Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
stieß die Tijoanerin so hastig von seinen Knien, dass sie nach vorne fiel, aber er schien es gar nicht zu merken, als er aufstand und die Hände nach Linn ausstreckte.
Im selben Moment klopfte es an die Tür.
» Prinz Arian! Hoheit! Wir müssen mit Euch reden, rasch! Sie ist eine Verräterin, sie ist gefährlich!«
» Wer?«, fragte Arian verwirrt und schaute von Linn zu Chamija und wieder zurück.
Das Letzte, was Linn sah, als sie wieder hinter den Wandteppich schlüpfte, war Chamijas feines, wissendes Lächeln.
Linn wartete in ihrem Zimmer. Sie setzte sich auf die Bettkante, verbarg ihr Gesicht in den Händen und versuchte sich vorzustellen, was jetzt geschehen würde, doch ihre Gedanken schweiften immer wieder ab. Chamija küsst Arian … Wie lange ging das wohl schon so?
Wie konnte er nur? Wie konnte er ihr den Hof machen und gleichzeitig mit einem anderen Mädchen anbändeln? Wütend zerknüllte sie das Betttuch, und selbst für die Drossel, die fragend den Kopf schief legte, hatte sie keinen Blick. Wie hatte sie auch nur in Erwägung ziehen können, dass der Prinz es ernst mit ihr meinte? Es war ihm immer nur um ihre Beliebtheit im Volk gegangen, von der er profitieren wollte.
Doch damit war es jetzt ja wohl vorbei. Eine Drachenjägerin, die mit Drachen plauderte, statt sie zu töten, würde man ohne viel Federlesens aus der Stadt jagen.
» Wie konnte ich nur so dumm sein«, murmelte sie vor sich hin. » Ich habe mich schon auf dem Thron gesehen … Gütiger Arajas!«
Jemand pochte an die Tür, und eine herrische Stimme rief: » Mitkommen! Der Prinz wünscht Euch zu sehen! Legt Eure Waffen nieder!«
Linn öffnete und bemerkte die Schweißtropfen auf der geröteten Haut des einen Wächters. Was dachten sie denn? Dass sie sich in eine wilde Bestie verwandelt hatte?
Sie ging mit und fühlte sich wie eine Verbrecherin, von zwei Wächtern flankiert. Die Gerüchte hatten bereits die Runde gemacht, wie unschwer an den verächtlichen Mienen der Diener und Wachposten zu erkennen war.
» Harlon«, flüsterte jemand vernehmlich. » Haben wir nicht alle gewusst, was sie ist?«
Arians Gesicht war wieder so finster wie früher, sogar noch grimmiger und abweisender, aber mittlerweile kannte sie ihn gut genug, um in seinen Augen die Tränen zu erkennen, die er nicht weinen wollte.
» Ein letzter Drache«, brachte Arian hervor. Als Linn den Empfangssalon betrat, stand er am Fenster und wandte ihr den Rücken zu, und sie wunderte sich darüber, wie ihr Herz klopfte, als er sich umdrehte. Wie sie sich auf einmal wünschte, er möge ihr anders begegnen, sanft und zärtlich, in einem dunklen Gemach, und nicht enttäuscht und fassungslos.
Kaum vorstellbar, dass er sie jemals zu einem heimlichen Gespräch in einen verlassenen Gang gezogen hatte oder dass er versucht hatte, sie hinter einer Säule zu küssen und ihr ein paar geflüsterte Worte zu entlocken.
» Ein Drache hat dir noch gefehlt. War es denn so schwer? Du bist ausgezogen, um die Aufgabe zu vollenden, und dann hast du es dir anders überlegt? Womöglich, um mich nicht heiraten zu müssen?«
» Ein Drache«, sagte Linn. Warum brannte dieselbe Enttäuschung, die sie in seinem Gesicht las, auch in ihr? » Worüber wollen wir reden – über den Drachen oder über Chamija? Über mich oder über dich oder über uns?«
Sein Gesicht verfinsterte sich noch mehr. » Was willst du eigentlich hier in Lanhannat?«, fragte er. » Die bösen Taten deines Vaters fortsetzen? Warum bist du überhaupt wieder hergekommen, nachdem man dich entlarvt hat?«
Sie wollte Arian gar nicht. Er hatte sie verraten, er hatte sie nie geliebt, und das hatte sie im Grunde immer gewusst. Warum versetzte es ihr dann einen Stich, dass es nun vorbei war? Warum wollte sie es nicht wahrhaben und sehnte sich nach einer zweiten Chance?
» Ein Ritter ist gestorben«, sagte er anklagend. » Und du willst über Chamija reden? Verstehst du überhaupt, worum es hier geht?«
» Todesfälle kommen vor«, sagte Linn. » Jeder unserer Kameraden kennt das Risiko, wenn wir einen Drachen angreifen. Abgesehen davon hatten sie da nichts zu suchen. Ich habe niemanden gebeten mitzukommen.«
» Was ist bloß in dich gefahren?« Arian schüttelte fassungslos den Kopf. » Du bist ein Mitglied der Garde. Du kannst nicht einfach verschwinden, wenn es dir passt. Der Hauptmann entscheidet, wer auf einen Einsatz mitkommt, Eigenmächtigkeiten sind nicht erwünscht. Das sollte dir mittlerweile klar sein.« Er seufzte
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