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Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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jede Orientierung verloren. Er irrt durch den Wald und schleppt sich Schritt für Schritt weiter, bis er zusammenbricht.
    Thunin hatte nie kämpfen wollen und alle Waffen verabscheut, doch hatte er eine Wahl gehabt? Seine Gedanken wanderten zu dem alten Mann, der ihn damals halb tot aufgelesen hatte. Es war Jahrzehnte her; Thunin wusste nicht mehr, wie viele.
    Das Erste, was sich den Weg durch seine benebelten Sinne bahnt, ist die gütige Stimme eines alten Menschen, der ihm ein bitteres Gebräu an die Lippen hält. Mit letzter Kraft dreht der Zwerg den Kopf weg.
    »Du bist mir ja ein störrischer kleiner Geselle! Willst wohl unbedingt sterben? Ich finde, dazu bist du entschieden zu jung, also trink!«
    Widerwillig schluckt Thunin. Als er die Lider öffnet, fällt sein Blick in ein Paar sanfte blaue Augen, die ihn über einem Gewirr aus weißem, krausem Haar freundlich ansehen. Das dazugehörende Gesicht ist in tiefe Furchen gelegt und von der Sonne gebräunt. Durch den schlohweißen Bart wirkt es noch dunkler. Das Haupthaar des alten Menschen ist zu einem sauberen Zopf geflochten.
    »Nun, mein kleiner Freund, was tust du so allein in der Wildnis?«
    Stockend erzählt Thunin seine Erlebnisse, und der Alte hört aufmerksam zu.
    »Du hast gut daran getan, der Natur zu vertrauen«, sagt er. »Die Natur und die Tiere sind ohne Arglist. Diese ist nur den menschlichen Rassen zu Eigen. Deshalb musst du lernen, dich zu verteidigen, und was noch viel wichtiger ist, lernen, die Gefahren rechtzeitig zu erkennen, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Ich habe lange gebraucht, um zu erkennen, dass die Tiere die treueren Freunde sind.«
    Er krault einen jungen Braunbären, der sich zu seinen Füßen zusammengerollt hat. Dann ruft er den Esel herbei, der in einiger Entfernung friedlich grast. Gehorsam kommt das Tier angetrottet.
    »Seit Jahren spreche ich nur noch mit meinen Tieren, und ich bin noch nie von ihnen enttäuscht worden.«
    »Du kannst mit den Tieren reden?«, fragt der Zwerg aufgeregt.
    »Warum denn nicht? Ich habe lange Zeit darauf verwendet, mir ihre Sprachen beizubringen.«
    Thunin sieht den alten Waldläufer mit großen Augen an. Schwerfällig erhebt sich der Mann und lächelt.
    »Komm mit mir, kleiner Zwerg. Du kannst bei mir bleiben, bis du wieder gesund bist, und ich glaube in dieser Zeit gibt es viele interessante Dinge für dich zu lernen.«
    Der alte Waldläufer schenkt Thunin ein neues Leben. Aus Tagen und Wochen werden Jahre, und der Alte findet Gefallen daran, den wissbegierigen Zwerg zu unterrichten. Er lehrt ihn den Umgang mit Tieren, das Überleben in der Natur, die Jagd, Lesen und Schreiben und die Sprachen der Menschen und Elben. Doch auch auf den Kampf bereitet er ihn vor. Bald sind Thunin Axt und Schwert, Dolch und Kriegshammer vertraut. Es ist eine glückliche Zeit. Zwölf Jahre lebt Thunin bei dem alten Waldläufer, dann begräbt er seinen Freund unter der großen Trauerweide, wo er jeden Abend gesessen hat, um über den stillen See hinauszusehen, dessen leuchtendes Grün sich im scheidenden Tag in samtiges Nachtblau verwandelt.
    Tagelang sitzt der Zwerg am Grab und weint. Er schläft sogar hier draußen. Auch der Bär rührt sich nicht vom Grab weg. Thunin kann die Trauer des Tieres spüren. Doch nach einer Woche verschwindet der Bär im Wald und kommt nicht wieder. Sind die Tiere klüger als die menschlichen Rassen? Mit schwerem Herzen packt der Zwerg sein Bündel und zieht weiter nach Osten. In sein Heimatdorf zurückzukehren kommt ihm nicht in den Sinn.
    Rolana blieb stehen. Wieder lag eine ganze Anzahl toter Mäuse und Ratten auf dem Boden. Beunruhigt kniete sie sich nieder und drehte eines der Tiere vorsichtig mit dem Dolch um, doch sie konnte nicht entdecken, woran es gestorben war. Die Priesterin grübelte noch über das Massensterben der kleinen Nager nach, als sich in ihrem Kopf alles zu drehen begann. Bunte Farben wirbelten vor ihren Augen, und ohne einen Laut von sich zu geben, sackte sie in sich zusammen.
    Thunin schreckte aus seiner Träumerei und beugte sich besorgt über die junge Frau. Auch er spürte den Schwindel, der ihn sogleich befiel. Der Zwerg hielt den Atem an und zerrte Rolana energisch hoch. Er lehnte sie gegen die Wand und stützte sie, damit sie nicht wieder in sich zusammensackte. Nur wenige Augenblicke später kam sie wieder zu sich. Ihr Gesicht hatte eine ungesunde, grünliche Färbung angenommen, sie hustete und würgte qualvoll und musste sich dann übergeben. Ihre Knie

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