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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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verläuft, das liegt nun einmal nicht in unseren Händen. Wir sind einander begegnet, weil es uns so und nicht anders vorgezeichnet war. Genauso wie es uns jetzt vorgezeichnet ist, gemeinsam für den Heiligen Vater zu arbeiten.«
    Der Erzbischof grübelte einen Augenblick. »Mir scheint«, sagte er dann, »daß wir keinen Erfolg zu erwarten haben am Ende dieses Weges. Das Ergebnis wird das gleiche sein wie stets, wenn man unparteiisch zu sein versucht, um es mit keiner Seite zu verderben. Niemand wird uns Sympathien entgegenbringen. Vielmehr werden uns alle verdammen.«
    »Das weiß ich, und das weiß auch Seine Heiligkeit. Doch wir können
    uns nun einmal nicht anders verhalten. Allerdings hindert uns nichts daran, insgeheim für den möglichst baldigen Sturz des Duce und des Führers zu beten, nicht wahr?«
    »Sie glauben also wirklich, daß es zum Krieg kommen wird, Vittorio?«
    »Ich sehe keine Möglichkeit, wie er vermieden werden könnte.«
    Die Katze Seiner Eminenz, die in der Sonnenecke des Raums geschlummert hatte, raffte sich jetzt hoch und sprang dann auf den roten Schoß des Kardinals. Der Sprung wirkte ein wenig mühselig, was kaum verwundern konnte, denn die Katze war alt.
    »Ah, Sheba! Begrüße deinen alten Freund Ralph, dem du mir gegenüber ja den Vorzug zu geben pflegtest.«
    Die satanischen gelben Augen betrachteten Erzbischof de Bricassart hochmütig und schlossen sich dann. Beide Männer
    Lachten.

15
     
    Auf Drogheda gab es jetzt ein Radio. Inzwischen war nämlich der Fortschritt bis nach Gillanbone vorgedrungen, und zwar in Gestalt einer Sendestation der Australian Broadcasting Commission. Das Rundfunkgerät, ein recht häßlich aussehendes Gebilde in einem Nußholzgehäuse, stand im Salon auf einer kostbaren kleinen Vitrine und wurde von geschickt versteckten Autobatterien gespeist. Jeden Morgen hörten Fee, Meggie und Mrs. Smith die Lokalnachrichten vom Gillanbone- Distrikt und den Wetterbericht, und allabendlich schalteten Fee und Meggie den Apparat dann noch einmal für die allgemeinen Nachrichten ein, die ABC brachte. Es war schon ein sonderbares Gefühl, auf diese Weise mit der Außenwelt in ständiger Verbindung zu stehen: von Überschwemmungen und Bränden in anderen Teilen Australiens zu hören, von dem Unruheherd Europa und von so manchem mehr. Früher hatte man ja immer auf Bluey Williams’ Postwagen warten müssen, auf die Zeitungen mit den längst überholten Meldungen, die er jeweils mitbrachte. Am Freitag, dem 1. September, waren abends nur Fee und Meggie zu Hause, und nur sie hörten über ABC-News die Nachricht, daß Hitler Polen angegriffen hatte. Beide achteten nicht weiter darauf. Schon seit Monaten sprach man von der Möglichkeit des Krieges, und außerdem lag Europa eine halbe Welt von Australien entfernt. Mit Drogheda hatte das jedenfalls nichts zu tun, und Drogheda war das Zentrum des Universums. Doch am Sonntag, dem 3. September, waren die Männer alle von den Koppeln zurück, um Pater Watty Thomas die Messe lesen zu hören, und die Männer interessierten sich für Europa. Allerdings dachten die Frauen nicht daran, ihnen etwas von den Freitagnachrichten zu sagen, und Pater Watty, von dem sie etwas hätten erfahren
    können, war sehr in Eile, denn er mußte nach Narrengang.
    Am Abend wurde, genau wie sonst auch, der Radioapparat zu den allgemeinen Nachrichten eingeschaltet. Doch nicht ein Nachrichtensprecher mit Oxford-Akzent war zu hören, sondern unverkennbar australisch klingendes Idiom. Es war Premierminister Robert Gordon Menzies.
    »Meine australischen Landsleute. Es ist mir eine gewiß nicht leichte Pflicht, Sie davon in Kenntnis zu setzen, daß - als Konsequenz des deutschen Überfalls auf Polen - Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg erklärt hat und sich mithin auch Australien im Kriegszustand befindet ...
    Wir können uns der Erkenntnis nicht verschließen, daß Hitlers Ehrgeiz keineswegs damit befriedigt ist, alle Deutschen in einem Reich zu vereinigen. Er will möglichst viele Länder unter die Herrschaft eben dieses Reiches bringen. Wird dem nicht Einhalt geboten, so kann es keine Sicherheit in Europa und keinen Frieden für die Welt geben ... Wo Großbritannien steht, dort stehen natürlich auch die Menschen der gesamten britischen Welt... Unserer eigenen Widerstandskraft wie auch der des Mutterlandes erweisen wir den besten Dienst, indem wir die Produktion in Gang halten und unserer Arbeit und unseren Geschäften in gewohnter Weise nachgehen

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