Die drei Musketiere
ich noch immer die Absicht habe, mich der Kirche zu weihen, und deshalb mich der strengen Weltflucht befleißige. Das Taschentuch, auf das Sie anspielen, ist mir nicht anvertraut worden, sondern ein Freund hat es bei mir liegenlassen. Ich habe es an mich nehmen müssen, um ihn und seine Dame nicht zu kompromittieren. Ich selbst habe keine Geliebte und will auch keine haben; in dieser Hinsicht halte ich es ganz mit Athos.« – »Ich dächte aber, solange Sie den Musketierrock tragen, wären Sie noch kein Abbé!« – »Ich bin wohl Musketier, doch nur vorübergehend, im Herzen bin und bleibe ich Geistlicher. Athos und Porthos haben mich bloß ins Regiment gebracht, um mir Arbeit zu bescha ffen; bei der Einsegnung hatte ich eine kleine Differenz... aber was kann Sie das interessieren? Es raubt Ihnen bloß Zeit.« – »Nicht doch«, antwortete d'Artagnan, »ich habe ja gar nichts vor!« –
»Nun, aber ich muß mein Gebet lesen, muß ein paar Verse mache n, die Madame d'Aiguillon wünscht, muß für Frau von Chevreuse Schminke kaufen. Sie sehen, lieber Freund, was auf Sie zutrifft, trifft nicht auf mich zu, denn ich habe alle Hände voll zu tun.« – Nach diesen Worten reichte Aramis seinem jungen Kameraden freundlich die Hand; und so war d'Artagnan nicht imstande, mehr über seine neuen Freunde zu ermitteln, als ihm der Zufall bereits verraten hatte.
Im übrigen führten die vier jungen Leute ein sorglos
vergnügtes Leben. Athos spielte gern, aber immer mit Verlust.
Obwohl ihm die Börsen seiner Freunde zur Verfügung standen, entlieh er von ihnen nie einen Heller, und wenn er auf Ehrenwort gespielt hatte, ließ er den Gläubiger am andern Morgen in aller Frühe aus dem Bett klopfen, um seine Schuld zu tilgen. Porthos war übermütig, wenn er gewann, kleinlaut, wenn er verlor, gab, wenn er gewann, das Geld mit vollen Händen aus, und verduftete, wenn er verlor, auf ein paar Tage, um immer, zwar ohne alle Farbe im Gesicht, aber mit Gold in allen Taschen, wieder aufzutauchen. – Aramis war ein erklärter Feind
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des Spieles, der schlimmste Musketier und ein noch
schlimmerer Tischnachbar, denn mitten beim Essen warf er einen Blick auf die Uhr, stand auf und verabschiedete sich unter dem Vorwand, mit einem gelehrten Herrn eine Konferenz zu haben, oder zu Hause an einer Disputation arbeiten zu müssen.
Er bat seine Freunde, sich deshalb nicht stören zu lassen, kehrte sich aber niemals daran, daß er die Freude anderer störte. Athos lächelte dann immer in seiner melancholischen Weise, Porthos trank seinen Ärger hinunter oder wetterte das Blaue vom Himmel herunter und rief dem »Drückeberger« oftmals
hinterher, an ihm sei ein Dorfpfarrer verloren, und was anderes würde auch nie aus ihm werden.
Planchet, d'Artagnans Page, fand sich in sein Glück, bekam seine anderthalb Livres täglich und war vier Wochen lang fidel wie der Hänfling im Hanfsamen, und gegen seinen jungen Herrn geschmeidig wie ein Ohrwurm. Als aber der Wind aus einem andern Loch pfiff, das heißt, als die königlichen Goldfüchse den Weg alles Irdischen gegangen waren, stimmte er in allen Tonarten Klagelieder an, die Athos widerlich, Porthos
unschicklich, Aramis lächerlich fand. Athos riet, den Patron zum Teufel zu jagen, Porthos, ihm zuvor das Wams zu klopfen, Aramis meinte, ein Herr dürfe nur hören, was ihm schmeichle.
D'Artagnan überlegte nicht lange, sondern befolgte den von Porthos gegebenen Rat, und zwar mit jener Gewissenhaftigkeit, die er in allen Dingen übte; verbot ihm aber, nachdem er ihn durchgebleut, ohne seine ausdrückliche Erlaubnis den Fuß aus dem Hause zu setzen. Das imponierte seinen Freunden nicht wenig; auch Planchet war über solches Maß von Pfiffigkeit schier paff und sprach kein Wort mehr davon, daß er den Dienst quittieren wolle. So geschah es, daß Planchet bei seinem Herrn und d'Artagnan bei seinen Freunden heimisch und, da er ihren Dienst, wenn er auch nicht in die Musketierrolle eingetragen war, gewissenhaft mitversah, auch in der Kaserne bald
allgemein beliebt wurde.
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Aber es kam die Zeit, da sich die Verheißunge n des Herrn von Tréville erfüllten und d'Artagnan als Junker in die
Gardekompanie, unter das Kommando des Herrn Des Essarts, eintreten mußte; er tat's mit schwerem Seufzer, getröstet nur durch die weitere Verheißung des Herrn von Tréville, ihm nach zweijähriger guter Führung Gelegenheit zu einer glänzenden Waffentat oder persönlichen Auszeichnung bei Seiner Majestät zu
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