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Die Dirne vom Niederrhein

Die Dirne vom Niederrhein

Titel: Die Dirne vom Niederrhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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Allmächtigen zu finden.« Eindringlich sah Doktor Sylar Maximilian an. »Du musst ihren Manipulationen standhalten. Sobald du ihre Fesseln löst, wird sie sich auf dich stürzen. Höre nicht auf ihre Worte, hast du verstanden?«
    Maximilian hatte schon viel erlebt, einiges davon war grausam und an der Grenze zum Unaussprechlichen. Doch wenn er den Worten des Arztes Glauben schenkte, lauerte hinter dieser Tür das Grauen.
    Langsam drehte sich der Schlüssel und die Tür gab den Blick in den dunklen Raum frei. Statt des Teufels persönlich kauerte in der Ecke eine Frau, vielleicht ein paar Jahre älter als Maximilian. Ihre dunklen Haare klebten in ihrem Gesicht. Eine dicke Eisenkette war um ihre Füße gebunden und mit dem Mauerwerk verbunden. Ein Topf war der einzige Gegenstand, den das stinkende Gemäuer enthielt.
    »Bitte, helft mir.«
    Mit beiden Händen schützte die Frau ihre Augen vor dem einfallenden Abendlicht. Lediglich mit einem zerlumpten Unterrock bekleidet, erhob sie sich zitternd und kam ein wenig näher. Ihr Gesicht war von Schmutz überzogen, doch es musste einmal sehr schön gewesen sein. Doktor Sylar drückte Maximilian schützend ein Stück nach hinten, den Blick nicht von der Frau nehmend.
    »Bitte, ich habe nichts getan. Sag ihm, dass es mir leidtut, dass ich nichts sagen werde, gar nichts.«
    »Sei still!«, herrschte der Arzt sie an. Seine Stimme schien entfesselt, er war in seinem Element, die Augen hellwach und mit klarem Blick. Keine Spur mehr von der Müdigkeit.
    »Halte sie fest«, forderte der Arzt. »Ich muss ihr diese Tinktur einflößen.«
    In seiner Hand leuchtete eine Phiole mit einer durchsichtigen Flüssigkeit im Abendrot. Erneut wiederholte er seine Warnung: »Lass dich nicht von ihr täuschen. Dein Griff muss hart wie Granit, dein Geist unbarmherzig sein.«
    Maximilian zögerte. Diese junge Frau sollte die Ausgeburt der Hölle sein? Ihr Gesicht sah weich aus, er war sich sicher, würde er mit der Handfläche über ihre Wange streicheln, wäre sie nicht von Seide zu unterscheiden. Die Augen waren wach, kein Anzeichen von Wahnsinn. In ihnen spiegelte sich nur die Verzweiflung der Hilflosigkeit.
    Doktor Sylar fasste ihn an der Schulter. »Bist du bereit?«
    Maximilian nickte, schritt auf die Frau zu und hielt sie an den Armen fest.
    »Bitte, nein! So habt Erbarmen! Ich werde nichts sagen, kein Wort wird über meine Lippen dringen. Sagt ihm das!«
    Maximilian musste seine gesamte Kraft aufwenden, um die Frau an sich zu pressen.
    Doktor Sylar hielt die Phiole in die Höhe, setzte seine Brille auf, schüttelte das Gefäß und entfernte den Holzstöpsel. »Jetzt gut festhalten!«, forderte er und kam näher.
    Die Frau wehrte sich mit Leibeskräften. Tatsächlich war sie um einiges stärker als gedacht. Sie konnte noch nicht lange hier sein, ein paar Tage vielleicht. Ihr wohlgenährter Körper ließ darauf schließen, dass die Krankheit sie erst vor kurzer Zeit heimgesucht hatte.
    »Bitte, es tut mir leid«, schrie sie mit heller Stimme, die von den engen Wänden widerhallte. »Ich werde nichts sagen, kein Wort wird über meine Lippen …«
    Sie brach ab, da Doktor Sylar mit Gewalt ihren Mund öffnete. Dabei benutzte er eine Apparatur, die auf ihre Zähne gelegt wurde und den Kiefer spreizte. Maximilian hatte Schwierigkeiten, dieses Bündel voller Energie zu halten. Das Eisen des Apparates rutschte über ihre Zähne und gab ein furchterregendes Geräusch von sich. Doch schließlich konnte der Arzt ihren Kiefer öffnen. Der Mund stand so weit offen, dass ihre Haut in den Mundwinkeln zu reißen begann. Der Arzt schüttete den Inhalt der gesamten Phiole in ihren Rachen, entfernte die Apparatur, schloss den Mund und hielt ihre Nase zu.
    »Ganz ruhig, danach wird es dir besser gehen«, flüsterte Doktor Sylar. Seine Augen glänzten vor Interesse, als wollte er ihr Mienenspiel aufsaugen, als könnte er jede Sekunde etwas lernen, wenn er nur zusähe.
    Maximilian verfestigte nochmals seinen Griff, als sie sich wehrte.
    Die Frau hatte keine andere Wahl, als die Flüssigkeit zu schlucken. Es dauerte nicht lange und ihre Kraft ließ nach, bis sie ihre Arme gar nicht mehr bewegte und nur noch unverständliches Gebrabbel von sich gab.
    »Was habt Ihr ihr eingeflößt? Was war das für eine Medizin?«, wollte Maximilian wissen, als er sie behutsam auf den Boden legte.
    »Schwarzes Bilsenkraut. Beim einfachen Volk auch Hexenkraut genannt.« Noch immer blickte der Arzt interessiert in das Gesicht der

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