Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
solle.
Frischgewaschen, in ordentlich aufgebügelten Ersatzkleidern präsentierte sich Jayge bei Meister Conwy, um seine Marken in Empfang zu nehmen. Zu seiner Überraschung verlangte der Meister noch einmal sein Empfehlungsschreiben und fügte Swackys Beurteilung eine zweite hinzu.
»Kann nichts schaden, einen Nachweis für Ehrlichkeit und Fleiß zu haben, wenn man ständig unterwegs ist.«
Dann führte Meister Conwy ihn die Treppe zum Burggebäude hinauf und in den Speisesaal, wo reger Betrieb herrschte. Aus den Küchengewölben drangen verlockende Düfte nach oben. Jayge nahm den ihm zugewiesenen Platz weit rechts zwischen Männern und Frauen im Gesellenrang ein, und Meister Conwy verließ ihn.
In einer Burg herrscht doch ein sündhafter Luxus, dachte Jayge, während er die sauber gestrichenen Wände, die tiefen Fensternischen und die brünierten Läden mit den eingeritzten Zeichnungen betrachtete. Der obere Teil der Wände war mit Fresken in leuchtenden Farben verziert, manche davon ziemlich alt, der Tracht der Gestalten nach zu schließen. In den ganz alten Burgen war es üblich, auch Konterfeis berühmter Burgherren, ihrer Frauen und hervorragender Handwerker an die Wände zu malen, einige ganz klein in den Ecken und andere so hoch oben, daß sie fast nicht zu sehen waren.
Jayge überlegte flüchtig, ob einige dieser Porträts wohl von Perschars Hand stammen könnten.
Er antwortete auf die höflichen Fragen, die man an ihn richtete, und ging unverbindlich auf den recht offenkundigen Annäherungsversuch einer hübschen Gesellin an seiner Seite ein, aber er hörte mehr zu, als selbst zu reden. Als die Suppe herumgereicht wurde - Jayge fühlte sich geschmeichelt, als man ihn zuerst bediente -, richtete die Gesellin es so ein, daß sie mit ihrem üppigen Busen seine Schulter streifte. Die Berührung erinnerte ihn daran, wie lange er schon allein unterwegs war.
Doch jeder Gedanke an eine belanglose Liebelei verflog beim ersten Blick auf die erhöht stehende Haupttafel und das schwarzhaarige Mädchen am rechten Rand.
Ein Pflegling also, erkannte Jayge, aber im Rang nicht hoch genug, um näher bei Bendens Burgherrn, seiner Frau und deren eigenen Kindern sitzen zu dürfen. Ihr dunkelbraunes Kleid mit dem tiefen Ausschnitt brachte ihre cremigweiße Haut gut zur Geltung. Sie lächelte oft, lachte selten und aß gesittet - und Jayge konnte den Blick nicht von ihr wenden.
»Sie ist nichts für deinesgleichen, Geselle«, flüsterte ihm seine Tischgenossin ins Ohr. »Sie ist für den Benden-Weyr bestimmt. Bei der nächsten Gegenüberstellung wird sie sicher eine Drachenkönigin für sich gewinnen.«
Jayge hatte angenommen, die Mädchen, die man bei der Suche entdeckte, würden sofort in den Weyr gebracht, aber vielleicht verhielt sich das bei Pfleglingen von Benden anders. Außerdem gab es in der Brutstätte im Moment kein Gelege, das wußte er.
»Sie war bei der Jagdgesellschaft, der ich unterwegs begegnet bin«, sagte Jayge beiläufig. Er bemühte sich, sie nicht mehr anzusehen, aber es gelang ihm nicht. Sie strahlte eine so wohltuende Frische aus, daß es ein Vergnügen war, ihre ruhigen Bewegungen beim Essen zu beobachten. Und sie war nichts für ihn. Er riß sich los und wandte sich lächelnd der Gesellin zu, die das Gespräch eifrig fortsetzte.
Jayge erschrak ein wenig, als er am nächsten Morgen als erstes dem schwarzhaarigen Mädchen begegnete.
Sie war in Fancys Stall, als er nach einem schnellen Frühstück dorthin kam, um Kesso zu satteln.
»Ich glaube, sie wird sich gut eingewöhnen«, sagte sie und lächelte Jayge sichtlich erleichtert an. »Meister Conwy sagt, sie hat auf dem weiten Weg vom Gestüt hierher keinen einzigen Kratzer abbekommen. Magst du alle Tiere? Oder nur Renner?«
Jayge hatte Mühe, eine passende Antwort zu finden, also lächelte er nur. Ja, dachte er, er hatte richtig gesehen, in ihren Zügen stand Traurigkeit.
»Oh, ich komme mit den meisten Tieren gut zurecht. Wenn man sie richtig behandelt, leisten sie auch etwas. Das Futter ist wichtig.
Es muß der Arbeit angepaßt sein, die man von ihnen erwartet.«
»Bist du für Herdentiere ausgebildet oder für Renner?«
»Ich bin Händler.«
»Ach so, dann kennst du dich sicher besser mit Lasttieren aus.« Das Lächeln des Mädchens wirkte unerklärlich wehmütig. »Wir hatten ein Gespann - ich nannte sie Stoßer und Drängler. So haben sie sich nämlich oft benommen, aber sie haben uns nie im Stich gelassen.«
Jayge hatte seinen
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