Die Drachenreiter von Pern 16 - Der Himmel ueber Pern
auch da. Gern hätte er ihr Honshu gezeigt, vor allen Dingen das Observatorium und das Teleskop … einer seiner liebsten Schätze.
Er hatte es entdeckt, als er und Golanth die Solarzellen auf den Klippen reparierten und dabei auf die dünnen, geradlinigen Fugen stießen, die ein Material durchzogen, das wie massiver Fels aussah. Doch es handelte sich um die beiden Halbkugeln der Observatoriumskuppel.
Hineinzugelangen war ein Kapitel für sich, doch die Anstrengungen hatten sich gelohnt. Das in eine dünne Schutzfolie gehüllte Teleskop stand noch auf der hufeisenförmigen Montierung. Wansor und Erragon waren angesichts dieser Entdeckung ganz aus dem Häuschen gewesen, doch sie warnten F'lessan, dass es nicht einfach sein würde, das Teleskop wieder in Betrieb zu nehmen. Zum Ausrichten und Fokussieren brauchte man einen Computer, dazu einen Monitor, der die beobachteten Sektoren des Weltalls bildlich darstellte.
An diesem Abend fehlte ihm die Energie, um die lange Wendeltreppe hinaufzuklettern, und auch Tai würde zu abgekämpft sein, um sich dieses technische Wunderwerk anzusehen.
Bald drängten sich auf Honshus ausladenden Felsbastionen mit seinen zwei Terrassen und den vielen Gesimsen so viele Drachen, dass sich die Neuankömmlinge mit dem steinigen Flussufer begnügen mussten. Allein ihre große Anzahl sollte genügen, um die riesigen Herden an Pflanzenfressern, die oft in den unteren Höhlen Schutz suchten und die Raubkatzen, die die Herdentiere jagten, fern zu halten. Selbst in den Anfangstagen seiner Besiedlung hatte Honshu noch nie so viele Menschen gesehen.
F'lessan setzte sich auf die Hauptterrasse und wies jeden neu hinzukommenden Reiter an, die Flugmontur abzulegen und einen Imbiss einzunehmen. T'gellan hatte vier Weinschläuche mitgebracht, und St'ven und C'reel steuerten zwei Fässer mit dem hellen Bier bei, das in Landing gebraut wurde. Aus Honshus tiefen Kellern spendierte F'lessan etwas von dem guten Benden-Tropfen, den er sich für besondere Gelegenheiten aufsparte. Dass sie den heutigen Tag überlebt hatten, gab Anlass genug zum Feiern, fand er. Die Getränke reichten aus, um jedem Gast mindestens einen Becher Wein oder Bier zu kredenzen.
Da F'lessan so viel Gedränge in Honshu nicht gewöhnt war, zog er sich mit seinem Wein auf die zweite Terrasse zurück und traf zu seinem Entzücken Tai dort an. Da sie ihm den Rücken zukehrte, konnte sie ihn nicht sehen.
»Ich glaube, wir brauchen etwas Zeit, um wieder zur Ruhe zu kommen«, sagte er. »Entschuldigung«, fügte er hastig hinzu, als sie herumschwenkte und dabei etwas von ihrem Wein verschüttete. »Zum Wegkippen ist der Wein zu schade.«
»Du hast mich erschreckt.«
»Das habe ich gemerkt. Es tut mir wirklich Leid.«
»Schon gut.« Großmütig winkte sie ab. Dann wandte sie sich wieder der Betrachtung des Himmels zu. Er fand, sie sähe nachdenklich aus.
»Dir ist es also auch aufgefallen«, meinte er und zeigte nach Nordosten, wo Monaco lag. Ein silbrig schimmerndes Licht wölbte sich über den Horizont.
Sie seufzte und spähte nach oben in den gestirnten Himmel. Die Sterne funkelten mit unverminderter Leuchtkraft.
»Das da ist Rigel.« Sie deutete auf einen auffällig hellen Stern.
»Den kann man wohl kaum übersehen«, erwiderte er lachend. »Und wo ist Beteigeuze?«, setzte er hinzu, weil er diskret ihre Kenntnisse in Himmelskunde testen wollte.
Mit dem Kinn wies sie in die korrekte Richtung, und er schmunzelte.
»Dort sind Acrux und Becrux«, zählte sie auf, die Herausforderung annehmend. »Der Stern, der sich um vierzig Grad weiter befindet, heißt Gacrux. Erragon sagt, in der Konstellation, die bei unseren Vorfahren ›Kreuz des Südens‹ hieß, befände sich noch ein vierter Stern, aber mit dem bloßen Auge ist er nicht erkennbar.«
»Dafür kann man Shaula und Antares sehen.« Sanft fasste er sie bei der Schulter und drehte sie in die Richtung, in der Adhara funkelte.
»Ich bin froh, dass du den alten Namen ›Honshu‹ für deine Festung behalten hast«, bekannte sie. »Indem wir die Bezeichnungen benutzen, die die ersten Siedler den Orten und Sternen gaben, erweisen wir unseren Vorfahren Ehre.«
»Die Kolonisten brachten die Namen aus ihrer Heimat mit. Sie haben sie nicht neu erfunden. Und seit der ersten Landung auf Pern haben die Sterne ihre Positionen nicht wesentlich verändert. Was wir als hell strahlende Sterne an unserem Himmel sehen, war von der alten Erde aus nur als schwach leuchtender Punkt
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