Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
dir, Linn?«
Von ihrer Begegnung mit Wea mochte sie nicht erzählen. Stattdessen beschränkte sie sich auf die Statuen, die sie sich angesehen hatte, während die Zauberin mit ihrer Rede beschäftigt war.
» In dem Saal gibt es dreiundzwanzig ValaNaiks. Man erkennt große Unterschiede in der Machart – die Königinnen sind, glaube ich, noch viel älter als die Statuen, die wir uns das letzte Mal angesehen haben. Die Gesichter gröber, so …« Sie suchte nach einem passenden Wort dafür. » Primitiv. Alt. Wild. Wahrscheinlich sind sie mehrere tausend Jahre alt. Die Männer wirken dagegen feiner und jünger und eher wie … Söhne.« Es war ungemein schwierig, die Eindrücke in Worte zu fassen, aber es half ihr, an Wea zu denken, die mit ihrem luftigen seidenen Gewand zwischen den Bildnissen umherspaziert war wie ein kleines Mädchen.
» Als wären wir alle Kinder gegen sie. Wenn sie hier gelebt haben, wenn sie dieses Reich geschaffen haben … dann kann ich mir nur wünschen, dass sie wirklich tot sind und uns nicht zürnen, weil wir uns hier breitmachen. Ich kann Scharech-Pars Zorn verstehen. Das sind seine Ahnen.«
» Was ist mit den jüngeren Statuen?«, fragte Nival, bevor sie sich in den Gedanken an diese riesigen schrecklichen Frauen verlieren konnte.
» Dairan. Dieser andere, den wir auch letztes Mal betrachtet haben, KianRan. Ein dritter, dem allerdings Teile des Gesichts fehlten, und die Inschrift im Sockel war ebenfalls beschädigt. Aber danach scheinen sie viel älter zu sein. Natürlich, wenn Dairan vor achthundert Jahren gelebt hat, müssen die anderen Statuen viele tausend Jahre alt sein.«
» Es sei denn, sie sind nach ihm gekommen«, meinte Nival nachdenklich.
» Du hast den Stammbaum gefunden?«
Er seufzte. » Malereien von Menschen und Drachen, von Thronen und Bergen. Aber nicht das, worauf ich gehofft habe. Sie werden alt, und sie haben ein gutes Gedächtnis. Vielleicht haben sie sich die Namen ihrer Könige von Kind auf eingeprägt und brauchten keine Tafeln, die sie daran erinnert haben. Das meiste klingt nach alten Legenden und Liedern. Über den Mond und das Land dahinter, über SaiHara und wie schön sich das Silberlicht des Mondes auf den Wellen spiegelt.«
Arian verdrehte die Augen. » Gedichte? Drachen sind poetisch veranlagt?«
» Der Glanz auf den Wellen, Wege des Lichts«, zitierte Nival. » So in der Art. Mahiria Kinias – das Wasser der Stille. Sie werden nicht müde, es zu besingen. Interessanter als das, was ich gefunden habe, ist jedoch, was ich nicht gefunden habe.«
» Und das wäre?«
» Ein Friedhof. Eine Gruft. Irgendetwas, das mir verrät, wo alle diese edlen Könige geblieben sind. Wurden sie begraben, in ihrer menschlichen Gestalt? In ihrem Drachenkörper? Auch Drachen sind nicht unsterblich. Wo sind sie?«
» Verbrannt«, sagte Linn. » Wusstest du das nicht?«
» Aber einen ValaNaik kann man nicht verbrennen! Erinnerst du dich an die Prüfung, der Nat Kyah die gefälschte Schuppe unterzogen hat? Er erwartete, dass sie nicht schmelzen würde!«
Linn seufzte. » In ihrer menschlichen Gestalt könnte man sie durchaus verbrennen.« Niemals würde sie preisgeben, was Gah Ran getan hatte. » Doch auch wenn sie als Drachen gestorben sind: Wenn es einen Friedhof gäbe, in dem sämtliche ValaNaiks lägen, würde die Macht ihrer Schuppen so weit strahlen, dass es bis zum Mond reichen würde. Dann hätten die Drachen diesen Friedhof längst gefunden und die Zauberer ihn geplündert. Es gibt ihn nicht, Nival. Ein lebendiger ValaNaik ist noch stärker als ein toter, er kann seinen toten Vater mit seinem Feuer verbrennen. Das haben sie getan, eine Generation nach der nächsten.«
Nival ließ den Kopf hängen. » Dabei dachte ich schon, ich wäre dem Geheimnis auf der Spur, das uns retten kann.«
» Gah Ran hatte gehofft, hier einen Hinweis darauf zu finden, wie man die Schuppe einsetzt, welche Art von Zauber sein Volk erlösen kann. Dafür sollte mein Vater herkommen. Gibt es irgendeinen Hinweis in diese Richtung?«
» Die Wände sind voller Geschichten und Bilder«, sagte Nival. » Über die Schöpfung, über die Götter, über die Verwandlung, über das Mondlicht. Die Drachen haben sich nicht gern mit Flüchen und dunklen Geheimnissen beschäftigt, scheint mir.«
Aber sie wollte die Hoffnung nicht aufgeben. » Wir könnten Binia immer noch retten, wenn wir ihm etwas Wertvolles anbieten.«
» Das glaubst du doch nicht wirklich«, sprach Nival ihre eigene
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