwichtigkeit leidet er doch am meisten.«
    »Du bist immer so weise und nachsichtig. Warum berichtest du der Königin nicht von dem Vorfall? Dann erfährst du, wie viel Wahres an der Geschichte mit den Walisern ist, und der kleine Denis bekommt ein bisschen Ärger.«
    Marie nickte zögernd. Ob Jean wohl ahnte, dass er zum ersten Mal derselben Meinung war wie Emma? Aber vielleicht war es an der Zeit, Denis Piramus endlich die Zähne zu zeigen.
    »Ich werde mich beim Abendmahl über diesen Kleriker beschweren. Und morgen brechen wir zu deinen Eltern auf. Wir fahren zu Amélie!«
    Sie ergriff Jeans Hände und lockte ihn zu einem Tanz. Gemeinsam drehten sie sich durch den Korridor, bis er die Arme um ihre Hüften schlang und sie gegen das Gemäuer drückte.
    »Jeden Moment kann hier eine Tür aufgehen«, hauchte Marie ihm ins Ohr, während er ihren Hals mit Küssen bedeckte. »Komm mit in mein Gemach.«
    Während sie durch den vertrauten Palast hasteten, fühlte Marie sich in völliger Sicherheit, so wie sie es am Hof der Königin stets gewesen war. Henris Heer tobte irgendwo im Umland, doch in diesem Moment schien es so weit entfernt, dass es unwichtig wurde.
     
    »Zurück von der aufregenden Reise, kluge Nichte?«, fragte Emma überflüssigerweise, als Marie sich neben ihrer Tante,
Alais, Marguerite und Aliénors Töchtern an der Tafel niederließ.
    »Du siehst doch, dass ich wieder hier bin.«
    »Sei nicht gleich so unfreundlich!«, murrte die Tante und füllte ihr Brett mit den großzügig aufgetragenen Speisen. An Aliénors Hof schien weiterhin kein Mangel zu herrschen.
    »Du hattest Glück, nicht hier zu sein. Die Königin war bemerkenswert schlechter Laune«, flüsterte Emma ihr nun ins Ohr. »Jetzt können wir nur abwarten, wie sich alles weiterentwickelt. Früher oder später taucht unser reizender Henri hier auf. Ich bin schon gespannt auf seine Tobsuchtsanfälle.«
    »Vielleicht kommt es ja nicht so schlimm«, erwiderte Marie.
    »Nein, vielleicht geschieht ein Wunder und aus dem jähzornigen König wird ein sanftmütiger Bettelmönch, der nach jedem Angriff gern die andere Wange hinhält«, entgegnete Emma. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit den Rittern zu. Foulques saß in Jeans Nähe am unteren Ende der Tafel. Marie sah ihn und Emma verschworene Blicke tauschen. Diesmal schien eine Liebschaft ihrer Tante tatsächlich von Dauer zu sein. Sie selbst spürte Jeans Lächeln wie

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