Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Dämonischen

Die drei Dämonischen

Titel: Die drei Dämonischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
zwischen Land und Meer zurückzuschallen.
    *
    Luxon, Sadagar, Mythor und der Wächter des falschen Croesus hielten sich mit einer Hand am Gürtel des Sarpha fest. Die andere Hand fasste den Gürtel oder das Handgelenk des Nachbarn. Die Schwersteine hatten die Säume der riesigen Umhänge auseinandergerissen und aus den Kleidungsstücken große, glockenähnliche Gebilde entstehen lassen, die wie Blütenblätter durch die Luft schwebten.
    Wind und Luft fingen sich unter den Gewändern und milderten die Geschwindigkeit des Falles. Der Unterschied war nicht sehr groß, aber er genügte, um vier Mann und einen fünften als Ballast sicher entlang der Felswand auf das Wasser zufallen zu lassen.
    Luxon hatte viel für seinen kleinen Vorrat an diesen Kunstwerken bezahlt; er hatte sie einem Mann abgekauft, der sich als Erfinder bezeichnet und den ersten Fallversuch überlebt hatte.
    Die Luft kühlte ihre erhitzten Gesichter, und Sadagar stieß hervor: »Das war knapp, Freunde. Beinahe hätte mich dieser parfümierte Schuft geküsst.«
    Trotz des Schreckens, der von der Einsicht, noch am Leben zu sein, nur langsam abgelöst wurde, begriff der Sarpha:  Diese Kalathee war keine Frau. In der Verkleidung steckte ein Mann, der aber nicht einmal jetzt seine Maske lüftete.
    »Vorsicht! Die Schwersteine!« sagte der Wächter.
    Die Tropfen der hochgeschleuderten Brandung schlugen in die Gewänder. Dann tauchten die Männer ein und befanden sich im kühlen Wasser und nahe der kantigen Felsen am äußeren Hafendamm. Noch einmal gerieten sie in Gefahr, denn als sie dem Ufer entgegenschwammen, kam von oben ein Hagel aus großen und kleinen Felsbrocken. Eine Lanzenspitze schrammte misstönend über den Stein.
    Luxon ließ den Sarpha los, schwang sich auf einen Steinbrocken und ergriff einen algenüberwachsenen Ring. Er streckte den Arm aus und sagte: »Wir haben dein Leben gerettet, Sarpha. Wir können es dir hier auch nehmen, ohne dass jemand uns verdächtigen wird. Wie war das mit des Shallads Befehl?«
    Prustend und triefend ließ sich Sarpha heraufziehen und tastete sich auf den nassen Steinpfad, der auf der Dammkrone entlanglief. Schwach kamen Lichter von einigen Schiffen, die hier vor Anker lagen.
    »Ich habe dir die Wahrheit gesagt, Croesus. Mir befahl der Shallad, diesen Jungen umzubringen, weil er eine Gefahr für ihn darstelle. Mehr weiß ich nicht – außer, dass ich zu gehorchen hatte.«
    »Deine Wahrheitsliebe rettete dich«, versicherte Luxon und zog die Maske von seinem Gesicht. Das Leder war vom Seewasser schwarz geworden. Die anderen Männer kamen aus dem Wasser, schnitten sich gegenseitig die Schwersteine aus den Säumen und stießen den Sarpha vorwärts. Der falsche Croesus zeigte plötzlich sein Gesicht.
    »Du bist der narbenbedeckte… Croesus?« entfuhr es Yahid.
    Selbst Mythor zuckte zusammen, als er unter der Maske weder Luxons gewohntes Gesicht sah noch die Maske, die durch die Tausend-Monde-Salbe hervorgerufen wurde. Statt dessen sah er im zunehmenden Licht eine grässliche Fratze.
    Ein Auge war durch ein herunterhängendes Lid fast geschlossen. Kreuz und quer zogen sich durch das Gesicht tiefe, wulstige Narben und kleine Löcher, die aussahen, als wären es Brandwunden gewesen. Am Hals war ein quer verlaufendes, feuerrotes Mal zu sehen.
    »Ich bin alles andere als Croesus!« sagte Luxon und schleuderte seine Maske ins Dunkel. »Ich bin ebenso wenig Croesus, wie dieser Mann Kalathee ist. Ich missbrauchte den Namen. Schon jetzt sind die Truppen deines Sohnes unterwegs, um Croesus zu fassen. Er wird, denke ich, in seinem Palast und sehr überrascht sein.«
    Sie waren so schnell und so leise wie möglich über diesen kurzen Abschnitt des Dammes gelaufen. Jetzt kamen sie in den Bereich der ersten Schenken und der Laternen, die sich über den Heckaufbauten der Schiffe erhoben.
    Mythor trat von hinten in die Kniekehlen des Sarpha. Sadagar warf ihm ein nasses Stück Tuch vor das Gesicht und verknotete den Knebel im Nacken des Mannes. Dann fesselten sie ihn schnell, hoben ihn auf ihre Schultern und ließen ihn auf einen Tisch fallen, der vor einer winzigen Hafenschenke stand.
    Ein halber Ziegel, den der Wächter auf dem Pflaster fand, wirbelte durch die Luft und zerbrach im Inneren der Schenke Gläser und Becher, dann erschollen Flüche in mehreren Dialekten.
    Die vier Männer verschwanden in einem schmalen Gang. Ihre Schritte verloren sich auf einer aufwärts führenden Treppe, die durch völlige Dunkelheit führte.

Weitere Kostenlose Bücher