Die Doppelgaengerin
frustriert. Dass jemand auf mich geschossen hatte, hatte sie nicht eben aufgebaut.
Ich tröstete sie nach Kräften und versprach, sie über meine Situation auf dem Laufenden zu halten. Sie erkundigte sich nach Wyatt, was wohl nichts zu heißen hatte, nachdem er darauf bestanden hatte, ihre Tochter mit nach Hause zu nehmen. Sie mochte ihn. Sie meinte, er sei ein »heißer Feger«. Ich stellte ihn mir nackt vor und musste ihr Recht geben.
Nachdem im Geschäft alles klar und an der Heimatfront alles ruhig war, richteten Mrs. Bloodsworth und ich uns auf einen weiteren entspannten Tag ein. Sie arbeitete eine Weile im Garten, und ich, aus Sicherheitsgründen, nicht. Ehrlich gesagt hielt ich es für unwahrscheinlich, dass Nicoles Mörder zufällig an Mrs. Bloodsworths Haus vorbeifahren und mich beim Unkrautzupfen in ihrem Blumenbeet ertappen würde, aber bis Wyatt grünes Licht gab, wollte ich kein Risiko eingehen. Mein linker Arm erinnerte mich schmerzhaft daran, wozu dieser Typ fähig war.
Ich las. Ich schaute fern. Ich schaute dem Sekundenzeiger der Uhr zu. Wyatt rief ich nicht an, obwohl es mich äußerste Beherrschung kostete. Es war wenig hilfreich, ihm ständig auf die Pelle zu rücken, denn er würde garantiert anrufen, wenn er etwas zu berichten hatte.
Ich machte etwas Yoga-Light, um meine Muskeln geschmeidig zu machen. Mrs. Bloodsworth überraschte mich dabei und war begeistert. Gleich darauf war sie in bequemere Sachen geschlüpft, hatte ihre Trainingsmatte herausgeholt und leistete mir Gesellschaft. Ich zeigte ihr einige einfache Yogapositionen, und wir vertrieben uns die Zeit bis zum Mittagessen mit Strecken und Dehnen.
Kurz nach dem Mittagessen rief Wyatt an. »MacInnes und Forester haben Dwayne Bailey heute Morgen in Anwesenheit seiner Frau verhört. Offenbar hatte sie schon geahnt, dass er sie betrügen könnte, und es kam zu einem heftigen Wortwechsel. Bailey knickte ein und gestand sofort; so wie er es darstellt, hat er Ms. Goodwin erschossen, weil sie ihm gedroht hatte, seiner Frau alles zu erzählen, wenn er ihr kein Geld geben würde, das sie dringend brauchte. Er wurde sofort festgenommen.«
Ich wurde vor Erleichterung ganz schwach und sank ins Sofa zurück. »Gott sei Dank! Diese Versteckerei geht mir gehörig auf die Nerven. Ich kann also wieder nach Hause? Und ins Great Bods? Es ist alles vorbei?«
»Sieht so aus.«
»Hat er auch mein Tor geknackt?«
»Das bestreitet er. Er bestreitet auch, auf dich geschossen zu haben, was ziemlich schlau ist. Ein guter Anwalt kann bei Ms. Goodwin auf Totschlag plädieren, aber der Anschlag auf dich war eindeutig keine spontane Handlung und würde darum eine längere Haftstrafe nach sich ziehen.«
»Aber ihr könnt ihm das nachweisen, oder? Mit ballistischen Spuren und so.«
»Ehrlich gesagt nein. Es wurden verschiedene Waffen eingesetzt. Die Waffe, mit der er Ms. Goodwin umbrachte, haben wir gefunden, aber nichts, was zu dem Kaliber der Patrone passt, die auf dich abgefeuert wurde. Demzufolge muss er die zweite Waffe irgendwo entsorgt haben, und ohne die können wir ihm rein gar nichts nachweisen.«
Das gefiel mir ganz und gar nicht, wohl weil ich mir eine offizielle Vergeltung wünschte oder so. Wenn er wegen des Schusses auf mich nicht vor Gericht gestellt wurde, dann war das für mich so, als würde er damit davonkommen. Ich wollte, dass er so lange wie möglich hinter Gitter kam.
»Wird er Kaution bekommen?«
»Wahrscheinlich. Aber nachdem der Fall geklärt ist, bringt es ihm nichts mehr, die Zeugin zu ermorden, stimmt’s?«
Das stimmte, aber es missfiel mir trotzdem, dass dieser Mann frei herumlaufen durfte. Vielleicht brannte ja auch noch die letzte Sicherung bei ihm durch und er würde beschließen, die Sache auf seine Weise zu Ende zu bringen.
»Du brauchst keine Angst mehr zu haben«, sagte Wyatt. »Er ist kein mörderischer Irrer. Er wollte um jeden Preis verhindern, dass seine Frau von seinem Seitensprung erfuhr; und dann wollte er um jeden Preis verhindern, dass er vor Gericht kommt. Beides hat er nicht vermeiden können, darum braucht er nichts mehr zu unternehmen. Er kooperiert jetzt.«
Okay, das konnte ich nachvollziehen. Man fürchtet sich vor etwas, das noch nicht eingetreten ist. Nachdem es eingetreten ist, kann man nur noch mehr oder weniger gut damit klarkommen.
»Darf ich es Mom und Dad erzählen?«
»Selbstverständlich. Heute Abend kommt es sowieso im Fernsehen und morgen früh steht es in der Zeitung.«
»Da bin ich
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