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Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht

Titel: Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Körper schmerzte, und besonders sein Rücken brannte. Er hob die Arme und stellte fest, dass sie fast bis zu den Schultern verbunden waren: Offenbar hatte Vrasta sich darum gekümmert. Er drehte den Kopf und sah, dass der Fammin neben ihm lag und ihn anblickte. Er bedachte ihn mit einem dankbaren Lächeln.
    »Wenn du willst, führe ich dich zu deinen Freunden«, sagte Vrasta.
    »Die sind zwei Tage vor mir von zu Hause aufgebrochen, und ich habe keine Ahnung, wo wir sie finden könnten«, antwortete Laio.
    »Ich habe eine gute Spürnase. Hast du vielleicht irgendetwas dabei, das sie öfter berührt haben ...«
    Laio war noch sehr mitgenommen und hatte Mühe, seine Gedanken zu ordnen, und so dauerte es etwas, bis ihm der Geldbeutel einfiel. Nihal hatte ihn auf der Reise häufiger in der Hand gehabt. Als er sich aufrichten wollte, um ihn hervorzuholen, durchfuhr ein stechender Schmerz seinen ganzen Körper.
    Vrasta beugte sich mitfühlend zu ihm vor. »Tut's sehr weh?«
    »Ich habe einen Beutel dabei, den auch meine Freundin benutzte, aber ich komme jetzt nicht dran. Er steckt unter meinem Wams.«
    Vrasta nickte, so als wisse er davon.
    Da fiel Laio Nihals Brief wieder ein, und er schalt sich einen Dummkopf. Wenn Vrasta von dem Beutel wusste, hatte er auch von dem Pergament gehört. Es lag auf der Hand, dass man ihn durchsucht und beides bei ihm gefunden hatte. Wahrscheinlich ahnte der Anführer, der ihn foltern ließ, eben durch Nihals Brief, dass weitere Feinde in das Land der Tage eingedrungen waren.
    Vorsichtig betastete Vrasta nun Laios Oberkörper und holte den Beutel hervor. Er war leer und voller Blutflecke. Der Fammin roch daran und schnüffelte dann in der Luft. »Hier sind sie wohl nicht vorbeigekommen. Das wird keine einfache Suche werden«, stellte er fest.
    Den Morgen über ruhten sie sich noch aus, denn Laio war zu schwach, um weiterzuziehen. Vrasta versorgte noch einmal seine Wunden, suchte Wasser für ihn und brachte ihm zu essen, war beflissen und lächelte stets. Schließlich machten sie sich auf den Weg.
    Solange sie unterwegs waren, trug Vrasta Laio auf den Schultern. Der Fammin hatte flinke Beine und einen ausgezeichneten Geruchssinn, und beides kam ihnen bei der Suche nach Spuren von Nihal und Sennar sehr gelegen. Im Laufschritt durchmaß er die unermessliche Weite der trostlosen Ebene und rastete nur, um Laio zu versorgen, ihm zu essen und zu trinken zu geben. Immer häufiger plauderte der Junge nun mit dem Fammin im liebevollen Ton eines älteren Bruders. Eines Abends erzählte er ihm von Nihal, von der Armee, von seinem Leben. »Ich bin froh, dass ich unter der Folter geschwiegen habe«, erklärte er zum Schluss.
    »Hättest du geredet, wärest du nicht so misshandelt worden«, antwortete Vrasta. »Aber ich hätte meine Freunde verraten, und es gibt nichts Schlimmeres als Verrat.« »Was bedeutet das, ›Verrat‹?«
    »Das ist so wie Lügen, man verspricht eine Sache und tut dann das Gegenteil. Meine Freunde wissen, dass sie sich auf mich verlassen können, dass sie, komme, was wolle, nie etwas Böses von mir zu erwarten haben. Freunden gegenüber muss man immer ehrlich sein.«
    Vrasta versetzte es einen Stich, und er begann zu verstehen: War er tatsächlich Laios Freund, durfte er keinesfalls tun, was er im Schilde führte. Seit Tagen wurde der Fammin immer wieder von Gefühlen überwältigt, die er nicht kannte und nicht einordnen konnte.
    Bevor er Laio kennengelernt hatte, hatte Vrasta noch nicht einmal gewusst, was Worte wie »Freundschaft« oder »Wohlergehen« bedeuteten. Kämpfen war sein einziger Lebensinhalt gewesen. Mit unzähligen Gefangenen hatte er schon zu tun gehabt, und der eine oder andere war auch von ihm gefoltert worden. Dabei hatte er weder Freude noch Schmerz empfunden: Man hatte es ihm befohlen, und kein Fammin konnte sich einem Befehl widersetzen.
    Nun aber begann er zu verstehen, dass es neben seinen Pflichten, denen er sich nicht entziehen konnte, noch eine andere Welt gab, ein Leben, das sich ihm öffnete und das aus unzähligen verschiedenen Gefühlen und Empfindungen bestand, mit denen er jetzt erst in Berührung kam und die ihn neugierig machten, auch wenn sie unangenehm oder schmerzhaft waren. Jetzt erinnerte er sich wieder, was einmal ein Verirr-ter, den er hatte hinrichten müssen, zu ihm gesagt hatte. »Wünschst du dir denn nie, einfach nur zu leben? Das zu tun, was du tun willst?« Vrasta hatte nicht verstanden, was er meinte, denn er wusste nicht, was

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