Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
nachzusehen.«
» Er ist ein Zauberer, wisst ihr das nicht? Vielleicht ist er davongeflogen.«
Sie redeten noch eine Weile, dann wurde es still. Rineks Aufmerksamkeit wandte sich dem Fenster zu, vor dem er hing. Durch die Scheiben blickte er in einen Raum, der verlassen schien. Er beugte sich nach vorne, um Schwung zu holen, stieß sich ab und ließ in dem Moment die Mauer los, als er nach vorne flog.
Klirrend durchbrach er das Fenster und landete auf einem angenehm weichen Teppich. Rinek klopfte sich die Scherben vom Mantel und sah sich um. Der Ausstattung nach musste es sich um das Zimmer eines hochrangigen Fürsten handeln, doch da es keine schennischen Adligen mehr im Schloss gab, stand es leer. Er huschte an die Tür. Bevor er sie öffnete, holte er die Schuppe aus seiner Tasche und belegte sie mit dem Richtungszauber, den er um den Namen » König Pivellius« ergänzte – und um den Zauber, nicht gesehen zu werden. Dieser dreifache Zauber war stärker als erwartet, musste er sich eingestehen, als ihn der Schmerz wie ein Blitzschlag traf und fast in die Knie zwang. Sein Mund brannte wie Feuer, und mit Sehnsucht dachte er an die schlichten Kräuter im Zauberhaus.
» Na los«, flüsterte er, » bezwingen wir auch diesen Drachen, bevor er sich brennend in meinem Herzen niederlässt. Wo ist der König?«
Er hielt die Schuppe vor sich und folgte ihrem leichten Zug. Wenn er Glück hatte, würde sie ihn aus dem Schloss bringen, ohne dass er Soldaten begegnete, und bei noch größerem Glück traf er Sion draußen. Ihre Verfolger musste sie bereits abgehängt haben, denn er verspürte keine Angst um sie.
Leise schlich er über den Gang. Wenn er sich nicht irrte, musste irgendwo eine verborgene Tür zu dem Geheimgang führen, doch die Schuppe leitete ihn daran vorbei. Sie schien nicht die Absicht zu haben, ihn aus dem Schloss hinauszuführen, und er hoffte bloß, dass er den Zauber nicht versehentlich auf Scharech-Par ausgerichtet hatte. Er hatte den alten König zwar beim Namen genannt, aber diese Art von Zauber schien wie dafür geschaffen, alles misszuverstehen. Vor dem neuen König zu landen, das hätte ihm gerade noch gefehlt!
Ob Zaubern ähnlich war, wie mit einem Drachen zu streiten? Der einen irgendwie hereinlegen wollte, verschlagen und grimmig, der freundlich tat und darauf lauerte, einen zu Asche zu verbrennen? Rineks Gaumen fühlte sich jedenfalls so an. Der bittere Geschmack in seinem Mund erinnerte ihn daran, womit er sich hier angelegt hatte. Zu zaubern bedeutete nicht, mächtig zu sein, die Welt zu beherrschen. Es hieß nur, dass man sich mit Dingen umgab, die man weder verstand noch im Griff hatte. Trotzdem folgte er dem Ziehen in seiner Hand. Um die Ecke, eine Treppe hinauf, eine weitere … immer höher, immer weiter weg vom Eingang.
Als würde ihn jemand Unsichtbares an der Hand nehmen, zerrte ihn die Kraft in eine Nische; kurz darauf marschierten ein paar Wachen vorbei. Danach ging es sofort weiter, und schließlich stand Rinek vor einer mit goldenen Ornamenten verzierten Holztür.
» Na wunderbar«, flüsterte er. » Wenn ich sie öffne, steht bestimmt Scharech-Par dahinter und lacht sich eins. Er und seine verdammte Zauberin. Direkt in die Höhle des Drachen.«
Aber vielleicht auch nicht. Wenn er die Tür nicht aufmachte, würde er es nie erfahren. Vorsichtig legte er das Ohr ans Schlüsselloch und erstarrte. Jemand war drinnen, er hörte gedämpftes Gemurmel.
Nun denn. Sehen wir einfach mal nach, welches Untier dort lauert. Rineks Herz klopfte schneller, als er die Hand an den Griff legte und die Tür aufschob.
Ein großes, luxuriös ausgestattetes Zimmer. Ein Himmelbett, üppig mit Kissen versehene Sofas und Matten. Ein Tisch mit einer Schale voll erlesener Speisen.
Ein Käfig inmitten all dieser Herrlichkeiten, vergoldete Stäbe, ein Käfig für ein seltenes Haustier, vielleicht einen prächtigen bunten Vogel oder eine Katze mit seidigem Fell. Doch darin saß ein Mann, den Rinek zu seiner Verblüffung erkannte.
» Prinz Arian!«
Der junge Mann hinter dem Gitter verzog unwillig das Gesicht. » Wer seid Ihr? Noch einer von Scharech-Pars Handlangern? Hat er nicht alle Schenner getötet und vertrieben?«
Rinek eilte auf den Käfig zu, als etwas ihn festhielt.
» Nicht«, raunte ihm eine Stimme ins Ohr.
» König Pivellius? Ihr hier? Euch suche ich gerade.«
» Du kennst diesen Mann, Vater?«
» Ein Zauberer«, erklärte die Stimme des Königs. » Er ist auf unserer Seite.«
»
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