Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
der Gedanke an den Drachen in ihr hervorrief. » Ja, tatsächlich, ich bin verliebt.« Es fühlte sich komisch an, diese Worte auszusprechen, sie Wirklichkeit werden zu lassen, als würde jedes einzelne einen Zauber weben, dem sie nicht entkommen konnte.
» Ah«, brachte er schließlich heraus. » Ah. Aha. So ein Aber.«
» Ich wusste, dass dich das nicht freut«, sagte sie. » Oder – wenn du der Freund bist, für den ich dich halte, wenn du wirklich ein echter Freund bist – vielleicht freut es dich ja doch?«
Zusammengesunken saß er da, die Arme zwischen den Knien, wie ein riesiger Frosch, der nicht mehr hüpfen mochte.
» In wen«, seine Zunge fuhr über die schwarz umrandeten Lippen, » bist du denn verliebt? In mich? In mich?« Seine Stimme schraubte sich höher, hoffnungsvoll. » In mich?«
» Nein«, sagte sie leise. » Nicht in dich. Du bist mein bester Freund …«
» Aber«, murmelte er. » Ja, so ein Aber, du hast mir ein solches Aber gegeben, das werde ich niemals los. Warum nicht ich? Warum, meine Maid – nein, nicht meine – warum, oh Hübschmaid, warum bin ich es nicht?«
Seine flehende Stimme schnitt ihr ins Herz.
» Warum nicht ich?«, wiederholte er, drängend. » Reicht es nicht, zusammen zu lachen? Zusammen einen Drachen zu töten? Zusammen dem König ein Schnippchen zu schlagen? Reicht das denn nicht für die Liebe? Heirate mich, Rindenhaar.«
» Ich kann dich nicht heiraten, Jikesch. Ich weiß doch gar nichts über dich. Ich hab keine Ahnung, wie alt du bist. Ich weiß ja nicht einmal, wie du aussiehst!«
» Ist das schlimm?«, fragte er. » Wie du aussiehst, genügt für uns beide. Ich bin nicht so hübsch wie du, nicht so schöne Wangen, nicht so rote Lippen. Ich habe dich das schon einmal gefragt: Können Blinde nicht lieben? Reicht es nicht, sich im Dunkeln zu berühren und die Augen zu schließen vor Gesichtern? Vielleicht bist du blind.« Er bedeckte seine Augen mit den Händen und flüsterte: » Wenn wir blind wären, wir beide … vielleicht dann?«
» Für das, was zwischen Mann und Frau sein kann – dafür ist es nicht genug, Jikesch. Kannst du das nicht verstehen?«
» Reicht es nicht, dass mein Herz singt, wenn es dich sieht? Dass ich mich dir zu Füßen lege? Reicht das nicht für eine Liebe bis ans Ende der Zeit?«
» Ja«, sagte sie leise. » Für Liebe reicht es. Mehr kann man nicht erwarten, wenn man liebt, und etwas wie das hier werde ich nie wieder finden. Aber es reicht nicht für … Verlangen.« Sie wandte den Blick von ihm ab, auf ihre eigenen Hände, die einen Strohhalm nach dem anderen zerpflückten. » Es tut mir leid, Jikesch. So ist es nun mal. Auch wenn ich dir das Herz breche – ich möchte mit dir zusammen sein, doch ihn will ich, dass ich kaum noch atmen kann, dass ich nichts essen mag und kaum Schlaf finde. Mein Arm will nicht kämpfen, und meine Füße wollen mich nicht tragen. Es hat mich wirklich ziemlich schlimm erwischt, mein Lieber.«
Er hatte ihr zugehört, die schwarzen Lider geschlossen, jetzt schüttelte er heftig den Kopf. » Mein Lieber! Mein Lieber? Oh, wäre ich das!« Dann wurde er wieder klein und hilflos und wisperte: » Wer? Wer ist es, der das Herz der stolzen Maid gewann? Sag, ist es der hübsche Prinz mit den dunklen Brauen? Der edle Ritter auf dem Schimmel, an dessen Seite du gegen die Drachen ziehen willst?«
» Der Prinz?«, fragte sie überrascht. » Ich habe mir noch nie Gedanken darüber gemacht, ob er gut aussieht. Kann sein. Aber …«
» Noch ein Aber«, flüsterte er. » Sogar der edle Königssohn bekommt ein Aber? Bin ich in so illustrer Gesellschaft? Ah, es ist Yaro, nicht wahr? Von dem du träumst? Den du mit dir herumschleppst vom Morgen bis zum Abend und ins Bett, der tausendschöne Yaro mit den braunen Locken, dessen Name in deinem Herzen wohnt und auf deinen roten Lippen, und dem ich keinen einzigen Zahn ausschlagen kann, weil mein Arm nicht so weit reicht?«
» Ja«, sagte sie, denn Yaro hatte ihr Ja, ihr verbindliches, ewiges Ja. Im selben Augenblick tat diese Lüge so weh, dass sie kaum atmen konnte. Ein Mensch auf dieser Welt, wenigstens ein einziger, musste die Wahrheit erfahren, oder sie würde daran zugrunde gehen. » Nein. Nein, es ist nicht Yaro. Ich liebe Yaro, aber erst jetzt weiß ich, auf welche Weise ich ihn liebe. Wie einen guten Freund.«
Da hakte er noch einmal nach, so leise und vorsichtig, dass seine Frage wie das Knicken eines Strohhalms klang: » Wer?«
» Nival«, sagte sie. »
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