Die drei !!!, 14, Spuk am See
der Spur. Ich kann Franzi und Marie jetzt nicht im Stich lassen.«
Michi ließ die Arme sinken. Sein Gesicht war plötzlich verschlossen. Trotzdem sah Kim die Enttäuschung in seinen Augen. »Aha. Aber mich kannst du im Stich lassen, ja?«
Kim zuckte zusammen. Der vorwurfsvolle Ton in Michis Stimme erschreckte sie. »Ich lasse dich doch nicht im Stich! Ich hab nur gerade keine Zeit, okay?«
Michi nickte langsam. »Prima. Dann weiß ich ja, woran ichbin.« Er schwang sich wieder auf sein Fahrrad. »Komm, Rolf, wir fahren weiter.«
»Jetzt warte doch!«, rief Kim verzweifelt. »So hab ich das nicht gemeint!« Leise fügte sie hinzu: »Ich liebe dich doch, Michi …« Aber Michi und sein Freund fuhren bereits über die Wiese davon. Kim wusste nicht, ob Michi ihre letzten Worte noch gehört hatte. Erst als die beiden hinter der Mühle verschwunden waren, merkte Kim, dass sie weinte. Die Tränen strömten nur so über ihr Gesicht. Sie fühlte sich, als hätte Michi ihr das Herz herausgerissen, auf seinen Gepäckträger geklemmt und mitgenommen. Am liebsten hätte sie sich ins Zelt verkrochen und in den Schlaf geweint. Aber das kam natürlich überhaupt nicht infrage. Sie hatte jetzt wichtigere Dinge zu tun.
»Reiß dich zusammen!«, murmelte Kim, um sich selbst Mut zuzusprechen. »Du darfst jetzt nicht schlappmachen. Die anderen brauchen dich!«
Entschlossen wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht, atmete einmal tief durch und machte sich auf den Weg zum Hotel.
Allein auf dem Friedhof
Vor dem Hotel waren Franzi und Marie nirgendwo zu sehen. Kim runzelte die Stirn. Waren die beiden etwa schon hineingegangen? Mist – dabei hatte sie sich extra beeilt! Als Kim ihren Freundinnen gerade ins Hotel folgen wollte, öffnete sich die Tür, und ein Mann kam heraus. Hugo Schaffer! Er überquerte den Vorplatz und ging in Richtung Kirche davon. Kim überlegte nicht lange, sondern heftete sich unauffällig an seine Fersen.
Vor der Kirche blieb Hugo Schaffer kurz stehen. Dann öffnete er das schwarze Eisentor und betrat den Friedhof. Was wollte er hier? Kim zögerte einen Moment. Die Sonne ging bereits unter, und die alten Grabsteine warfen lange Schatten. Sollte sie Hugo Schaffer wirklich folgen? Kim fand Friedhöfe tagsüber schon ziemlich unheimlich. Nachts war es eindeutig besser, einen großen Bogen um sie zu machen …
Der Verdächtige ging zielstrebig zwischen den Grabsteinen hindurch und verschwand hinter einer alten Kastanie. Kim gab sich einen Ruck. So leicht ließ sie sich nicht abhängen! Sie zückte ihr Handy und hinterließ eine kurze Nachricht auf Maries Mailbox, dann durchschritt sie ebenfalls das schwarze Tor. Den dunklen Schatten, der ihr lautlos folgte, bemerkte sie nicht.
Kim wurde schnell klar, wohin Hugo Schaffer wollte. Er ging zu Antonias Grab! Sie folgte ihm so leise wie möglich in den hinteren Teil des Friedhofs. Dort wurde es schwieriger, unbemerkt zu bleiben, weil der alte Pfad nicht nur mit Unkraut, sondern auch mit altem Laub aus dem letzten Herbst bedeckt war, das bei jedem Schritt raschelte. Kim gab Hugo Schaffer etwasVorsprung und schlich dann vorsichtig hinterher. Währenddessen war die Sonne ganz untergegangen. Zwischen den Zweigen der Kastanien konnte Kim den rot glühenden Abendhimmel sehen. Aber hier, unter dem dichten Blätterdach der Bäume, herrschte ungewisses Zwielicht. Fast wäre Kim über einen auf dem Boden liegenden Ast gestolpert. Rechts und links von ihr ragten alte, verwitterte Grabsteine empor. Sie schienen eine Art Spalier zu bilden und Kim den Weg zu weisen. Kim versuchte, den kalten Schauer zu ignorieren, der ihr den Rücken hinunterlief.
Mach dich nicht verrückt! Das ist doch nur ein Friedhof, nichts weiter. Nichts, wovor man Angst haben müsste.
Abgesehen von den zahllosen Toten unter den Grabsteinen. Und von dem Kriminellen, dem sie auf den Fersen war. Dem fanatischen Schatzsucher, der vor nichts zurückschrecken würde, um an sein Ziel zu gelangen …
Kim entdeckte Hugo Schaffer bei Antonias Grab, genau wie sie es vermutet hatte. Er stand still vor dem Grabstein, mit herabhängenden Armen und gefalteten Händen. Betete er etwa? Im schwindenden Tageslicht war es nicht eindeutig zu erkennen. Kim hockte sich hinter einen schiefen Grabstein und ließ den Verdächtigen nicht aus den Augen. Aber es passierte nichts. Hugo Schaffer stand einfach nur da und starrte auf den Grabstein. Wartete er auf eine Erleuchtung? Oder darauf, dass ihm Antonias Geist erschien und
Weitere Kostenlose Bücher