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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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ihnen.
    »Uns bleibt nicht viel Zeit. Ich würde gern noch kurz allein mit Euch reden.«
    Emma fuhr herum. Hinter ihr stand Foulques mit einer Kerze in der Hand. Er trug bereits Kettenhemd und Waffenrock, hatte sein Haar unter der Coiffe verborgen. Marie begriff, dass er einer der Ritter war, die Aliénor nach Paris begleiten sollten.
    Emma seufzte kurz, streifte Marie noch einmal mit einem dringlichen Blick, dann eilte sie zu ihrem Liebhaber. Beide verschwanden in ihrem Gemach. Als die Tür hinter ihnen zugefallen war, schien die Begegnung Marie nur noch ein kurzer, verwirrender Traum, den sie bald vergessen würde. Ohne weiteres Zögern stieg sie die Stufen zum Hof hinab. Sie gehörte an die Seite ihrer Königin.
     
    Die Stadt schlief bereits, nur ein paar graue Gestalten huschten durch die Straßen. Das Tor wurde ohne weitere Fragen geöffnet, wie Aliénor es wohl angeordnet hatte. Rasch zog die kleine Kolonne in die nächtliche Finsternis hinaus. Marie ließ ihren Zelter ruhig den anderen Pferden hinterherlaufen. Es war zu dunkel, um Gesichter erkennen zu können. Ein Stück vor ihr saß Aliénor kerzengerade auf ihrem Ross. Die Männerkleidung stand ihr gut, brachte die schlanke Form und Biegsamkeit ihrer Gestalt zur Geltung. Außer den Rittern, die sie schützend umgaben, waren noch drei Geistliche in Kutten und ein jüngerer Troubadour unterwegs, an dessen Satteltasche eine Harfe hing. Marie fragte sich, was aus Bernard de Ventadorn geworden war, der Poitiers schon vor einigen Wochen verlassen hatte. Die Erinnerung an glückliche Zeiten in jener herrlichen Stadt, die sie nun hinter sich ließ, begann wieder zu schmerzen. Sie zwang
sich, an die Zukunft zu denken. Paris. Jean und Amélie. Ein Leben an der Seite jener Menschen, die sie liebte.
    Bald schon waren die Umrisse der Stadtmauern im Dunkeln verschwunden. Sie drangen in riesige Schattenreiche aus Bäumen, überquerten Hügel, deren Weinreben Kobolden mit ausgestreckten Armen glichen. Der Mond wurde von dunklen Wolken verschluckt, und frischer Nachtwind pfiff in ihren Ohren. Marie überkam bleierne Schwere. Sie musste sich immer wieder aus den Tiefen der Schläfrigkeit reißen. Es war keine gute Idee gewesen, vor der Abreise so viel Rotwein zu trinken. Wenn sie jetzt vom Pferd fiel, hielt sie die Kolonne unnötig auf. Entschlossen klammerte sie sich an die Mähne ihres Zelters. Sobald sie das Gebiet des französischen Königs erreicht hätten, wäre ihr wohler zumute.
    Das schwarze Wolkenmeer am Himmel gab ein paar Sterne frei. Marie erkannte, dass sie gerade eine Lichtung überquerten. Die Geistlichen plauderten kurz miteinander, der Troubadour schwankte auf seinem Ross. Auch er hatte wohl mit dem Schlaf zu kämpfen. Um sich wach zu halten, begann Marie im Geiste an ihrem neuen Lais zu feilen, der Geschichte einer Frau und ihres Geliebten, die einen Ehemann aus dem Weg zu räumen versuchten, der diesmal kein böser Tyrann sein sollte. Sie suchte wieder einmal ratlos nach einem geeigneten Ende. Sosehr sie die Liebenden verstand, schien ein solches Verhalten nicht rechtens, und es wäre unpassend, sie durch einen Mord ihr Glück finden zu lassen.
    Plötzlich fiel ihr auf, dass keine anderen Körper mehr in greifbarer Nähe waren. Sie musste in ihrer Grübelei ein wenig von der Kolonne abgekommen sein. Ängstlich sah sie sich um und atmete sogleich erleichtert auf. Aliénor und ihr Gefolge zogen nur ein paar Klafter von ihr entfernt weiter gemächlich über die Lichtung. Entschlossen wollte Marie
ihren Zelter antreiben, um nicht weiter abgehängt zu werden, da vernahm sie Pferdegetrampel, das immer lauter wurde. Es kam nicht aus Aliénors Richtung, sondern durchdrang das Dickicht der Bäume, das die Lichtung umschloss. Marie trieb ihren Zelter panisch zum Galopp.
    »Hoheit! Ich glaube, da sind Fremde in der Nähe«, rief sie, sobald sie an Aliénors Seite gelangt war. Die Königin hob die Hand, sodass all ihre Gefolgsleute stehen blieben, und lauschte eine Weile.
    »Irgendwelche Reiter kommen auf uns zu. Wehrt sie ab!«, wies sie ihre Ritter schließlich an. Einige griffen sogleich nach ihren Schwertern, doch bemerkte Marie, dass Foulques und vier weitere Männer völlig regungslos dasaßen. In diesem Moment drangen Gestalten aus dem Dickicht der Bäume. Ohne zu drohen oder zum Angriff zu rufen, kreisten sie langsam die Kolonne ein. Marie wurde unwohl. Das Schauspiel schien unwirklich und gespenstisch wie ein übler Traum.
    »Jetzt räumt uns den Weg frei,

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