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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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andere war von der Regierung, seinem Aussehen nach zu urteilen.«
    »Und Betteredge wurde am helllichten Tag entführt? Gewaltsam?«
    »Sie wissen gut genug, wie es gemacht wird«, sagte Becky Dean.
    Im Hinterzimmer seines Tabakhändlers an der Ecke Chancery Lane und Carey Street, umgeben von angenehm beruhigendem Tabakgeruch, hielt Oliphant eine Ecke des dünnen blauen Papiers über die Flamme eines bronzenen Zigarrenanzünders in der Gestalt eines turbantragenden Türken.
    Er sah zu, wie die Flamme das Papier zu feiner rosa-grauer Asche verzehrte.
    Die schwarze Tasche hatte einen automatischen Revolver vom Fabrikat Ballester Molina enthalten, eine versilberte Taschenflasche mit einer süßlichen, nach Kräutern riechenden Flüssigkeit, und einen hölzernen Kasten. Dieser war offensichtlich der fragliche Gegenstand, da er hier und dort mit weißem Gips verkrustet war. Er enthielt eine sehr große Zahl von Maschinenlochkarten im Napoleonformat, geschnitten aus einem neuartigen Material, milchig und sehr glatt.
    »Der Kasten«, sagte er zu Mr. Beadon, dem Tabakhändler, »ist für mich allein in Verwahrung zu nehmen.«
    »Gewiss, Sir.«
    »Mein Diener Bligh ist die einzige Ausnahme.«
    »Wie Sie wünschen, Sir.«
    »Sollte irgendjemand sich danach erkundigen, Beadon, schicken Sie bitte einen Jungen zu uns, dass er Bligh verständigt.«
    »Mit Vergnügen, Sir.«
    »Danke, Beadon. Könnten Sie mir vielleicht vierzig Pfund in bar geben und mein Konto damit belasten?«
    » Vierzig , Sir?«
    »Ja.«
    »Ja, das lässt sich machen, Sir. Mit Vergnügen, Mr. Oliphant.« Mr. Beadon zog einen Schlüsselring aus der Tasche und machte sich daran, einen bewundernswert modern aussehenden Safe aufzusperren.
    »Und ein Dutzend erstklassige Havannas. Und, Beadon …«
    »Ja, Sir?«
    »Ich meine, es könnte eine sehr gute Idee sein, wenn Sie den Kasten in Ihrem Safe dort verwahren würden.«
    »Selbstverständlich, Sir.«
    »Ich glaube, dass die Speisewirtschaft Zum Lamm hier in der Nähe ist, Beadon?«
    »Ja, Sir. Holborn. Ein kurzer Spaziergang.«
    Der erste Schnee des Jahres begann zu fallen, als er die Chancery Lane hinaufging, ein trockener, körniger Schnee, der nicht so aussah, als würde er auf dem Pflaster haften bleiben.
    Boots und Becky Dean waren nirgends zu sehen, was ein zuverlässiges Zeichen dafür war, dass sie ihrem unsichtbaren Geschäft nachgingen.
    Sie wissen gut genug, wie es gemacht wird.
    Und war es nicht so? Wie viele hatte man allein in London verschwinden lassen, auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen? Wie konnte man mit Freunden angenehm zu Abend essen, Mosel trinken, freundschaftlichem und entspanntem Gespräch lauschen und doch die Bürde solchen Wissens tragen?
    Collins hatte der letzte Kandidat sein sollen, der absolut letzte; jetzt war Betteredge fort – und in der Gewalt einer anderen Stelle.
    Am Anfang hatte es so furchtbar elegant und einleuchtend ausgesehen.
    Am Anfang war es seine Idee gewesen.
    Das Auge. Er fühlte es jetzt – ja, sicherlich, sein alles sehender Blick war voll auf ihn gerichtet, als er dem betressten Türsteher zunickte und das marmorne Vestibül der Speisewirtschaft betrat und zu den Klubräumen durchging, wo Andrew Wakefield zu speisen pflegte.
    Messingbriefkästen, eine Telegrafenkabine, ein Übermaß an glänzenden Vertäfelungen, alles durch und durch modern. Er blickte durch Glastüren zurück zum Eingang. Gegenüber vom Lamm , jenseits der dünnen, schneeüberstäubten Verkehrsströme, sah er deutlich eine einsame Gestalt mit Melone.
    Ein Page führte ihn in ein mit dunkler Eiche getäfeltes Zimmer, dessen Kamineinfassung aus italienischem Stein mit Reliefdarstellungen geschmückt war. »Laurence Oliphant«, sagte er zum Oberkellner, »für Mr. Andrew Wakefield.«
    Ein Ausdruck von Unruhe kam in die Züge des Mannes. »Es tut mir leid, Sir, aber er ist nicht …«
    »Danke sehr«, sagte Oliphant, »aber ich glaube, ich sehe Mr. Wakefield.«
    Auf dem Fuße gefolgt vom Oberkellner, marschierte Oliphant zwischen den Tischen durch, neugierig beobachtet von den vereinzelten Gästen.
    »Andrew«, sagte er, an Wakefields Tisch angelangt, »was für ein Glücksfall, Sie hier anzutreffen.«
    Wakefield speiste allein. Er schien unter vorübergehenden Schluckbeschwerden zu leiden.
    »Mr. Wakefield, Sir«, begann der Oberkellner.
    »Mein Freund wird sich zu mir setzen«, sagte Wakefield. »Setzen Sie sich, bitte, wir erregen Aufmerksamkeit.«
    »Danke.« Oliphant folgte der

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