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Die drei Ehen der Grand Sophy

Die drei Ehen der Grand Sophy

Titel: Die drei Ehen der Grand Sophy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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dich ziemlich verrückt finden, wenn du hier im Dunkeln liegst, so daß sie sich zu dir nur herantasten kann. Steh auf!«
    »Bien entendido, ich stehe auf, wenn deine Tante nah ist«, erklärte die Marquesa mit Würde. »Sobald sie da ist, werde ich auf sein. Ich mag keine jähen Anstrengungen.«
    Und zum Beweis löste sie einen wundervoll gestickten Schal von ihren Füßen, warf ihn auf den Boden und gestattete Sophy, ihr beim Aufstehen behilflich zu sein.
    Sie war eine opulente Brünette, eher französisch als englisch gekleidet, und ihr Schimmerndschwarzes Haar wurde nur von einer Mantilla überragt, die über einen hohen Kamm arrangiert war. Ihr Kleid war aus Gaze über Satin, unterhalb der vollen Brust knapp anliegend, und es zeigte weit mehr von ihrer Figur, als Lady Ombersley schicklich finden konnte. Doch wurde dieser Eindruck wieder durch die zahlreichen Schals und Schleier aufgehoben, die sie zum Schutz gegen tückische Zugluft rund um sich drapiert hatte. Die Mantilla war mit einer großen Smaragdbrosche über dem tiefausgeschnittenen Mieder befestigt; weitere Smaragde in massiver Goldfassung baumelten von ihren Ohrläppchen nieder; ihre weithin berühmten Perlen trug sie in einer zweifach um den Hals geschlungenen Kette, die bis zur Taille reichte. Sie war außerordentlich schön, hatte große, verschlafene, dunkle Augen und eine milchweiße Haut, von der Hand eines Künstlers zart getönt. Sie mochte nicht viel mehr als fünfunddreißig Jahre zählen, schien aber durch die Fülle ihres Körpers älter. Wie eine Wittfrau sah sie keineswegs aus, und das war auch der erste Gedanke, der Lady Ombersley kam, als sie den Raum betrat und die müd erhobene Hand ergriff.
    »Com’ está?« sagte die Marquesa mit ihrer wohlklingenden, trägen Stimme.
    Das schüchterte Hubert ein, der sich vergewissert hatte, daß sie glänzend Englisch sprach. Er warf Sophy einen vorwurfsvollen Blick zu, und sie rief ihre künftige Stiefmutter sofort zur Ordnung. Die Marquesa lächelte sanft und sagte: »De seguro! Ich spreche Französisch und Englisch, beides recht gut. Und auch Deutsch, nicht ganz so gut, aber doch besser als die meisten Leute. Ich bin überaus glücklich, die Schwester von Sir Horace kennenzulernen. Ähnlich sehen Sie ihm allerdings nicht, Señora. Valgamé! Sind das alles Ihre Söhne und Töchter?«
    Lady Ombersley beeilte sich, dies zu berichtigen und die Gäste vorzustellen. Die Marquesa verlor bald das Interesse an ihnen, lächelte ihnen aber, alle mit einem Blick umfassend, zu und bat sie, Platz zu nehmen. Sophy erwähnte, daß Sir Vincent doch ein alter Bekannter sei, so reichte sie ihm die Hand und sagte, sie entsinne sich sehr wohl. Niemand glaubte ihr, und am wenigsten Sir Vincent; als aber dann ein bestimmter Abend im Prado erwähnt wurde, begann sie zu lachen und sagte, jawohl, jetzt entsänne sie sich seiner, pechero, der er war! Mittlerweile hatte sie Zeit gehabt, die vollendete Schönheit Cecilias zu bemerken. Sie beglückwünschte Lady Ombersley dazu und versicherte, das wäre die vollendete englische Schönheit, die auf dem Kontinent so viel bewundert werde. Offenbar empfand sie, daß nun auch etwas über Miss Wraxton gesagt werden mußte, sie lächelte ihr freundlich zu und meinte, sie wäre wohl sehr englisch. Miss Wraxton, die Cecilia die Schönheit nicht neidete (denn man hatte sie dazu erzogen, Schönheit für etwas Oberflächliches zu halten, das nicht unter die Haut ging), erwiderte, sie wäre wohl nur ein Normaltyp, und in England wären jetzt Dunkelhaarige in Mode.
    Nachdem dieser Gesprächsstoff erschöpft war, trat Schweigen ein, die Marquesa ließ sich auf ihr Sofa zurücksinken, und Lady Ombersley überlegte, mit welchen Themen man wohl das Interesse dieser lethargischen Dame wecken könnte. Mr. Fawnhope, der sich in einem brokatüberzogenen Fensterstuhl niedergelassen hatte, blickte auf den grünen Rasen hinaus, nach dem seine Seele lechzte; Hubert betrachtete die Gastgeberin mit fasziniertem Blick; und Mr. Rivenhall, der sich der allgemeinen Situation anpassen wollte, nahm von einem Tisch, der in Reichweite stand, eine Zeitschrift und blätterte darin. So mußte Miss Wraxton und ihrem feinen gesellschaftlichen Takt die Aufgabe zufallen, in die Bresche zu treten, und sie tat das, indem sie der Marquesa versicherte, sie sei eine große Bewunderin des Don Quijote.
    »Alle Engländer sind das«, erwiderte die Marquesa, »aber darum spricht doch keiner von ihnen den Namen richtig aus.

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