Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
ihre erste Schlacht erlebten und schlagartig erwachsen wurden.
Idos Geschichte hatte sich nach Dolas Tod im militärischen Umfeld herumgesprochen, und so wurde er nun gleich aus zwei Gründen abgelehnt: Er war nicht nur ein Gnom, sondern auch ein ehemaliger Feind. Der kurze Gang an Parsels Seite durch die Flure der Akademie bestätigte nur die schlechten Erinnerungen, die er mit diesem Ort verband. Wer immer ihm auch entgegenkam, jeder blickte ihn argwöhnisch an. Parsel zeigte ihm seine Unterkunft für die folgenden Wochen, ein kleine, spartanisch eingerichtete Kammer. Das wenige Licht fiel durch ein schmales Fensterchen gleich unter der Decke. Ido fühlte sich an die Zelle erinnert, in der er gefangen saß, nachdem er sich vom Tyrannen losgesagt und sein Schicksal in die Hände des Rates gelegt hatte. Und er meinte zu ersticken.
»Etwas Besseres war nicht frei«, erklärte Parsel trocken.
Ido riss sich zusammen. »Immer noch komfortabler als die Zelte, an die ich gewöhnt bin.«
Kurz besprachen sie die Aufgaben, die auf sie warteten, dann verabschiedete sich Parsel bis zum nächsten Tag, an dem sie mit der Auswahl der Schüler beginnen würden, und ging hinaus.
Es dauerte nicht lange, bis Ido auch der zweite Grund wieder klar wurde, weswegen er sich nicht gern in der Akademie aufhielt. Jemand pochte an der Tür, und gleich darauf humpelte Malerba über die Schwelle.
Ido wollte ihn gar nicht anschauen. Als er ihn zum ersten Mal gesehen hatte, war ihm der Schreck in die Glieder gefahren. Er wusste damals nichts von der Geschichte dieses Geschöpfs, aber ein Blick genügte, um zu wissen, dass er ein Gnom und gefoltert worden war. Und Ido hatte gespürt, wie sehr er ihm, unter seiner deformierten Gestalt, eigentlich ähnlich war, und der Zorn übermannte ihn. Er dachte an sein Volk, das man so schwer misshandelte, an die Labore, in denen sie als Versuchstiere gehalten wurden für die Experimente des Tyrannen. Anstatt seinem Volk zu helfen, hatte er zwanzig Jahre lang dessen Pläne unterstützt, hatte sich nicht daran gestört, dass seine Brüder und Schwestern in den Verliesen der Tyrannenfeste gefoltert wurden. Dieser Gedanke war unerträglich, und ebenso unerträglich war folglich die Gesellschaft dieses verunstalteten Geschöpfs. Als er Ido erblickte, lächelte Malerba mit seinem zahnlosen Mund. Vielleicht spürte er in seinem verwirrten Hirn, dass sie beide etwas verband. »Der große Krieger ...« Ido drehte sich von ihm weg. »Ja, ja, der große Krieger ... Erledige, was du zu erledigen hast, und dann geh.«
Er hörte Malerbas helles Lachen, dem eines glücklichen Kindes ähnlich, und einige hingenuschelte sinnlose Worte. Dann kam das bedauernswerte Geschöpf näher und streichelte Ido über den Arm.
»Ich auf dich gewartet ... schön ... schön ... froh ... Der große Krieger ...« Ido entzog sich der Berührung. Er wusste, wie herzlos er sich verhielt, doch Malerbas Nähe schmerzte ihn zu sehr. »Schon gut, danke. Aber geh jetzt.«
Rückwärts tapsend, die Augen auf Ido gerichtet, verließ Malerba die Kammer und schloss die Tür hinter sich.
Ido ließ den Blick über die kahlen Wände des Raumes wandern, die einfache Pritsche, während durch das schmale Fensterchen undeutlich Lärm und Stimmengewirr aus Makrat zu ihm drangen. Das kann ja heiter werden...
Am nächsten Morgen begann die Arbeit. Parsel persönlich kam ihn zu früher Stunde wecken.
»Ich dachte, du wärest schon auf den Beinen. Je eher wir die Sache hinter uns bringen, desto besser für alle«, klagte der Fechtlehrer.
Es hat schlecht begonnen und wird noch schlimmer enden...
Eilig zog sich Ido an und machte sich fertig. Das Frühstück ließ er ausfallen - Parsels spitze Bemerkung hatte ihm ohnehin den Appetit verdorben - und ging gleich in die Arena hinunter.
Parsel wartete bereits. Aus dem morgendlichen Dunst tauchten die Gestalten von rund dreihundert Jungen auf, gut die Hälfte der Schülerschaft der Akademie also. Es war, vom Alter und Aussehen her, ein recht ungleicher Haufen, und Ido hatte den Verdacht, dass man sie nicht nach ihrer Ausbildungszeit gewählt, sondern nach dem Zufallsprinzip herausgepickt hatte.
»Hast du sie ausgesucht?«, fragte er Parsel.
Der Lehrer schüttelte den Kopf. »Von meinen Schülern ist gerade mal ein Dutzend dabei, die anderen wurden von ihren jeweiligen Lehrern geschickt.«
Ido schnaubte. Da deutete sich eine langwierige, eintönige Arbeit an.
Ido und Parsel teilten die Jungen auf und
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