Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
mag als andere. Du magst es doch, mir den Rücken einzureiben, oder? Mir kommt es jedenfalls so vor.«
»Ja, vielleicht.«
»Ich tue es wirklich für jemanden«, gestand Laio eines Abends im Fieberwahn dem Fammin. »Der Mann, der mich foltert, hat Recht: So etwas tut man nur, um jemanden zu schützen.«
»Und für wen tust du das?«, wollte Vrasta wissen. »Für eine Freundin. An ihr liegt mir mehr als an jedem anderen auf der Welt.«
»Was ist eine Freundin?«
»Das ist jemand, ohne den du nicht sein willst, jemand, dem du zugetan bist, bei dem es dir gut geht«, erklärte Laio und stöhnte im Fieber.
»Dann bist du mein Freund«, erklärte Vrasta.
Obwohl ihm das niemand befohlen hatte, blieb der Fammin die ganze Nacht über bei ihm.
Mehrmals sprach Laio in seiner Gegenwart von Nihal und Sennar - und wurde dabei von denen gehört, die ihn niemals hätten hören dürfen.
Am nächsten Morgen bestellte der Anführer Vrasta zu sich. »Ich möchte, dass du den Gefangenen entkommen lässt.«
Vrasta fragte sich nicht nach dem Sinn dieser Aufforderung: Es war ein Befehl, und einem Befehl konnte sich kein Fammin widersetzen.
»Du erzählst ihm, dass du ihn zu seinen Freunden begleiten willst. Auf diese Weise lässt du dich zu ihnen führen, und wenn ihr sie gefunden habt, tötest du sie.« Schweigend stand der Fammin da, zum ersten Mal in seinem Leben von Zweifeln geplagt. Er spürte, dass er Laio nicht töten wollte. Laio war ja sein erster Freund, und für seine Freunde war man zu großen Taten bereit, und ganz gewiss tötete man sie nicht. »Was zur Hölle ist los mit dir?«, fragte der Mann, nachdem er ihn aufmerksam gemustert hatte. »Du willst mir doch wohl nicht erzählen, dass du nicht mehr töten willst? Bist du jetzt auch schon so ein Verirrter?«
»Nein, nein, ich werde tun, was Ihr verlangt«, antwortete Vrasta. Es war ein Befehl, und über einen Befehl diskutierte man nicht.
Der Mann entspannte sich auf seinem Stuhl. »Mach ihm vor, dass du ihm helfen willst. Das ist ein Grünschnabel, der wird drauf reinfallen. Und lass ihn am Leben, solange er dich nicht zu seinen Freunden geführt hat. Und danach machst du ihn kalt.« Vrasta spürte, wie sich sein Magen unangenehm zusammenzog, antwortete aber noch einmal, dass er gehorchen werde.
Dieses unangenehme Gefühl war noch nicht gewichen, als der Fammin später, es war bereits dunkel, Laios Zelle betrat. Er öffnete die Tür und sah, dass Laio mit den Armen an der Wand aufgehängt war, der Kopf war ihm auf die Brust gesunken. Man hatte ihn wieder gefoltert. Der Anführer hatte Vrasta auftragen, den Gefangenen erst nach Sonnenuntergang aufzusuchen und dann vorsichtig hinauszubringen, damit dieser wirklich den Eindruck habe, dass alles heimlich vor sich gehe.
Vrasta trat auf Laio zu und schüttelte ihn. Der Junge öffnete die Augen, und seine Miene hellte sich auf, als er den Fammin erblickte.
»Kommst du mich behandeln?«
Der Druck, der Vrasta auf dem Magen gelegen hatte, war hinaufgewandert und schnürte ihm jetzt die Kehle zu. Der Fammin fragte sich, was das für ein eigenartiges Gefühl sein mochte, das er noch nie verspürt hatte, zögerte aber nicht: Er erzählte Laio genau das, was sein Anführer ihm aufgetragen hatte.
»Ich lasse dich raus.« Mit diesen Worten löste er die Eisen, mit denen Laio an die Wand gekettet war. Der Junge blickte ihn ungläubig an.
»Hat man dir das befohlen?«, fragte er.
Vrasta war verblüfft. »Nein, es ist mein Wille«, erklärte er schließlich. In gewisser Hinsicht stimmte das sogar. Er wollte, dass es Laio gut ging, dass man ihn nicht länger quälte, und draußen würde er nicht mehr leiden müssen.
»Wenn du das tust, wird man dich töten«, sagte Laio. Er nahm den freien Arm herunter. »Lass es lieber sein.«
Der Fammin war überrascht. Das hatte der Anführer nicht vorhergesehen. »Aber ich komme mit dir und helfe dir, deine Freundin zu finden. Mir wird nichts geschehen.« Da willigte Laio ein. Vrasta befreite ihn von den Ketten, ließ ihn in einen Sack schlüpfen, lud ihn sich auf die Schulter und machte sich auf den Weg hinaus aus dem Kerker. Er tat alles so, wie sein Anführer es ihm aufgetragen hatte, schlich an den Mauern entlang und blickte sich immer wieder verstohlen um. Dabei waren seine Bemühungen überflüssig, denn der Junge auf seinen Schultern war friedlich eingeschlafen.
Als Laio am folgenden Morgen erwachte, lehnte er an einem Baum und blinzelte im grellen Tageslicht. Sein ganzer
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