Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
schnell rannte ich die Wendeltreppe zu den unteren Höhlen hinab. Als ich Sack um Sack der Kräuter und Wurzeln aufstapelte, die Desdra aufgelistet hatte, wandte er schüchtern ein, daß er solche Mengen niemals bis zur Heiler-Halle schleppen könne. Meine Stimme klang schrill, als ich nach einem Knecht rief. Sim schoß verängstigt herein und schaute mich mit großen ängstlichen Augen an, wohl in der Furcht, daß er etwas Wichtiges vergessen hatte.
Mühsam fand ich die Beherrschung wieder und entschuldigte mich bei dem Heiler für meine Gedankenlosigkeit. Vermutlich hätte ich einem zweiten Knecht befohlen, Sim und dem jungen Mann tragen zu helfen. Als ich jedoch den Küchentrakt betrat, entdeckte ich Anella, die Felim gebieterisch zu sich winkte. Ich wußte, wenn ich das Küchengewölbe betrat und dort mitansehen mußte, wie das raffinierte kleine Luder Burgherrin spielte, würde es zum offenen Streit kommen. So nahm ich einen Teil der Last und führte den Heiler-Lehrling und Sim durch einen Seitenausgang ins Freie. Kühle Nachmittagsluft hüllte mich ein und beruhigte mich, aber meine Begleiter hatten immer noch Mühe, meinen schnellen Schritten zu folgen.
Die Harfner-Halle befand sich in hellem Aufruhr, als ich dort anlangte. Von allen Seiten vernahm ich Rufe und Freudengeschrei. Ich konnte mir nicht denken, was diese Fröhlichkeit hervorrief, aber sie war ansteckend, und ich lächelte, ohne zu wissen warum, einfach erleichtert, daß hier gute Stimmung herrschte. Dann vernahm ich in dem Stimmengewirr einen vertrauten Bariton.
»Zwischen den beiden letzten Burgen erwischte mich dichter Nebel«, berichtete Meister Tirone, »und dann lahmte zu allem Pech noch mein Renner. Ich fing mir von der nächstbesten Weide ein frisches Tier - der Besitzer möge mir verzeihen - und ritt gerade los, als ich die erste Trommelbotschaft vernahm. Von dem Moment an legte ich keine einzige Rast mehr zum Essen oder Schlafen ein, Freunde.«
Er seufzte.
»Um den Weg abzukürzen, ritt ich über die Feuerhöhen herein. Deshalb höre ich jetzt erst, daß Baron Tolocamp Wachen aufgestellt hat, um uns am Betreten und Verlassen seines Herrschaftsgebietes zu hindern.«
Das war das erste, was ich von den Vorsichtsmaßnahmen meines Vaters erfuhr. Meister Tirones Stimme senkte sich zu einem vertraulichen Flüstern.
»Was bedeutet dieser Unfug von einem Internierungslager für alle Heiler und Harfner, die versuchen, mit den beiden Gildehallen von Fort Kontakt aufzunehmen? Wie sollen wir unsere Arbeit tun, wenn man unsere Bewegungsfreiheit derart einschränkt?«
Der Heiler warf mir einen bestürzten Blick zu, denn Tirone übte offen Kritik an Erbbaron Tolocamp. Ich tat, als hätte ich nichts gehört. Zum einen waren die Worte nicht für meine Ohren bestimmt gewesen. Zum anderen wollte ich nicht vor Fremden zugeben, daß ich das Verhalten meines Vaters widerwärtig und empörend fand.
Dann erschien Desdra auf der anderen Seite des Hofes. Ihre Züge hellten sich auf, als sie die Säcke sah, die wir anschleppten.
»Aber Lady Nerilka, es hätten kleinere Mengen gereicht, um uns aus dem gegenwärtigen Engpaß zu helfen…«
»Ich rate Ihnen, nehmen Sie, was Sie bekommen können, solange ich noch in der Lage bin, Sie zu unterstützen.«
Sie stellte keine Fragen, aber ich sah an ihren Blicken, daß sie verstanden hatte, was ich meinte.
»Ich wiederhole mein Angebot, die Kranken zu pflegen, wer und wo immer sie sein mögen«, sagte ich so ruhig wie möglich, während sie mir die schweren Säcke abnahm.
»Sie werden in der nächsten Zeit den Platz Ihrer Mutter einnehmen müssen, Lady Nerilka«, entgegnete sie leise und freundlich. In ihren tiefliegenden ausdruckslosen Augen war Mitgefühl zu lesen. Ich hatte einmal geglaubt, Desdra sei viel zu passiv und distanziert für ihren Beruf, aber inzwischen wußte ich, daß diese Einschätzung falsch war. Wie konnte ich ihr erklären, daß sie meine Lage völlig falsch beurteilte? Offenbar wußte man in den beiden Gildehallen noch nichts von Anellas Ankunft in Burg Fort.
»Wie geht es Meister Capiam?« fragte ich, ehe sie sich abwenden konnte.
»Er hat inzwischen die schlimmsten Stadien der Krankheit hinter sich.«
Trockener Humor schwang in Desdras Stimme mit, und ich entdeckte ein Blinzeln in ihren Augenwinkeln.
»Er ist viel zu eigensinnig zum Sterben und fest entschlossen, ein Heilmittel gegen die Seuche zu finden. Vielen Dank noch einmal, Lady Nerilka.«
Sie nickte mir zu, und ich trat den
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