Die drei !!! Bd. 34 - Brandgefährlich!
Was war nur in der Vergangenheit geschehen, das die Claussens immer noch so belastete? Es musste etwas mit Ubbo Hansen zu tun haben, so viel war klar ... In Ennos Zimmer war es dunkel. Franzi drückte auf den Lichtschalter neben der Tür und eine Energiesparlampe flammte an der Decke auf. Franzi erkannte einen kleinen Raum, in dem dicht gedrängt ein Bett, ein Schreibtisch und ein Schrank standen. Die Möbel sahen alt und abgenutzt aus, aber das Zimmer wirkte dank der bunten Tagesdecke, den farblich dazu passenden Gardinen und dem Flokatiteppich auf dem Holzboden trotzdem gemütlich. An den Wänden hingen Poster von Seevögeln und ein altes Werbeplakat für den Windsurf World Cup in Westerland. Franzi legte den Rucksack auf Ennos Bett. Das Zimmer war sehr aufgeräumt, nichts lag herum. Offenbar war Enno ein ordentlicher Typ – ganz im Gegensatz zu Franzi, bei der es immer aussah wie Kraut und Rüben.
Das Einzige, was nicht zu der peniblen Ordnung passte, war eine Blechkiste auf dem Schreibtisch, aus der Papiere und Bilder hervorquollen. Neugierig ging Franzi näher heran. Die Kiste war alt und verbeult, an einigen Stellen hatte sie Rostflecken. Obenauf lag ein Foto, auf dem Franzi Enno erkannte. Aber wer war der Junge neben ihm?
Franzi zögerte kurz, dann nahm sie das Foto in die Hand. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus. Was, wenn Enno plötzlich hereinstürmte und sie dabei erwischte, wie sie in seinen Privatsachen herumschnüffelte? Aber genau genommen schnüffelte sie ja gar nicht, die Kiste stand schließlich offen auf dem Tisch. Trotzdem lauschte Franzi noch einmal ins Treppenhaus, doch außer leisem Geklapper aus der Küche war nichts zu hören. Beruhigt beugte sie sich über das Foto.
Das Foto zeigte zwei Jungen, einen jüngeren und einen älteren. Der jüngere war eindeutig Enno. Er musste ungefähr zehn Jahre alt sein, Franzi hatte ihn sofort an seinen fröhlich funkelnden Augen und dem spitzbübischen Lächeln erkannt. Der andere Junge war vielleicht zwei Jahre alter und sah Enno sehr ähnlich. Er war etwas größer, hatte ebenfalls blonde Haare und haselnussbraune Augen. Sein breites Grinsen war Franzi sofort sympathisch. Beide Jungs trugen Badehosen und waren braun gebrannt. Sie standen am Strand, hatten die Arme um die Schultern des anderen gelegt und lachten in die Kamera. Im Hintergrund toste das Meer. Nachdenklich ließ Franzi das Foto sinken. Wer war der andere Junge? Ennos Bruder? Aber er hatte doch gar keinen Bruder! Zumindest hatte er nie einen erwähnt. Vielleicht ein Cousin? Merkwürdig ...
Als Franzi das Foto zurück in die Dose legen wollte, entdeckte sie einen Zeitungsartikel. Am Datum erkannte Franzi, dass er fünf Jahre alt war. In der Mitte prangte das Bild eines Jungen. Es war eindeutig derselbe, der auf dem Foto neben Enno stand. Nur dass er hier ordentlich gekämmte Haare hatte, ein Hemd trug und etwas gequält in die Kamera lächelte. Offenbar ein Passfoto. Als Franzi die Schlagzeile las, die in fetten Buchstaben über dem Bild prangte, stockte ihr der Atem. Schnell überflog sie den gesamten Artikel.
Tödlicher Badeunfall in Westerland
Sylter Junge ertrunken
Am Sonntagmorgen konnte am Westerländer Hauptstrand ein Junge nur noch tot aus dem Wasser geborgen werden. Ulrich C. (12) war am Samstagnachmittag allein zum Baden in die Nordsee gegangen, als er plötzlich von einer starken Strömung erfasst und hinausgezogen wurde. Obwohl der Junge nach Angaben seiner Familie ein guter Schwimmer war, schaffte er es nicht aus eigener Kraft zurück an den Strand. Auch der zur Unglückszeit diensthabende Rettungsschwimmer konnte den in Not geratenen Jungen nicht mehr retten. Für Ulrich C. kam jede Hilfe zu spät. Spaziergänger fanden seine Leiche erst am nächsten Morgen. Sie war 100 Meter von der Unglücksstelle entfernt an den Strand gespült worden. Die Polizei bittet Urlauber und Einheimische, die Strömung nicht zu unterschätzen. Man solle sich vor dem Baden in der Nordsee bei den Rettungsschwimmern über die aktuelle Situation informieren, um sich angemessen verhalten zu können, so der Sprecher der Westerländer Polizeidienststelle. Zudem sei es wichtig, die allgemeinen Baderegeln zu beachten.
Franzi schluckte. Es war nicht schwer, die nötigen Zusammenhänge herzustellen. Ulrich C. musste Ulrich Claussen sein, vermutlich Ennos Cousin oder Bruder. Und er war vor fünf Jahren hier auf Sylt ertrunken. War Ennos Familie deshalb von der Insel weggezogen?
Franzi
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