Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Entfernung zu den Männern niedergelassen und beobachteten schweigend das Gelage. Der Narbige trank nur wenig. Er achtete streng darauf, dass er sich jederzeit im Griff hatte und seine Wachsamkeit niemals nachließ. Doch die durchwachten Nächte, die in letzter Zeit immer häufiger wurden, zehrten langsam an ihm. Er gähnte herzhaft und stemmte sich dann von seinem Hocker hoch. Gebieterisch winkte er dem Magier, der den ganzen Abend noch kein Wort gesprochen hatte. Die Lippen wie üblich zu einer säuerlichen Miene zusammengepresst, folgte Refos dem Narbigen. Sie durchquerten die achteckige Haupthalle und wandten sich dann einem hell erleuchteten Gang zu, der sie in das Arbeitszimmer des Piratenkapitäns führte. Sie beugten sich über eine Karte und besprachen leise die Vorbereitungen, die für die erwartete Karawane noch getroffen werden mussten.
Die Geführten verbargen die verräterisch glühenden Stäbe in ihren Rucksäcken und näherten sich leise dem Licht, das aus einer angrenzenden Höhle schimmerte. Vor einem Stapel Kisten saßen zwei Männer im Schein einer Laterne, einen Krug mit Wein vor sich auf dem Boden. Die Säbel lehnten achtlos an einer Kiste. Sie waren völlig in ihr Kartenspiel vertieft und bemerkten nichts von der sich nähernden Gefahr.
Cay gab Seradir ein Zeichen. Sie stürzten sich auf die völlig überraschten Männer, die viel zu lange zögerten, um noch eine Chance zur Gegenwehr zu haben. Cay traf den größeren der beiden mit einem Faustschlag ins Gesicht, so dass er, ohne einen Laut von sich zu geben, zusammenbrach. Seradir machte sich über den zweiten Mann her. Auch er brauchte nur wenige Augenblicke, um den Piratenniederzuringen. Er lag schon am Boden, als es ihm gelang, seinen Gürtel zu erreichen und ein Messer zu ziehen. Ibis schnellte vor und landete mit ihrem Schuh auf dem Arm des am Boden Liegenden. Knirschend brach der Knochen, und mit einem Schmerzensschrei ließ der Pirat das Messer fallen. Kurz darauf waren beide gefesselt und geknebelt.
»Wo ist eigentlich Thunin?«, fragte Rolana plötzlich und sah sich suchend um. Lahryn holte seinen Leuchtstab aus dem Rucksack und wollte schon zum Wasser zurückeilen, da trat der Zwerg in den Lichtschein. Nur in Strümpfen, die tropfenden Stiefel in der Hand, sah er die Gefährten vorwurfsvoll an.
»Könnt ihr nicht wenigstens warten, bis ich mir die Stiefel ausgeleert habe?« Sein Blick fiel auf die beiden Gefesselten am Boden. »Wie ich sehe, seid ihr auch ohne mich zurechtgekommen.« Kopfschüttelnd zwängte er seine Füße wieder in das durchweichte Leder.
Die Gefährten untersuchten sorgfältig die verschiedenen miteinander verbundenen Höhlenräume. Es gab Kammern mit nassen und trockenen Kleidungsstücken, merkwürdige Metallsohlen, die man sich unter die Schuhe binden konnte, noch mehr Pulver zum Atmen, Leuchtstäbe und Fackeln, Laternen, Öl, Seile und allerlei Gerätschaften. In einer weiteren Höhle waren wieder Kisten aufgestapelt. Auf dem Boden fand Lahryn eine kleine metallische Dose. Vorsichtig öffnete er sie. Ratlos starrte er auf die zähe, silbrige Flüssigkeit.
»Was ist das?«, fragte Rolana interessiert.
»Wenn ich mich nicht ganz täusche, dann ist das Quecksilber«, antwortete der Magier, »doch ich kann mir nichtvorstellen, wozu man große Mengen davon gebrauchen könnte.« Er kam zu dem Schluss, dass die Kisten sicher etwas anderes enthalten hatten.
Sie gingen weiter. Hinter einer verschlossenen Tür fanden sie ein üppiges Vorratslager, dann kamen sie in eine Höhle, die wie ein prächtiges Gemach ausgestattet war, aber nirgends konnten sie auch nur eine Spur der Gräfin entdecken. Enttäuscht kehrten sie zum Steg zurück. Cay, Ibis und Seradir bogen gerade um die Ecke, als zwei Gestalten dem schwarzen Wasser entstiegen.
Geistesgegenwärtig riss Ibis ihren Dolch aus dem Stiefel und ließ ihn durch die Luft wirbeln. Ein Schrei erscholl. Seradir zog einen Pfeil aus dem Köcher und spannte die Sehne, doch bevor die Spitze ihr Ziel erreichen konnte, ließ sich der Pirat rücklings fallen. Der Pfeil klatschte wirkungslos ins Wasser.
Ibis stürzte hinter dem Fliehenden her. Zum Glück wirkte das Atempulver noch. Sobald sie ins Wasser eingetaucht war, konnte sie eine schattenhafte Gestalt sehen, die dem Ausgang der Grotte zustrebte. Halb gehend, halb schwimmend setzte sie ihm nach, doch schnell musste die Elbe einsehen, dass sie ihn in dem trägen Wasser nicht einholen konnte. Ibis hielt inne, nahm ihren
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