Die Drachenflotte (German Edition)
«Wenn Sie so weit nach Süden gekommen wären und die richtige Zeit verpasst hätten, hätten sie nur zwei Möglichkeiten gehabt: entweder ein volles Jahr abzuwarten oder zu riskieren, dahin zu segeln, wohin der Wind sie trieb.»
«Und wenn er sie nach Fusang getrieben hätte?»
«Eben.» Knox lächelte.
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Kapitel 14
I
R ebecca steuerte den Mitsubishi zum Strand hinunter, um sich das Blut abzuwaschen und sich umzuziehen, bevor sie zu Pierre weiterfuhr. Das Haus war dunkel und verlassen, als sie dort ankam, und von seinem Wagen war nichts zu sehen. Das war nicht weiter verwunderlich, von Antananarivo brauchte man mit dem Auto einen ganzen Tag für die Fahrt hierher; doch es überraschte sie, keine seiner Ehefrauen und keines seiner Kinder anzutreffen.
Pierre führte ein Leben verflossener Kolonialherrlichkeit, wie es nur noch an Orten wie Madagaskar im Angebot war. Sein Vater war französischer Offizier und vor der Unabhängigkeit hier draußen stationiert gewesen. Überzeugt, dass dies das nächste Touristenparadies werden würde, hatte er den ganzen Küstenstreifen samt Wald und dem Eden-Naturschutzgebiet aufgekauft. Aber die Dinge hatten sich nicht so entwickelt, wie er gehofft hatte, und er und seine Frau waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Pierre, ihr einziger Erbe, war mit der Absicht angereist, alles zu verkaufen. Doch er blieb. Er hatte erkannt, dass er niemals wieder würde arbeiten müssen, wenn er klug wirtschaftete. Und die Frauen hier waren so schön.
Paarungsstrategien faszinierten Rebecca. Jedes Lebewesen war das Produkt eines beinahe unbegrenzten Rückgangs gelungener Reproduktionen, dabei hatte jedes selbst nur eine begrenzte Chance, Nachkommen zu hinterlassen. Für einen Evolutionsbiologen war Sex daher Krieg – Kinder bedeuteten Sieg. Es war eine Schlacht, die Pierre zu gewinnen trachtete. Zunächst hatte er Gästebungalows gebaut, obwohl damals kein Tourist sich hierher verirrte, und eine Reihe junger Madagassinnen angeworben, scheinbar als Angestellte. In Wirklichkeit mussten sie sein Bett teilen und ihm Kinder gebären. Aber selbst das war ihm nicht genug gewesen. Nachdem er ihrem Vater ein großes Stück Land zur Errichtung des Eden-Naturschutzgebiets verkauft hatte, hatten immer mehr Zoologen und andere Unerschrockene die strapaziöse Reise hierher auf sich genommen.
Einmal war, für eine Woche, ein holländischer Meeresbiologe namens Cees zu Besuch gekommen und hatte seine Verlobte Ardine mitgebracht, eine unirdisch wirkende junge Frau mit krausem rotem Haar, sommersprossiger, weicher weißer Haut und langen, knochigen Hexenfingern, an denen silberne Ringe und Halbedelsteine blitzten. Als Adam eines Tages mit Cees zum Tauchen hinausgefahren war, bedrängte Pierre Ardine so lange, bis sie bereit war, sich von ihm eine heilige Grotte im Dornbuschwald zeigen zu lassen. Rebecca, die damals vielleicht zehn Jahre alt war und das Vorhaben aus irgendeinem Grund spannend fand, folgte den beiden. Die Waldwege waren nicht leicht zu bewältigen, wenn man sie nicht gewohnt war. Pierre musste Ardine immer wieder halten, wenn sie stolperte, und Dornen aus ihren Kleidern zupfen. Der Abstieg zur Grotte hinunter war schmal und beschwerlich. Pierre ging voraus, unten streckte er die Arme nach Ardine aus, um ihr herunterzuhelfen, und ließ seine Hände über ihre Hüften aufwärtsgleiten, sodass ihr Top hochrutschte und seine Daumen über ihre Brüste streiften.
Rebecca hatte sich auf die Felsen über dem Weiher gelegt und zugesehen, wie Pierre sich auszog und nackt ins Wasser sprang. Ardine, die ein Bikinihöschen unter ihrer langen Hose trug, paddelte im Seichten umher. Im Wasser war eine natürliche Steinbank. Pierre neckte sie, bis sie sich zu ihm setzte. Er nahm ihre Hand und redete leidenschaftlich auf sie ein. Sie errötete und schaute weg. Er schob ihr eine Hand hinter den Kopf, um sie zu halten, als er sie küsste. Sie wand und wehrte sich, aber nicht sehr lange. Pierre hatte etwas an sich, dem Frauen offenbar nicht widerstehen konnten.
Später hatte Rebecca oft beobachtet, wie Pierre die weiblichen Gäste umgarnte. Er war ein imposanter, attraktiver Mann und konnte ungeheuer charmant sein. Und er war absolut schamlos. Durch ihn hatte Rebecca gelernt, wie oft Menschen einfach nachgeben, wenn sie sich unbeirrbarer Zielstrebigkeit gegenübersehen. Es spielte keine große Rolle, um was für ein Ziel es ging, nur wie hartnäckig daran festgehalten wurde. Bei
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