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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Empfindung der Hilflosigkeit und Schwäche in ihr auslöste. Sie hatte das Gefühl, tiefer zu fallen, immer tiefer, und entdeckte dann, daß sie in der Tat hinabgeglitten war auf den flauschigen Teppich: daß Rain sie wohl hatte behutsam hinabgleiten lassen. Jetzt sah sie ihn über sich, sah den Widerschein des Kaminfeuers auf seinen nackten Schultern, sah die dunklen Umrisse seines Kopfes, sah seinen Mund. Und schob ihre Finger in sein dichtes, mähnenartiges Haar und zog sein Gesicht zu sich und fühlte seine Küsse, ungeduldiger, fordernder jetzt, und erwiderte sie mit der gleichen sich steigernden Leidenschaftlichkeit.
    Ihn zu spüren, ihn so zu spüren, seine Lippen, seinen ganzen Körper, wie unfaßbar schön war das doch! Längst vertraut schien alles, und doch erforschten ihre Lippen, ihre Hände, ihr Leib Unbekanntes: wie ein Land, das sich dem, der es zum ersten Mal betrat, erst nach und nach erschließen muß. Während die Welt ringsum zusammenschrumpfte, bis nichts mehr übrigblieb als jener Teil, der vom leise flackernden Kaminfeuer schwach erhellt wurde, versuchte Justine, sich innerlich mehr und mehr zu öffnen. Bereit sein wollte sie, um ganz zu geben, ganz zu empfangen. Ein bislang unbekannter, ungeahnter Instinkt schien in ihr wach zu werden. Irgendwie spürte sie, daß er, der sie jetzt hier liebte, dies bereits tausend und abertausend Mal in seiner Vorstellung getan haben mußte. Bei jedem anderen Mann hätte die ungescheute, schier hemmungslose Sinnlichkeit sie abgestoßen, doch er gab ihr das Gefühl und mehr noch: das Bewußtsein, daß einzig sie die Herrin darüber war, die fordern und verlangen konnte. Und sie tat es. Mehr und mehr gelang es ihr, jene Scheu abzustreifen, von der sie sich noch nie hatte befreien können.
    Sie fanden ganz zueinander. Im gleichen Rhythmus ging beider Atem, sacht zuerst noch, eher verhalten. Sein Kopf lag auf ihrer Schulter, ihre Beine umschlangen seinen Leib, und mit sanfter, kreisender Bewegung strichen ihre Hände über seinen Rücken. Er atmete tief, wie seufzend, und wälzte sich dann ganz behutsam herum, so daß sie sich jetzt über ihm befand und noch intensiver das Gefühl genoß, mit ihm zusammenzusein. Sie ließ eine Hand über seine Haut gleiten, tief hinab. Nie hatte einer ihrer früheren Liebhaber ihre sexuelle Neugier auch nur annähernd bis zu einem solchen Punkt gesteigert.
    Beider Atem wurde rascher, heftiger. Und obwohl Justine spürte, daß sie sich dem Gipfelpunkt näherten, war sie dennoch völlig überrascht, als es geschah. Nicht daß es geschah, sondern wie es geschah. Sie sah seinen Mund, so weich jetzt, und sie sah das Glänzen in seinen Augen. Und in dieser Sekunde wurde in ihr eine Empfindung geboren, die so völlig neu und so völlig unerwartet war, Zärtlichkeit und Demut. Das Glänzen in seinen Augen gewann eine solche Kraft, daß es sie fast zu verzehren schien, und sie beugte sich vor und nahm seine Oberlippe zwischen ihre Lippen. Gedanken und Gefühle verschmolzen miteinander, und der Schrei, der in ihr war, der Erlösungsschrei, blieb lautlos, weil es gleichsam ein Schrei des ganzen Körpers war und nicht nur der Kehle.
    Rainer hatte offenbar dafür gesorgt, daß das Feuer im Kamin nicht verlosch, denn als das frühe Morgenlicht durch die Fenster zu schimmern begann, war es im Raum noch immer warm. Jetzt bewegte er sich, und Justine, inzwischen halbwach, griff rasch nach seinem Arm.
    »Bleib, bitte«, sagte sie, und ihre Stimme klang sonderbar ängstlich.
    »Aber natürlich bleibe ich, nur keine Sorge, Herzchen.« Er streckte die Hand aus und zerrte vom Sofa noch ein Kissen herunter, das er sich hinter den Kopf schob. Dann legte er den Arm so um Justine, daß sie sich noch dichter an ihn kuscheln konnte. »Gut so?«
    »Ja.«
    »Ist dir auch nicht kalt?«
    »Nein, aber wenn dir kalt ist, können wir ja ins Bett gehen.«
    »Ins Bett? Na, das käme mir doch wie ein ganz schlimmer Stilbruch vor. Ich meine, in ein so zahmes Pfühl zu steigen, nachdem wir uns hier stundenlang wie in halber Wildnis geliebt haben auf diesem ... Was genau ist das eigentlich?«
    »Eigentlich sind’s lauter Stückchen Drogheda.«
    »Lauter Stückchen Drogheda?«
    »Lauter aneinandergenähte Känguruhfelle.«
    »Aha! Aber eigentlich längst noch nicht so exotisch oder erotisch wie es sein müßte. Ich werde ein Tigerfell aus Indien bestellen.«
    »Das erinnert mich an so ein Gereimsel, das ich mal irgendwo aufgeschnappt habe.
    Sie taten’s auf einem

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