Die drei Ehen der Grand Sophy
beobachtet werden möchte, gestatten Sie wohl, daß ich mein Taschentuch in dieses Guckloch stopfe.« Damit zog sie eine Hand aus ihrem Schwanenpelzmuff und drückte ihr Taschentuch in das Loch.
Mr. Goldhanger hatte ein unbehagliches Gefühl, die Welt wäre auf den Kopf gestellt. Seit Jahren war es sein besonderes Geschick gewesen, Situationen auszuweichen, denen er nicht gewachsen war, und seine Besucher hatten eher die Gepflogenheit, ihn mit Wünschen zu bedrängen, als die Türe zu verschließen und von ihm zu verlangen, daß er die Möbel abstaube. Daß Sophy den Schlüssel umdrehte, erschien ihm eigentlich nicht gefährlich, denn sie war zwar eine junge Dame von hohem Wuchs, doch traute er sich immerhin zu, ihr den Schlüssel nötigenfalls wieder zu entwinden. Sein Instinkt ließ es ihm nach Tunlichkeit wünschenswert erscheinen, urbane Manieren zur Schau zu stellen; so lächelte er also, verneigte sich und äußerte, Mylady möge in seinem bescheidenen Heim nach Belieben schalten. Dann nahm er ihr gegenüber an der anderen Seite des Tisches Platz und fragte, wie er ihr zu Diensten sein könne.
»Das ist eine sehr einfache Sache«, erwiderte Sophy. »Ich will nur Mr. Rivenhalls Schuldschein und den Smaragdring, den er verpfändet hat, auslösen.«
Mr. Goldhangers Lächeln wurde einschmeichelnd. »Das ist eine einfache Sache. Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen zu dienen. Ich brauche doch wohl nicht zu fragen, ob Sie das Geld gebracht haben, denn eine so geschäftstüchtige und weltkundige junge Lady –«
»Das trifft sich gut«, unterbrach ihn Sophy gemütlich. »Viele Leute bilden sich merkwürdigerweise ein, daß ein Frauenzimmer keinen Geldverstand hat, und das führt natürlich zu bedauerlichem Zeitverlust. Ich muß Ihnen also zunächst sagen, daß Sie mit den fünfhundert Pfund, die Sie Mister Rivenhall liehen, Geld an einen Minderjährigen verliehen haben. Ich brauche Ihnen wohl nicht auseinanderzusetzen, was das bedeutet.«
Bei diesen Worten lächelte sie ihm wohlwollend zu, Mr. Goldhanger lächelte seinerseits und sagte sanft: »Was für eine weltkundige junge Dame Sie doch sind! Wenn ich Mr. Rivenhall um dieses Geld verklagen würde, bekäme ich es wohl kaum zurück. Aber ich glaube auch nicht, daß es Mr. Rivenhall angenehm wäre, wenn ich eine solche Klage einreichte.«
»Natürlich wäre ihm das nicht angenehm. Und obwohl es von Ihnen außerordentlich unrecht war, ihm überhaupt Geld zu leihen, so wäre es anderseits ungerecht, Ihnen nicht wenigstens die Schuldsumme zurückzugeben.«
»Höchst ungerecht«, bestätigte Mr. Goldhanger. »Es bliebe dann nur noch die Kleinigkeit der Zinsen zu erledigen, Mylady.«
Sophy schüttelte den Kopf. »Nein, ich werde Ihnen nicht einen Penny Zinsen bezahlen, und das mag Ihnen eine Lehre sein, in Zukunft bedachtsamer zu handeln. Ich habe fünfhundert Pfund in Banknoten hier, und wenn ich Schuldschein und Ring in Händen habe, werde ich sie Ihnen geben.«
Mr. Goldhanger konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, denn obwohl er sonst keinen ausgesprochenen Sinn für Humor besaß, belustigte ihn doch der Gedanke, daß er auf Befehl einer jungen Dame auf Zinsen verzichten sollte. »Ich glaube, dann ziehe ich doch wohl den Schein und den Ring vor.«
»Das habe ich erwartet«, sagte Sophy.
»Sie sollten in Betracht ziehen, daß ich Mr. Rivenhall allerlei Ungelegenheiten bereiten kann«, stellte Mr. Goldhanger fest. »Er ist doch in Oxford, nicht? Nun, die wären nicht gerade erbaut, wenn sie von seiner kleinen Transaktion mit mir erführen. Oder –«
»Die wären gar nicht erbaut«, sagte Sophy. »Es wäre aber trotzdem ziemlich peinlich für Sie, nicht? Vielleicht gelänge es Ihnen doch, denen in Oxford glaubhaft zu machen, daß Sie das Alter Mr. Rivenhalls völlig falsch geschätzt haben.«
»Was für eine gescheite junge Lady!« lächelte Mr. Goldhanger.
»Nicht das, aber ich habe einen recht gesunden Verstand, und der sagt mir, daß ich, falls Sie Schein und Ring nicht herausgeben, am besten gleich nach Bow Street fahre und die Angelegenheit dort vor die Behörde bringe.«
Das Lächeln schwand von Mr. Goldhangers Zügen, er kniff die Augen zusammen. »Ich glaube nicht, daß das sehr klug wäre.«
»Nein? Mir scheint es das Klügste, was ich tun könnte, und ich habe stark das Gefühl, daß man in der Bow Street gern Neues von Ihnen hören würde.«
Mr. Goldhanger teilte zwar dieses Gefühl, glaubte aber nicht, daß Sophy es ernst
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