Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)
Mallory.
»Das Bild ist aus dem offiziellen Polizeibericht«, sagte Fraser. »Scheint einem Unruhestifter in die Hände gefallen zu sein.«
Mallory starrte es in verblüfftem Entsetzen an. »Was kann es bedeuten?«
Fraser machte seinen Füllfederhalter bereit. »Was ist ›batrachisch‹, Sir?«
»Aus dem Griechischen«, sagte Mallory. » Batrachos sind Amphibien, Frösche und Kröten, hauptsächlich.« Er rang nach Worten. »Einmal – vor Jahren, in einer Debatte – sagte ich, dass seine Theorien … Rudwicks paläontologische Theorien, wissen Sie …«
»Ich hörte die Geschichte heute Morgen, Sir. Sie scheint unter Ihren Kollegen wohlbekannt zu sein.« Fraser blätterte in seinem Notizbuch. »Sie sagten zu Mr. Rudwick: ›Der Gang der Evolution befindet sich nicht in Einklang mit der batrachischen Trägheit Ihres Intellekts.‹« Er machte eine Pause. »Der Bursche sah ein wenig wie ein Frosch aus, nicht wahr, Sir?«
»Es war eine öffentliche Debatte in Cambridge«, sagte Mallory zögernd. »Wir waren erregt …«
»Rudwick behauptete, Sie seien ›verrückt wie ein Hutmacher‹«, sagte Fraser nachdenklich. »Es scheint, Sie nahmen ihm diese Bemerkung sehr übel.«
Mallory errötete. »Er hatte kein Recht, das zu sagen, mit seinem herrschaftlichen Gehabe …«
»Sie waren Feinde.«
»Ja, aber …« Mallory wischte sich die Stirn. »Sie werden doch nicht glauben, ich hätte etwas mit diesem hier zu tun?«
»Nicht durch Ihre eigene Absicht«, antwortete Fraser. »Aber ich glaube, Sie sind aus Sussex, Sir? Aus dem Städtchen Lewes?«
»Ja?«
»Es scheint, dass mehrere Dutzend dieser Abbildungen im Postamt Lewes aufgegeben worden sind.«
Mallory war wie vor den Kopf geschlagen. »Mehrere Dutzend?«
»Verschickt an Ihre Kollegen von der Royal Society, Sir, in nah und fern. Anonym.«
»Allmächtiger!«, murmelte Mallory. »Sie wollen mich vernichten!«
Fraser sagte nichts.
Mallory starrte das Bild an. Plötzlich traf ihn der einfache menschliche Jammer des Anblicks mit elementarer Wucht. »Armer verdammter Rudwick! Was haben sie bloß mit ihm gemacht?!«
Fraser beobachtete ihn mit höflichem Gleichmut.
»Er war einer von uns!«, sagte Mallory, angestachelt zu zorniger Aufrichtigkeit. »Er war kein Theoretiker, aber ein verdammt guter Ausgräber. Mein Gott, wenn man an seine arme Familie denkt!«
Fraser machte eine Notiz. »Familie – da muss ich nachforschen. Sehr wahrscheinlich hat man den Angehörigen gesagt, Sie hätten ihn ermordet.«
»Aber ich war in Wyoming, als Rudwick getötet wurde, jeder weiß das!«
»Ein wohlhabender Mann könnte das durch andere erledigen lassen.«
»Ich bin kein wohlhabender Mann.«
Fraser sagte nichts.
»Ich war keiner«, berichtigte sich Mallory. »Nicht seinerzeit …«
Fraser blätterte in seinem Notizbuch.
»Ich gewann das Geld auf der Rennbahn.«
Fraser ließ gemäßigtes Interesse erkennen.
»Meine Kollegen haben bemerkt, wie ich es ausgebe«, sagte Mallory, und der Gedanke machte ihn frösteln. »Sie fragten sich natürlich, woher das Geld kommt. Und sie reden hinter meinem Rücken über mich, nicht wahr?«
»Neid setzt Zungen in Gang, Sir.«
Mallory wischte die feuchten Handflächen an den Hosenbeinen ab. Eine ungeahnte Bedrohung lag wie eine schwere giftige Wolke in der Luft. Fraser schwieg taktvoll, bis Mallory sich ermunterte, den Kopf schüttelte, die Zähne zusammenbiss. Er würde sich nicht in die Enge treiben lassen. Es gab Arbeit zu tun. Beweise lagen vor. Mallory beugte sich mit gerunzelter Stirn über das Bild. »›Das erste in einer Serie‹, steht da. Das ist eine Drohung, Mr. Fraser. Sie impliziert, dass ähnliche Morde folgen werden. ›In einer katastrophalen Sektion‹. Dies bezieht sich auf unseren wissenschaftlichen Streit – als ob er deswegen umgebracht worden wäre!«
»Gelehrte nehmen ihre Streitigkeiten sehr ernst«, bemerkte Fraser.
»Wollen Sie damit sagen, meine Kollegen glauben, ich hätte dies verschickt? Dass ich wie ein Machiavelli Meuchelmörder miete; dass ich ein gefährlicher Verrückter bin, der sich damit brüstet, seine Rivalen zu ermorden?«
Fraser sagte nichts.
»Mein Gott«, murmelte Mallory. »Was soll ich tun?«
»Meine Vorgesetzten haben diesen Fall meinem Wirkungsbereich anvertraut«, sagte Fraser. »Ich muss Sie bitten, meiner Diskretion zu vertrauen, Dr. Mallory.«
»Aber was soll ich gegen die Schädigung meines Rufes tun? Soll ich zu jedem einzelnen Mann in diesem Gebäude gehen, mich
Weitere Kostenlose Bücher