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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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fehl.
    »Hör mal, Sennar, was ist denn mit dir los?«, fragte sie schließlich.
    »Freust du dich eigentlich, dass ich gekommen bin?«
    »Du stellst Fragen. Natürlich freue ich mich.«
    »Wir haben uns so lange nicht gesehen, und ... Ach, ich weiß nicht, Nihal. Ich spüre einfach, dass du mich nicht mehr brauchst.«
    Bitterkeit lag in der Stimme des Magiers. Nihal blieb stehen. »Was meinst du denn damit?«
    »Damit meine ich, dass du eigentlich niemanden mehr brauchst. Du hast für dich einen Lebensstil gefunden, in dem andere keine Bedeutung mehr für dich haben, und ich weiß nicht, ob mir diese Haltung gefällt. Nein, ehrlich gesagt, gefällt sie mir gar nicht.« Nihal blickte ihn kühl an. »Wie ich lebe, ist doch allein meine Sache. Oder glaubst du nicht?«
    »Nein, dein Leben ist nicht allein deine Sache. Es ist auch meine Sache und die all derer, die dich gern haben. Ich erkenne dich nicht wieder, Nihal.«
    Wie eine Ohrfeige trafen Nihal diese Worte, und sie spürte, wie der Ärger in ihr hochkochte. »Was ist denn in dich gefahren? Was redest du da bloß? Was habt ihr eigentlich alle gegen mich? ›Du darfst nicht nassem, ›so kann das nicht weitergehen‹, »ich erkenne dich nicht wieder‹! So geht das die ganze Zeit. Aber steckst du vielleicht in meinem Kopf? Weißt du, was ich denke, was ich fühle? Nein. Deswegen sei lieber still und rede nicht von Dingen, von denen du keine Ahnung hast!« Es entstand ein langes Schweigen. Schließlich erklärte Sennar, ohne sie anzublicken: »Ich muss auf eine Reise gehen. Und ich weiß nicht, wann ich zurückkehren werde.« »Und wo musst du diesmal hin?«, fragte sie leise.
    »In die Untergetauchte Welt, um Verstärkung zu erbitten.«
    Nihal brauchte eine Weile, bis sie begriff, wovon Sennar da überhaupt sprach. »Meinst du den vergessenen Kontinent?«
    »Ja.«
    »Und warum ausgerechnet du?«
    »Weil der Vorschlag von mir kam.«
    »Ich verstehe.« Nihal stieß einen Stein am Boden fort. »Nun gut. Tu, was du nicht lassen kannst«, und mit diesen Worten drehte sie sich um und hielt mit großen Schritten auf die Stallungen zu.
    Wie oft hatte sie diese Situation schon erlebt! Tausende Male, so schien es ihr. Vielleicht war es ihr Schicksal, dass sie alle fortgehen sah, an denen ihr Herz hing. Sennar lief ihr nach, ergriff ihren Arm und zwang sie, sich zu ihm umzudrehen. »Zeig doch endlich einmal, was du wirklich denkst«, schrie er los. »Beschimpf mich, explodiere. Tu irgendwas, verflucht noch mal! Sag mir, dass ich nicht gehen soll. Zeig mir, dass du noch ein lebendes Wesen bist und kein Schwert!«
    Nihal entwand sich seinem Griff. Das Blut pochte in ihren Schläfen. Und sie ließ sich keine Zeit, auch nur einen Moment nachzudenken. Impulsiv handelte sie - wie in der Schlacht. Ihre Hand fuhr zum Schwert, sie zog blank, und schon im nächsten Augenblick zeichnete ein langer roter Streifen Sennars Wange.
    Für einen Augenblick schien die Zeit stehen zu bleiben. Auch das Blut trat nicht sofort aus der Wunde, sondern es dauerte ein wenig, bis es in einem einzigen Tropfen vom Gesicht des Magiers zu Boden rann.
    Zum ersten Mal, seit sie kämpfte, fiel Nihal das Schwert aus der Hand. Sie hatte Sennar verletzt, jenen Menschen, der ihr unzählige Male geholfen, der sie beschützt, gepflegt und geheilt hatte. Sennar, der Letzte, der ihr geblieben war, der Einzige, der sie verstand, ihr Freund. »Sennar ... ich ...«
    Der Magier lächelte verbittert. »Nun gut. So reise ich eben mit einem Andenken von dir, das mir immer erhalten bleiben wird.« Er betastete den Schnitt. »Beginn endlich wieder zu leben, Nihal. Tu es für dich. Oder meinetwegen auch für Fen, der nicht mehr da ist und den du wohl immer noch liebst.«
    Ohne sich noch einmal umzudrehen, ging Sennar davon. Zum ersten Mal seit dem Tod seines Vaters weinte er.
    Nihal wusste nicht, wie lange sie dort schon stand - auf diesem Kiesweg, wie versteinert - und auf Sennars Blut an der Klinge ihres Schwertes starrte. Ihr war, als habe sie keine Kraft mehr, sich zu rühren.
    Es war Ido, der sie aus der Erstarrung riss. »Wo hast du denn wieder gesteckt? Jetzt komm, es wird bereits dunkel.«
    Nihal folgte ihm, nahm ihr Abendessen ein und ging zu Bett.
    Lange starrte sie zur Decke und fand keinen Schlaf. Dann spürte sie eine eigenartig gedämpfte Stille und trat ans Fenster. Es schneite.
    Weitere zwei Wochen lang nahmen sie ihr Training nicht wieder auf. In den ersten Tagen war es Nihal ganz recht so. Seit Sennars Abreise

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