Die drei Musketiere 2
Porthos nach der Ursache dieser seltsamen Einladung, aber d’Artagnan sagte ihnen nur, Richelieu habe ihn kommen lassen, um ihm den Eintritt bei seinen Leibwachen mit dem Grad eines Fähnrichs anzutragen, er habe aber dieses Anerbieten ausgeschlagen.
»Und Ihr habt recht gehabt«, riefen einstimmig Aramis und Porthos.
Athos versank in tiefe Träumerei und erwiderte nichts. Aber als er mit d’Artagnan allein war, sagte er: »Ihr habt getan, was Ihr tun mußtet, aber Ihr habt vielleicht unrecht gehandelt.«
D’Artagnan stieß einen Seufzer aus, denn diese Stimme antwortete auf eine geheime Stimme seiner Seele, die ihm sagte, daß großes Unglück seiner harre.
Der nächste Tag ging unter Vorkehrungen für die Abreise hin.
Die Nacht vereinigte alle Kameraden der Gardekompanie des Monsieur des Essarts und der Musketierkompanie des Monsieur de Treville, die miteinander befreundet waren. Man trennte sich, um sich wiederzusehen, wenn es Gott gefiele. Die Nacht wurde daher, wie man sich denken kann, sehr lärmend zugebracht, denn in einem solchen Fall kann die größte Sorge nur durch die größte Heiterkeit bekämpft werden.
Am folgenden Tage, bei dem ersten Trompetenstoß, trennten sich die Freunde, die Musketiere eilten in das Hôtel des Monsieur de Treville, die Gardisten in das des Monsieur des 85
Essarts. Jeder der Hauptleute führte seine Kompanie sofort zum Louvre, wo der König Parade abhielt.
Der König war traurig und schien krank zu sein, was sein vornehmes Aussehen einigermaßen beeinträchtigte. Er war in der Tat am vorhergehenden Tage mitten in der
Parlamentssitzung von einem heftigen Fieber ergriffen worden.
Er blieb aber nichtsdestoweniger bei seinem Entschluß, noch am selben Abend abzureisen.
D’Artagnan zog mit seiner Kompanie ins Feld. Als er nach dem Faubourg Saint-Germain kam, drehte er sich um und warf einen heiteren Blick auf die Bastille, der er bis dahin glücklich entgangen war. Da er nur die Bastille anschaute, sah er Mylady nicht, die ihn zwei Menschen von ziemlich üblem Aussehen zeigte, die sich sogleich den Reihen näherten, um ihn näher zu betrachten. Auf einen fragenden Blick antwo rtete Mylady, er sei es, gab sodann ihrem Pferd die Sporen und verschwand.
Die beiden Männer folgten der Kompanie auf Pferden, die ein Bedienter ohne Livree für sie bereit hielt.
9
Die Belagerung von La Rochelle war eines der bedeutendsten Ereignisse unter der Regierung Ludwigs XIII. Der Kardinal verfolgte dabei ein besonderes Ziel.
Von den wichtigen Städten, die Heinrich IV. den Hugenotten als Unterpfand gab, war nur noch La Rochelle übrig, und dieses letzte Bollwerk des Kalvinismus sollte zerstört werden. Auch war La Rochelle der letzte Hafen, der den Engländern offen stand. Wenn er diesen für England, Frankreichs Erbfeind, verschloß, so vollendete er das Werk der Jungfrau von Orleans und des Duc de Guise.
Bassompierre, der zugleich Protestant und Katholik war, Protestant aus Überzeugung, Katholik als Kommandant vom 86
Heiligen Geist, Bassompierre, ein Deutscher von Geburt, ein Franzose von Gesinnung, der ein besonderes Kommando bei der Belagerung von La Rochelle hatte, sagte daher auch, als er an der Spitze mehrerer anderer protestantischer Edelleute angriff:
»Ihr werdet sehen, Messieurs, wir sind so dumm und nehmen La Rochelle.« Und Bassompierre hatte recht. Die Kanonade der Insel Ré sagte ihm die Verfolgung der Hugenotten voraus; die Einnahme von La Rochelle war die Einleitung zum Widerruf des Edikts von Nantes.
Aber neben diesen großen politischen Gesichtspunkten wirkten kleinliche persönliche Interessen mit. Richelieu war, wie man weiß, in die Königin verliebt gewesen. Hatte die Liebe bei ihm einen politischen Zweck, oder war es eine jener tiefen Leidenschaften, wie sie Anna von Österreich den Männern ihrer Umgebung einflößte? Wir wissen es nicht zu sagen, sicher ist, daß Buckingham mehrmals den Sieg über ihn davongetragen und ihn besonders bei der Geschichte mit den Nestelstiften grausam genarrt hatte.
Es handelte sich also für Richelieu nicht nur darum, Frankreich von einem Feind zu befreien, sondern auch, sich an einem Nebenbuhler zu rächen. Die Rache sollte groß, glänzend und eines Mannes würdig werden, der die Macht eines ganzen Königreiches in der Hand hält. Er wußte, wenn er England bekämpfte, so triumphierte er über Buckingham, und wenn er England in den Augen Europas demütigte, so demütigte er Buckingham in den Augen der Königin.
Wir
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