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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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mich nicht, weil mir der Arm wehtat. Dann bemerkte ich, dass die Windschutzscheibe aus der Halterung geflogen war, und zwängte mich mühsam – als wollte ich Twister spielen – und ängstlich auf Glasscherben achtend über das Lenkrad hinweg durch die Öffnung, wo sich noch vor einer Minute meine Windschutzscheibe befunden hatte. Ich war gerade auf der Motorhaube angekommen, als Wyatt mich erreichte.
    »Blair«, sagte er heiser, streckte beide Hände aus und blieb dann mit ausgestreckten Armen stehen, als hätte er Angst, mich zu berühren. Sein Gesicht war kalkweiß. »Ist alles in Ordnung? Hast du dir was gebrochen?«
    »Ich glaube nicht.« Meine Stimme klang dünn und zittrig, und meine Nase lief. Verlegen wischte ich sie ab und erblickte einen hellroten Schmierer auf meinem Handrücken, direkt neben ein paar roten Tropfen, die aus meiner Nase rannen. »O je. Ich blute. Schon wieder.«
    »Ich weiß.« Er hob mich liebevoll von der Motorhaube und trug mich durch das Gewirr von Autos hindurch auf den grasbewachsenen Mittelstreifen. In beiden Richtungen war der Verkehr zum Erliegen gekommen. Dampf stieg von der zerknüllten Motorhaube des Wagens auf, der mein Cabrio gerammt hatte, und mehrere Autofahrer kümmerten sich um die Frau am Steuer. Auf der Fahrbahn gegenüber standen zwei oder drei Autos mehr oder weniger quer auf der Spur, aber dort schien sich der Schaden auf einige Blechschäden und Kratzer zu beschränken.
    Wyatt setzte mich auf dem Rasen ab und drückte mir ein Taschentuch in die Hand. »Wenn du fürs Erste zurechtkommst, dann würde ich gern nach der anderen Fahrerin sehen.« Ich nickte und winkte, um ihm anzuzeigen, dass er nachsehen sollte, ob er irgendwie helfen konnte. »Bist du sicher?«, fragte er, und ich nickte noch mal. Er strich mir kurz über den Arm und eilte dann, in sein Handy sprechend, davon, während ich mich ins Gras legte und das Taschentuch auf meine Nase drückte, um das Bluten zu stoppen. Ich konnte mich entsinnen, dass mir etwas mit Wucht ins Gesicht geschlagen hatte; das musste der explodierende Airbag gewesen sein. Mein Leben war mir eine blutige Nase allemal wert.
    Ein Mann im Anzug kam auf mich zu und ging neben mir in die Hocke, und zwar genau so, dass die Sonne mich nicht blendete. »Ist alles in Ordnung?«, fragte er freundlich.
    »Ich dlaube schon«, näselte ich, das Taschentuch auf die Nasenflügel pressend.
    »Bleiben Sie liegen und versuchen Sie nicht aufzustehen, nur für den Fall, dass Sie doch schlimmer verletzt sind und es nur noch nicht gemerkt haben. Haben Sie sich die Nase gebrochen?«
    »Ich dlaube nicht.« Weh tat sie schon; wie mein ganzes Gesicht. Aber meine Nase tat nicht weher als der Rest und fühlte sich alles in allem an wie eine ganz normale blutige Nase.
    Von überallher tauchten barmherzige Samariter auf, die Hilfe in verschiedenster Form anboten: mit Wasserflaschen, Feuchttüchern und sogar ein paar Desinfektionstüchern aus einem Erste-Hilfe-Kasten, mit denen sie die Schnitte säuberten und das Blut wegwischten, um zu kontrollieren, wie tief die Wunden waren; Kühlbeuteln; Pflastern und Verbandszeug; Handys und Mitgefühl. Es gab insgesamt sieben Leichtverletzte, mich eingeschlossen, aber die Fahrerin des Autos, das meines aufgespießt hatte, war so schwer verletzt, dass man sie noch nicht aus dem Wagen geholt hatte. Ich hörte Wyatt mit ruhiger, Autorität ausstrahlender Stimme reden, ohne dass ich verstanden hätte, was er sagte.
    Dann setzte der Schock ein, und ich fing an zu zittern. Ich setzte mich langsam auf, schaute auf das Chaos, auf die blutenden Menschen, die um mich herum auf dem Mittelstreifen saßen, und hätte am liebsten losgeheult. Ich hatte das angerichtet? Es war ein Unfall gewesen, natürlich, aber trotzdem … ich hatte ihn ausgelöst. Mein Auto. Schuldgefühle peinigten mich. Ich pflegte mein Auto und ließ es regelmäßig warten, aber hatte ich vielleicht eine wichtige Inspektion versäumt? Oder ein Warnsignal übersehen, dass meine Bremsen bald versagen würden?
    Als ich in der Ferne Sirenengeheul hörte, wurde mir bewusst, dass seit dem Unfall erst ein paar Minuten vergangen waren. Die Zeit kroch so langsam dahin, dass ich das Gefühl hatte, mindestens seit einer halben Stunde auf dem Mittelstreifen zu hocken. Ich schloss die Augen und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass die Frau, die mein Auto gerammt hatte, sich wieder erholen möge. Weil mir dabei ein wenig schummrig und schwindlig wurde, legte ich mich wieder

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