Die Doppelgaengerin
hin und starrte in den blauen Himmel.
Plötzlich hatte ich ein eigenartiges Déjà-vu, und mir ging auf, dass ich praktisch die gleiche Szene am Sonntagnachmittag schon einmal erlebt hatte, nur dass ich da auf dem warmen Asphalt des Parkplatzes gelegen hatte statt auf dem weichen Gras. Aber genau wie jetzt hatten die Sirenen geheult und waren überall Polizisten herumgelaufen. Vielleicht war doch mehr Zeit vergangen, als ich mitbekommen hatte; wann war denn die Polizei aufgetaucht?
Ein Sanitäter ging neben mir auf ein Knie nieder. Ich kannte ihn nicht. Ich wollte Keisha, die mir Kekse besorgte. »Mal sehen, was wir hier haben«, sagte er und fasste dabei nach meinem linken Arm. Offenbar nahm er an, dass der Verband eine frische Verletzung bedeckte.
»Das ist nichts«, sagte ich. »Das ist nur eine Naht nach einer kleinen Operation.«
»Und woher kommt das ganze Blut?« Er nahm meinen Puls und leuchtete dann mit einer winzigen Taschenlampe abwechselnd in meine Augen.
»Aus meiner Nase. Der Airbag hat mir die Nase blutig gehauen.«
»Wenn man bedenkt, was sonst hätte passieren können, sollten Sie dem Himmel für Ihren Airbag danken«, sagte er. »Hatten Sie den Gurt angelegt?«
Ich nickte, woraufhin er mich auf gebrochene Rippen untersuchte, bevor er eine Manschette um meinen rechten Arm legte und meinen Blutdruck maß. Wer hätte das gedacht? Er war erhöht. Da ich mehr oder weniger okay war, wandte er sich dem nächsten Unfallopfer zu.
Während sich die Notärzte mit der Frau im Auto beschäftigten und sie zu stabilisieren versuchten, kam Wyatt zurück und ging neben mir in die Hocke. »Wie ist das passiert?«, fragte er ruhig. »Ich war hinter dir und habe nichts Auffälliges bemerkt, bis du urplötzlich anfingst zu kreiseln.« Er wirkte immer noch bleich und angespannt, aber ich war mir dessen nicht sicher, weil mich jetzt die Sonne blendete.
»Ich wollte vor dem Stoppschild anhalten, aber das Pedal ging bis zum Boden durch. Da war nichts mehr. Also habe ich die Feststellbremse getreten, und da ist mein Auto ins Schleudern gekommen.«
Er warf einen Blick auf meinen Wagen, der quer auf der übernächsten Spur stand und dessen Vorderräder auf den Bordstein geprallt waren. Ich folgte seinem Blick, betrachtete kurz das Wrack und schüttelte mich. Durch den Aufprall war der Rahmen zu einem U verbogen worden, und die Beifahrerseite hatte sich in Trümmer aufgelöst. Kein Wunder, dass die Windschutzscheibe rausgeflogen war. Wäre ich nicht angeschnallt gewesen, wäre ich wahrscheinlich hinterher geflogen.
»Hattest du in letzter Zeit Probleme mit den Bremsen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nichts. Und ich bringe den Wagen regelmäßig zur Inspektion.«
»Der Streifenbeamte, der ihn zu deiner Wohnung gefahren hat, hat auch nichts Auffälliges gemeldet. Du lässt dich jetzt ins Krankenhaus fahren und gründlich untersuchen …«
»Mir ist nichts passiert. Ehrlich. Blutdruck und Puls sind okay, und ich glaube nicht, dass mir was fehlt, außer dass mir der Airbag eins auf die Nase gegeben hat.«
Er fuhr sanft mit dem Daumen über meinen Wangenknochen. »Na schön. Soll ich deine Mutter anrufen, damit sie dich abholt? Es wäre mir lieber, wenn du in den nächsten Stunden nicht allein wärst.«
»Aber erst, nachdem die Autos abgeschleppt wurden. Ich möchte nicht, dass sie meinen Wagen sieht; sonst kriegt sie Albträume. Ich weiß, dass du meine Versicherungskarte und die Papiere brauchst«, meinte ich bekümmert und mit einem melancholischen Blick auf den Blechklumpen, der mal mein Auto gewesen war. »Beides liegt im Handschuhfach, falls du das Handschuhfach noch finden kannst. Und meine Handtasche ist auch noch im Auto.«
Er drückte kurz meine Schulter, stand auf und ging über die Fahrbahn zu meinem Auto. Er warf einen Blick durchs Seitenfenster, ging um das Auto herum auf die andere Seite, kam gleich darauf wieder zurück und tat dann etwas Merkwürdiges: Er ließ sich auf dem Asphalt nieder, legte sich auf den Rücken und schob knapp hinter den Vorderrädern den Kopf bis zu den Schultern unter mein Auto. Ich verzog das Gesicht, weil überall auf dem Asphalt Scherben lagen und ich nur hoffen konnte, dass er sich nicht schneiden würde. Was suchte er nur?
Wenig später rutschte er wieder hervor, kam aber nicht zu mir zurück. Stattdessen wandte er sich an einen Polizisten in Uniform und sagte etwas zu ihm, woraufhin der Polizist zu meinem Auto ging und genau wie zuvor Wyatt den Kopf unter den Wagenboden
Weitere Kostenlose Bücher