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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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tief aufatmend und rumpelte mit ihrem Geständnis aus dem Gleis hinaus, in das Hellwang diese Unterhaltung zu leiten beabsichtigt hatte, »mir ist’s noch immer wie ein Traum. I moan allweil, sie müßt jeden Augenblick ihre spitzige Gosch’n zur Tür ‘nausstrecken und...«
    »Also — das ist jetzt vorbei!« fiel Hellwang ihr rasch ins Wort, denn Kathis Mienenspiel zeigte deutlich, daß sie im Tonfall des Fräuleins >Herr Doktor< flöten wollte, »aber ich frage mich und ich frage Sie, Kathi, wie die Geschichte nun eigentlich weitergehen soll? Nehme ich einen neuen Menschen ins Haus, dann haben wir unter Umständen nach kurzer Zeit womöglich genau den gleichen Salat wie heute...«
    »Dees kimmt ganz drauf o!« meinte Kathi verkniffen.
    »Das sind ja schöne Aussichten!« knurrte Hellwang erbittert, »ist das alles, was Sie mir vorschlagen können und was Sie mir zu sagen haben?«
    Kathi setzte ihr gewinnendes Lächeln auf, und ihre Stimme wurde betörend liebenswürdig: »Ich mein’, Herr Doktor, wir probieren’s halt mal aus, wie die G’schicht gehen tut, wann ich allein die Wirtschaft übernehm...«
    »Die Wirtschaft, Kathi! Es geht ja nicht allein um die Wirtschaft! Das Haus haben Sie ja die ganze Zeit über selbständig geführt...«
    »Ja, anschaffen hat sie können«, murmelte Kathi giftig, »aber die Finger sind ihr dabei sauber geblieben.«
    Hellwang hüstelte scharf: »Vorbei, verjährt, vergessen...Lassen wir, was war! Mir macht die Zukunft Sorgen, Kathi. Die Kinder! Es muß doch jemand hier sein, der sich um sie kümmert, der sie beaufsichtigt, der sie zu den Schularbeiten anhält.«
    »Vorläufig sind einmal Ferien!«
    »Ja, gewiß, aber wie lange noch?«
    »Beinahe noch einen ganzen Monat! — Und dann, Herr Doktor, blöd, wann de Fratz’n warn, saget i ja aa net, daß sie keine Aufsicht bräuchten. Aber wo’s so gescheite, man kunnt direkt sagen, intilleschente Kinder sind, mein ich, da wird in der Schul schon nix fehl’n. Die gnä Frau hat ja mit ihnen auch net allweil z’ammg’hockt und Obacht gegeb’n, daß sie lernen. Und es ist auch gegangen. Und Manieren und so? O mei’ — des sag ich Eahna: Das Fräulein Zögling hat sich auch in der Nas’n gebohrt, wann’s gemeint hat, daß’s koaner sieht. Aber ich hab’s g’sehn! Mehra als einmal!«
    Hellwang biß sich auf die Lippen: »Ich glaube, Kathi, wir reden aneinander vorbei«, murmelte er und unterdrückte mit Mühe ein Grinsen.
    »Also, Herr Doktor, probieren wir’s halt einmal«, schloß Kathi unerschütterlich, »und wenn’s durchaus nicht geht, na gut, dann muaß ma halt no a Roß einspannen. Vorläufig ziag ich amal den Karm alloa, gell?«
    »In Gottes Namen«, seufzte Hellwang und ließ die Hände fallen, »von mir aus...« Es war keine freudige Zustimmung, es war, auch wenn er keine Einwände vorbrachte, eine Einwilligung mit Vorbehalten. Aber gerade diese Vorbehalte wurden in der Zukunft in Kathis Händen zu ihrer stärksten Waffe. Wenn die Kinder nicht parierten, wenn sie glaubten, sich jetzt alle Freiheiten herausnehmen zu dürfen, zu lärmen, unpünktlich zum Essen zu erscheinen oder nicht zu Bett gehen zu wollen, dämpfte Kathi im Handumdrehen alle Aufsässigkeiten und allen Übermut mit der Bemerkung, man werde sich ja nun wohl doch nach einem neuen Fräulein Zögling umsehen müssen. Das wirkte jedesmal wie eine eiskalte Dusche.
    An diesem Abend lagen die beiden Mädel in ihren Betten noch lange wach und wisperten miteinander. War es Wirklichkeit geworden, daß die Sieglinda nicht mehr im Hause weilte und daß sie ihre ewigen Nörgeleien nicht mehr hören würden? Sie konnten es noch nicht recht fassen. Und es erschien ihnen vor allem wie ein Wunder, daß ein paar Tropfen farblosen Lackes solch eine ungeheure Wirkung gehabt hatten. Eine Wirkung wie jene Kanonenschläge, die der Konni in der Silvesternacht zur Zündung brachte.
    Lydia lag ganz still in ihrem Bett, sie starrte in die Dunkelheit hinein. »Du, Britta«, flüsterte sie, »weißt du noch, was wir vor ein paar Tagen geredet haben?«
    »Mei’, mir ham vui g’redt.«
    »Das schon, aber vom Beten, mein ich.«
    »Ja, jetzt weiß ich, was du meinst. Daß du nicht mehr beten tust, hast g’sagt.«
    Lydia knisterte ein Weilchen in ihren Kissen: »Du, Britta, ich muß dir was sagen...«
    »Ja, was denn? Nun sag’s schon.«
    »Du, weißt — ich bet’ wieder.«
    Britta rührte sich nicht und blieb stumm.
    »Aber ich bet’ nicht zum lieben Gott«, fuhr Lydia

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