Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
du nicht den Mut dazu? Los, sag's mir ins Gesicht.« Der gesamte Speisesaal verstummte.
Einen Augenblick schien der Junge verunsichert, dann setzte er eine entschlossene Miene auf. »Ich habe gesagt, dass es ein Fehler war, mich durchfallen zu lassen«, erklärte er arrogant. Sein Freund stieß ihn mit dem Ellbogen an, doch er ignorierte es. Ido lächelte. »So, so, du weißt also besser als ich, der ich seit vierzig Jahren Soldat bin, was einen guten Krieger auszeichnet.«
»Jedenfalls wird ein mittelmäßiger Krieger durch lange Erfahrung auch nicht besser.« An einem Nebentisch sprang einer der Lehrer auf.
»Dohor! Was fällt dir ein, so mit einem Vorgesetzten zu sprechen?!«
»Lasst nur, soll sich das Bürschlein doch erst mal Luft machen«, antwortete Ido, immer noch mit einem Lächeln, und wandte sich dann wieder an Dohor. »Du solltest dir deinen Mut lieber für später aufsparen, wenn du mal in die Schlacht ziehst, und nicht dazu benutzen, um hier den Maulhelden zu spielen.«
Dohor sprang auf. »Ich bin kein Maulheld! Ich weiß, was ich kann und dass ich sofort für eine Schlacht bereit wäre. Alle hier in diesem Raum können bestätigen, dass ich der Beste meiner Klasse bin, alle wissen, wie gut ich mit dem Schwert umgehe, und alle hier denken, was ich auch denke: dass es einfach unwürdig ist, von einem wie Euch beurteilt zu werden.«
Die Stille wurde immer bedrückender.
»Dieser Ton ist nicht mehr zu entschuldigen«, mischte sich wieder der Lehrer von vorhin mit tönender Stimme ein.
»Vielen Dank, aber ich komme schon allein zurecht«, bremste ihn Ido, immer noch gelassen. Er wandte den Blick wieder Dohor zu. »Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt am ersten Tag, als ich mich euch vorstellte: Ich kann nichts anfangen mit Burschen wie dir, mit Höflingen, die wie mit dem Lehrbuch in der Hand kämpfen, den Kopf voller hirnrissiger Ideen über Ehre, Duelle und so weiter. Aber jetzt sehe ich, dass du dümmer bist, als ich dachte. Du traust meinem Urteil nicht? In Ordnung, soll mir niemand nachsagen, ich könne mich keines Besseren belehren lassen. Nimm deine Waffe und komm mit.« Der Junge rührte sich nicht.
»Hast du nicht gehört? Wir gehen raus in die Arena, und dort kannst du mir zeigen, was du drauf hast.«
Dohor schaute hilfesuchend zu seinem Lehrer, der mit den Kollegen am Tisch saß. Doch der warf ihm nur einen ratlosen Blick zu.
Es war Parsel, der nun einschritt. »Hör mal, Ido, keine Frage, der Junge hat es dir gegenüber an Respekt fehlen lassen und soll dafür bestraft werden. Aber lass es dabei bewenden, begib dich nicht auf sein Niveau ...«
»Ich begebe mich nicht auf sein Niveau«, erwiderte Ido gereizt. »Er will eine zweite Chance, und die soll er haben. Wenn er wirklich so ein fantastischer Kämpfer ist, soll er mit mir rauskommen. Noch besser, kommt alle mit hinaus und bildet euch selbst ein Urteil.« Er blickte wieder zu Dohor. »Ich erwarte dich in zehn Minuten in der Arena.« Damit verließ er den Speisesaal und begab sich in seine Kammer, um sein Schwert zu holen.
Während er die verlassenen Flure entlangging, fühlte er sich weder zornig noch beleidigt. Er war ruhig, vielleicht auch ein wenig betrübt. Selbst wenn er bis zu seinem Lebensende an der Seite dieser Leute kämpfte, würde das nicht genügen, um ihren Respekt zu gewinnen.
In weniger als zehn Minuten war er wieder unten. Die Arena war schon gut gefüllt, nur Dohor ließ auf sich warten.
Schließlich erschien er, das Gesicht bleich wie ein Leintuch. Er trug ein ledernes Wams, und seitlich am Gürtel baumelte ein Schwert, das wie das klassische Familienerbstück aussah. Ido hatte ihn richtig eingeschätzt: das verzogene Söhnchen irgendeines dünkelhaften Kommandanten.
Noch ein letztes Mal versuchte Parsel zu vermitteln. »Ido, du machst dich doch nur lächerlich ... Ich meine, er ist doch nur ein Junge, der zu weit gegangen ist, mehr nicht. Die anderen Lehrer sind auch befremdet ob deines seltsamen Vorhabens.«
»Hätte er das bei einem von euch gewagt, wärt ihr alle einverstanden und würdet noch von einer gelungenen Erziehungsmethode sprechen. Erspar mir also deine Moralpredigt, du weißt genau, dass ich im Recht bin. Und ebenso gut weißt du, dass es hier nicht nur um einen kleinen Jungen geht, der es zu weit getrieben hat.« Parsel schwieg und verkniff sich weitere Einwände.
Der Schüler nahm in der Mitte der Arena Aufstellung und blieb dort wie angewurzelt stehen.
»Nun, was ist? Willst du
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