Die drei !!!, 19, Teuflisches Handy
sagte Marie und gähnte wieder.
Es waren nicht die Freunde ihres Vaters gewesen, die ihr in den letzten beiden Nächten den Schlaf geraubt hatten. Ihr neues strahlensicheres Handy war schuld. Dienstagnacht hatte es zweimal geklingelt und Mittwochnacht sogar dreimal. Alles Anrufe vom Club Spirit mit derselben Sphärenmusik wie am Montag und den Mantras, die sich ständig wiederholten. Langsam fand Marie das Ganze nicht mehr lustig. Es war ja schön und gut, dass der Club Spirit sie schützen wollte, aber übertreiben musste er es auch wieder nicht. Kim und Franzi gegenüber hätte Marie es nie zugegeben, aber mittlerweile war ihr Jimmy mit seinem Club auch ziemlich suspekt geworden. Irgendetwas stimmte da nicht …
»Du siehst erschöpft aus«, riss Helmut Grevenbroich Marie aus ihren Gedanken. »Hast du Probleme in der Schule?«
»Nein« versicherte Marie. »Alles okay.«
Ihr Vater faltete raschelnd seine Tageszeitung auf. »Dannbin ich ja froh! Übrigens hab’ ich Dana gestern von deinem neuen Handy vorgeschwärmt. Sie war sofort begeistert und will sich jetzt ein ähnliches Modell kaufen. Vielleicht kannst du ihr dein Handy bei Gelegenheit mal zeigen?«
»Klar«, sagte Marie. Hastig nahm sie einen Schluck Orangensaft, um ihrem Vater nicht in die Augen sehen zu müssen. Von Tag zu Tag nagte das schlechte Gewissen stärker an ihr. Lange würde sie das Handy, das ihr Vater ihr geschenkt hatte, nicht mehr behalten können, wenn sie ungestört weiterermitteln wollte. Sam hatte sie schon zweimal in der Pause abgepasst und danach gefragt. Er war ganz schön hartnäckig, und langsam gingen ihr die Ausreden aus.
»Ich muss los!«, sagte Marie. Sie schnappte sich ihr Pausenbrot und drückte ihrem Vater einen Kuss auf die Wange.
Helmut Grevenbroich lächelte. »Bis heute Abend!«
Marie packte ihre Schultasche und machte sich fertig.Als die Haustür hinter ihr ins Schloss fiel, atmete sie erleichtert auf. Heute musste sie Sam unbedingt aus dem Weg gehen, koste es, was es wolle! Und vorher musste sie die ersten Schulstunden überstehen, ohne wegzudösen. Beim langweiligen Erdkundeunterricht von Frau Kaller war das eine echte Herausforderung.
»Du hast mir ja überhaupt nicht zugehört, Marie!«, beschwerte sich Frau Kaller.
»Äh … Entschuldigung«, sagte Marie. »Was haben Sie gesagt?«
Die Erdkundelehrerin wiederholte leicht genervt ihre Frage. Zum Glück konnte Marie sie aus dem Stegreif beantworten.
»Sehr schön«, sagte Frau Kaller und ließ Marie wieder in Ruhe.
Seufzend beugte sich Marie über ihr Heft. Während sie es mit Kritzeleien verschönerte, kämpfte sie verzweifelt gegen die Müdigkeit an. Ihre Augen brannten, und hinter der Stirn kündigten sich pochende Kopfschmerzen an. Die hatten ihr gerade noch gefehlt.
Marie zwang sich dazu, mitzuschreiben, was Frau Kaller an die Tafel schrieb. Dazwischen ließ sie ihren Blick durchs Klassenzimmer schweifen. Plötzlich stutzte sie. Juliana und Friederike hingen auch total in den Seilen, aber sie waren nicht die einzigen. Die halbe Klasse döste vor sich hin. Dauernd gähnte jemand. Zwei Jungs in der letzten Reihe hatten ihre Köpfe auf die Bank gelegt, und einer schnarchte sogar leise.
Marie runzelte die Stirn. Ganz schön merkwürdig war das, aber es konnte natürlich auch ein Zufall sein. Doch auf einmal schoss Marie ein verrückter Gedanke durch denKopf. Was war, wenn ihre Mitschüler alle aus demselben Grund so müde waren wie sie? Was war, wenn sie alle über ihre neuen strahlensicheren Handys mitten in der Nacht durch Sphärenmusik vom Club Spirit geweckt wurden? Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden: Marie musste über ihren eigenen Schatten springen und Juliana und Friederike in der Pause darauf ansprechen.
Doch kaum hatte die Pausenglocke geklingelt, kam plötzlich Leben in Maries Mitschüler. Blitzschnell sprangen sie auf und liefen aus dem Klassenzimmer. Juliana und Friederike hatten es besonders eilig. Marie verlor sie im Gedränge der anderen Schüler, die in Richtung Pausenhof strömten.
Erst fünf Minuten später fand sie ihre Mitschülerinnen wieder. Sie standen neben der Turnhalle und hielten zwei Sammelbüchsen in den Händen.
»Eine kleine Spende!«, rief Juliana laut. »Bitte eine kleine Spende für einen guten Zweck!«
Friederike klapperte mit ihrer Büchse, die noch ziemlich leer klang.
Marie schlenderte auf die beiden zu. »Wofür sammelt ihr denn?«, erkundigte sie sich und versuchte, nicht allzu neugierig zu
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