Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Musketiere

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
Liebeskummer? Wie sollen mir solche
    Gedanken kommen? Vanitas vanitatum! Und was sollte mir den Kopf verdrehen? Ein Kammerkätzchen? Ein Bürgertöchterlein?
    Ach, gehen Sie!« – »Ich hätte gedacht, Ihre Ambitionen gingen
    -275-
    höher hinauf!« meinte d'Artagnan. – »Höher hinauf? Und wer bin ich, daß ich solchen Ehrgeiz haben sollte? Ein armseliger Musketier, der kaum etwas zu beißen hat und den kein Mensch kennt, dem aller Dienst verhaßt ist, der sich in der Welt an ganz verkehrtem Platz befindet?«
    »Aramis! Aramis!« rief d'Artagnan, den Freund mit Blicken des Zweifels messend.
    »Staub zu Staub, Asche zu Asche«, sprach Aramis
    salbungsvoll; »darum kehre ich beizeiten zurück in den Staub...
    Das Leben ist voller Demütigungen und Schmerzen«, fuhr er fort, während seine Stirn sich in düstere Falten legte. »Alle Fäden, die es mit dem Glück verknüpfen, reißen nach und nach in der Hand des Menschen, vor allem die Goldfäden. Oh, mein lieber d'Artagnan«, fuhr Aramis fort, seiner Stimme einen leic hten Anflug von Bitterkeit gebend, »glauben Sie mir, verbergen Sie Wunden, wenn Sie Wunden haben, recht
    sorgfältig! Schweigen ist die letzte Freude der Unglücklichen.
    Hüten Sie sich, irgendwen, wer es auch sei, von Schmerzen, die Ihr Herz zerreißen, etwas merken zu lassen! Die Neugierigen saugen uns die Tränen aus wie die Fliegen einem waidwunden Hirsch das Blut.« – »Ach, mein teurer Aramis!« rief d'Artagnan, nun seinerseits einen tiefen Seufzer ausstoßend, »was Sie da erzählen, ist ja ganz meine eigne Geschichte!« – »Wie?« – »Ja, eine Frau, die ich liebe, die ich anbete, ist mir gewaltsam entführt worden. Ich weiß nicht, wo sie weilt, wohin man sie geschleppt hat; die Ärmste ist vielleicht gefangen, vielleicht gar tot.« – »Aber den Trost haben Sie wenigstens, daß Sie sich sagen dürfen, sie sei nicht freiwillig von Ihnen gegangen; und wenn Sie von ihr nichts sehen und nichts hören, so rührt es daher, weil Sie in keinerlei Verbindung mehr mit ihr stehen können, während...«
    »Während...«, wiederholte d'Artagnan. – »Nichts, nichts«, versetzte Aramis. – »Also entsagen Sie tatsächlich auf ewig der Welt? Ist das Ihr fester Entschluß? Ihr unwiderruflicher Wille?«
    -276-
    – »Mein felsenfester Entschluß! Heute sind Sie mein Freund noch, und morgen? Morgen werden Sie mir nichts mehr sein als ein Schatten, oder vielmehr, Sie werden für mich überhaupt nicht mehr existieren. Und die Welt? Was wird sie mir morgen sein? Ein Grab, ein Grab, nichts anderes!«
    »Teufel! Das hört sich recht trübselig an! Reden wir also nicht weiter darüber«, rief d'Artagnan, »und übergeben wir diesen Brief, der Ihnen doch bloß irgendeine neue Untreue Ihres Kammerkätzchens oder Bürgertöchterleins meldet, dem Feuer!«
    »Welchen Brief denn?« rief Aramis lebhaft. – »Einen Brief, der während Ihrer Abwesenheit bei Ihnen abgegeben und mir zur Besorgung an Sie überlassen wurde.« – »Aber von wem ist der Brief?« – »Von wem sonst als einer in Tränen
    schwimmenden Zofe oder einem in Not und Verzweiflung
    gestürzten Kammerkätzchen? Vielleicht gar von der Zofe der Frau von Che vreuse, die mit ihrer Herrin wieder nach Tours zurück mußte und doch so gern in Paris geblieben wäre? Die vielleicht, um sich wichtig zu machen, ihrer Herrin einen duftigen Briefbogen entwand und mit dem Petschaft ihrer Dame ihren Brief versiegelt hat? Denn wie ließe sich sonst die Herzogskrone erklären?«
    »D'Artagnan! Was faseln Sie?« – »Ah, nun habe ich ihn wohl gar verloren!« rief d'Artagnan, indem er so tat, als suche er nach dem Brief... »Na, ein Glück nur, daß die Welt ein Grab ist, daß Männer und Weiber also Schatten sind, daß Liebe ein Gefühl ist, dem ein derbes Pfui gehört!« – »D'Artagnan, d'Artagnan!«
    schrie Aramis, »Sie bringen mich um!« – »Na, da finde ich ihn ja doch noch!« rief d'Artagnan und zog den Brief endlich aus der Tasche.
    Wie ein Tiger sprang Aramis auf ihn zu, riß ihm den Brief aus der Hand, las ihn, verschlang ihn... Sein Gesicht strahlte vor Wonne.
    »Mir kommt es so vor«, meinte d'Artagnan harmlos, »als ob
    -277-
    das Kätzchen einen recht blumigen Stil hat.«
    »Dank dir, d'Artagnan! Dank dir!« rief Aramis, fast außer sich; »sie mußte wieder nach Tours, ist mir nicht untreu geworden, liebt mich noch immer! Komm, Freund, und laß dich umarmen! Das Glück erstickt mich!« und, tapfer auf den Blättern der These umherstampfend,

Weitere Kostenlose Bücher