Die drei Ehen der Grand Sophy
»Bromford?«
»Er oder Charles. Hoffentlich ist es von den beiden Bromford, der mich fordert. Er kann bestimmt auf zwölf Schritt keinen Heuschober treffen, aber Rivenhall ist ein ausgezeichneter Schütze.«
Sie sah ihn überrascht an. »Meinen Sie wirklich?«
Er erwiderte ihren Blick, blinzelte ihr spöttisch zu. »Nun ja, Sie Unschuld! Zweifellos wegen der Vernachlässigung seiner Schwester! Sagen Sie mir – Sie sprechen doch immer alles so offen aus –, ist das eine besondere Praxis von Ihnen, daß sich überall, wo Sie auftauchen, Paare bilden?«
»Nein«, erwiderte sie, »ich tue das nur, wenn ich überzeugt bin, daß es so besser für die Leute ist.«
Er lachte noch immer, als sie Mr. und Miss Rivenhall begegneten, die auf sie zugeritten kamen.
Sophy begrüßte Cousin und Kusine mit aufrichtiger Freude, obwohl sie ihre Überraschung darüber unterdrücken mußte, daß Cecilia neuerdings einem Sport huldigte, dem sie bisher so wenig zugeneigt. Sophy und Charlbury wendeten ihre Pferde, um sich den Rivenhalls anzuschließen, und sie erhob auch keinen Einwand, als Mr. Rivenhall sie nach einer kurzen Weile nötigte, hinter den anderen beiden zurückzubleiben und in gemächlichem Schritt dem Reitpfad zu folgen. »Dein Pferd gefällt mir, Charles«, sagte Sophy.
»Es mag dir gefallen«, erwiderte Mr. Rivenhall unfreundlich, »aber reiten wirst du es nicht.«
Sie warf ihm einen Seitenblick zu, in dem alle Teufel lauerten. »Nein, liebster Charles?«
»Sophy«, sagte Mr. Rivenhall, der unvermittelt vom herrischen zum drohenden Ton überging, »wenn du dich unterstehen solltest, deinen Sattel auf meinen Thunderer zu legen, so erwürge ich dich und werfe deinen Leichnam auf die Serpentine.«
Sie antwortete mit einem girrenden Lachen, das nie versagte, ihm ein Lächeln abzuzwingen. »Nein wirklich, Charles, würdest du das? Nun, ich tadle dich deswegen nicht! Wenn ich dich einmal auf meinem Salamanca erwische, schieße ich dich bestimmt herunter – und ich kann mich auf eine Pistole, die ein wenig links zieht, verlassen.«
»Nun, liebe Kusine, wenn wir nach Ombersley fahren, wird es mir ein Vergnügen sein, mich von deiner Schießkunst zu überzeugen. Wollen sehen, was du mit meinen Duellpistolen zuwege bringst! Die ziehen weder links noch rechts. Ich wähle sie sorgfältig aus.«
»Duellpistolen!« sagte Sophy tief beeindruckt. »So etwas hätte ich mir von dir nicht erwartet, Charles! Wie oft hast du dich schon geschlagen? Tötest du deinen Gegner immer?«
»Höchst selten. Das Duell ist ganz betrüblich aus der Mode gekommen, liebe Sophy. Ich muß dich leider enttäuschen.«
»Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf, »ich habe nicht wirklich gedacht, daß du etwas so Wildes tätest.«
Darüber mußte er lachen. Mit einer Handbewegung ahmte er die Gebärde eines Fechters nach. »Nun ja, Sophy, touché!«
»So bist du Fechter?«
»Ohne besondere Qualitäten. Warum?«
»Ach, das ist etwas, wovon ich nichts verstehe.«
»Wie ist das möglich? Ich hätte mir doch vorgestellt, daß Sir Horace dich gelehrt hat, den Degen zu führen.«
»Nein«, erwiderte Sophy mit gespitztem Mund. »Und boxen hat er mich auch nicht gelehrt, es gibt also schon zwei Dinge, in denen du mir überlegen bist.«
»Dennoch übertriffst du mich in vielem«, räumte er ein. »Besonders in der Kunst des Liebesgetändels.«
Sofort brachte sie ihn aus der Fassung, indem sie zum direkten Angriff überging. »Liebesgetändels? Ich hoffe, Charles, du beschuldigst mich nicht der Neigung, zu flirten?«
»Nicht?« sagte er grimmig. »Dann kläre mich doch, bitte, über die Natur deines Umgangs mit Charlbury auf.«
Sie zeigte ihm eine Unschuldsmiene. »Was soll das nun, Charles? Du hast mich doch gewiß nicht mißverstanden? Zwischen ihm und Cecilia besteht doch nichts mehr! Du kannst mir doch nicht unterstellen, daß ich ihn ermutigen würde, wenn es anders wäre?«
Das Pferd ging in Galopp über, wurde aber gezügelt. Rivenhall sagte wütend: »Verrückter Unsinn! Mach mir doch nichts vor, Sophy! Charlbury und du! Für was für einen Einfaltspinsel hältst du mich wohl?«
»Ich halte dich überhaupt nicht für einen Einfaltspinsel«, erklärte Sophy seelenvoll. »Aber es gäbe einfach nichts, was ich nicht täte, um Sir Horace gefällig zu sein, und ich würde eher Charlbury heiraten als Bromford.«
»Manchmal habe ich den Eindruck«, sagte Mr. Rivenhall, »daß Delikatesse ein Gefühl ist, das dir gänzlich unbekannt
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