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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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daß sich darauf inzwischen eine stattliche »Schimmelkultur« entwickelt hatte. »Wäschst du eigentlich nie dein Geschirr ab?«
    Justine lachte, ohne sich verlegen zu zeigen. »Dane sagt, ich wasche das Geschirr nicht, ich rasiere es statt dessen.«
    »Nun, dann wäre bei diesen Tellern hier wohl zunächst ein Haarschnitt zu empfehlen«, sagte Meggie. »Aber im Ernst, Jus, warum hast du das Geschirr nicht immer gleich nach Gebrauch gespült?« »Das kann ich dir sagen, Mum. Dazu hätte ich noch einmal zur Küche hinuntergehen müssen, und da ich meistens erst nach Mitternacht esse, wäre niemand über das liebliche Getrappel meiner Füßchen entzückt gewesen.«
    »Gib mir doch mal einen von den leeren Kartons. Ich möchte das Geschirr gleich hinunterschaffen, dann sind wir’s los«, sagte Meggie resignierend. Was sie hier erwarten würde, hatte sie zuvor gewußt. Dennoch war sie gekommen, voll geheimer Freude, Justine helfen zu können, denn dazu fand sich sonst kaum je Gelegenheit.
    Irgendwie wurden sie beide mit Packen und Aufräumen fertig, und dann fuhren sie mit dem Kombiwagen, in dem Meggie von Gilly gekommen war, zum Hotel Australia, wo Meggie eine Suite gemietet hatte.
    »Ich wünschte, ihr würdet euch ein Haus bei Palm Beach oder Avalen kaufen«, sagte Justine, als sie ihren Koffer ins zweite Schlafzimmer der Suite stellte. »Dies ist ja schrecklich, so direkt über dem Martins Place. Stell dir doch nur mal vor, wie das wäre - ein eigenes Haus unmittelbar am Strand. Könnte dich das nicht verlocken, öfter mal per Flugzeug von Gilly herüberzuhüpfen?« »Was soll ich in Sydney? In den letzten sieben Jahren bin ich zweimal hergekommen: um von Dane Abschied zu nehmen, und nun von dir. Hätten wir ein Haus, würden wir es nie benutzen.« »Ach, ihr seid ja nicht zu retten!« schimpfte Justine. »Wie meinst du das?«
    »Wie ich das meine!? Es gibt doch wirklich mehr auf der Welt als nur dieses blöde Drogheda! Verdammt noch mal, was mir das Kaff stinkt!«
    Meggie seufzte. »Glaube mir, Justine, es wird eine Zeit kommen, wo du dich danach sehnen wirst, nach Drogheda heimzukehren.« »Gilt das auch für Dane?«
    Meggie gab keine Antwort. Ohne ihre Tochter anzusehen, nahm sie ihre Handtasche vom Tisch. »Wir werden uns verspäten. Madame Rocher hat gesagt, um zwei Uhr. Wenn du die Kleider noch vor deiner Abreise haben möchtest, beeilen wir uns besser.« »Ich werde jetzt von hintenherum zusammengestaucht, wie?« fragte Justine und grinste.
    Als sie in Germaine Rochers Salon saßen und die mit maskenhaftem Lächeln umherstolzierenden Mannequins beobachteten, sagte Meggie: »Warum hast du mir eigentlich keine von deinen Bekannten vorgestellt? Außer Mrs. Devine habe ich im ganzen Haus niemanden zu Gesicht bekommen.«
    »Ach, die sind ziemlich scheu ... Mir gefällt das Orangefarbene da. Wie findest du’s?«
    »Paßt nicht zu deinem Haar. Nimm lieber das Graue.« »Pah! Orangefarben paßt zu meinem Haar sogar ganz ausgezeichnet. In Grau sehe ich aus wie irgendwas, das die Katze ins Haus geschleppt hat. Geh mit der Zeit, Mum. Es ist längst nicht mehr so, daß Rothaarige sich nur in Weiß, Grau, Schwarz oder Smaragdgrün sehen lassen dürfen, oder in dieser entsetzlichen Farbe, für die du immer so schwärmst - wie heißt sie noch: Asche der Rosen? Viktorianisch!« »Den Namen der Farbe hast du dir richtig gemerkt.« Sie blickte zu ihrer Tochter. »Du bist ein Ungeheuer«, sagte sie mit einer gewissen Schärfe, durch die jedoch ein unverkennbarer Ton von Zärtlichkeit klang.
    Justine nahm weiter keine Notiz. Es war nicht das erste Mal, daß sie das Wort hörte. »Ich nehme das Orangefarbene, das Scharlachrote, das mit dem Purpurmuster, das Moosgrüne, das burgunderrote Kostüm ...«
    Meggie schüttelte nur fassungslos den Kopf. Was konnte man bei einer Tochter wie Justine schon ausrichten?
    Drei Tage später lief die »Himalaya« von Darling Harbor aus. Sie war ein wunderschönes altes Schiff, mit breitem Rumpf, äußerst seetüchtig, gebaut in jenen Tagen, da noch niemand in so hektischem Taumel war und alle die Tatsache akzeptierten, daß England via Suezkanal vier Wochen und via Kap der Guten Hoffnung fünf Wochen entfernt lag. Heutzutage baute man selbst die Passagierdampfer stromlinienförmig. Ihre Rümpfe hatten so schnittig zu sein wie die von Zerstörern, damit sie die Meere schneller und immer schneller durchpflügen konnten.
    »Na, das wird ein Mordsspaß werden!« lachte Justine. »In der ersten

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