Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
welche so gern die große Dame spielen möchte. Er wird erfahren, daß Herr von Bragelonne seinen Freund von Guiche als Schatzhüter zurückgelassen hat, und daß nun Guiche den ersten, der sich an diesem Schatz zu vergreifen wagte, den Herrn von Wardes, auf die Finger geklopft hat. Nun wird es Ihnen, Herr von Manicamp, auch bekannt sein, daß der König selber nach diesem Schatze lüstern ist und Herrn von Guiche für sein Cerberusamt wenig Dank wissen wird.«
»Sie werden Herrn von Guiche in Schutz nehmen, Madame,« antwortete Manicamp, scheinheilig wie immer. – »Sie sind närrisch, mein Herr!« rief die Herzogin schroff. – »Im Gegenteil, ich bin ganz bei Verstande und wiederhole, Sie werden Herrn von Guiche beim König verteidigen.« – »Weshalb wohl?« – »Weil Herrn von Guiches Sache,« antwortete Manicamp, diesmal mit Wärme und mit einem fast gefühlvollen Augenaufschlag, »zugleich Ihre Sache ist. Denn es wundert mich, Madame, daß Sie die wahre Ursache nicht durchschaut haben. Als Herr von Guiche sich wegen des Fräuleins von Lavallière ereiferte, war ihm nämlich nur darum zu tun, einen Deckmantel zu haben. Und damit, Madame,« setzte Manicamp hinzu, die Prinzessin fest ansehend, »glaube ich genug gesagt zu haben, um Eure Königliche Hoheit zur Fürsprache beim Könige zu bewegen.«
Die Prinzessin bedeckte das Gesicht mit den Händen und rief: »Herr, wissen Sie, was Sie da sprechen undzu wem Sie es sprechen?« – »Treiben Sie die Sache nicht soweit, Madame, daß ich Ihnen wider meinen eigenen Willen die Person nenne, die die wahre Ursache des Duells gewesen ist!« fuhr Manicamp fort. »Soll ich Ihnen darlegen, wie erbittert Graf Guiche über alle die Gerüchte war, die man über die besagte Person verbreitete? Soll ich, wenn Sie darauf beharren, diese Person nicht zu kennen, und mir die Achtung verbietet, sie namhaft zu machen, an die Auftritte zwischen Lord Buckingham und Monsieur erinnern, an Graf Guiches Eifer, dieser Person zu gefallen, die für ihn Leben und Tod bedeutet, ihr zu dienen, sie zu beschützen? oder begreifen Sie nun, daß der Graf, der schon lange auf gespanntem Fuße mit von Wardes stand, beim ersten verletzenden Wort, das dieser über jene Person fallen ließ, Feuer fing? Werden Sie sich nicht mehr über die große Geschicklichkeit, den feinen Takt wundern, mit dem der Graf diesem Streit eine andere Ursache unterzuschieben wußte, um jene Person ganz aus dem Spiele zu lassen? Und wenn nun diese Person, für die in Wirklichkeit der Graf sich duelliert hat, dem armen Verwundeten auch nur einigermaßen freundlich gesinnt ist, so wird es nicht zuviel sein für das Blut, das er für sie verspritzt hat, für den Schmerz, den er ihretwegen erleidet, wenn sie nun ihm ihren Schutz angedeihen läßt!«
Madame konnte sich nicht länger bezwingen. »So war es wirklich meinetwegen!« rief sie aus. Dann schwieg sie lange und preßte die Hände auf die Brust, um die stürmischen Wallungen ihres Busens zu hemmen. »Herr von Manicamp, Sie sprechen in einem Tone, als sei Graf Guiche schwer verwundet. Lassen Sie mich wissen –« – »Eine Hand ist ihm zerschmettert worden,aus der Brust hat man die Kugel entfernt.« – »Mein Gott! mein Gott!« rief Lady Henriette. »Das ist schrecklich! Und das hat dieser elende, feige Meuchelmörder Wardes getan. O, der Himmel ist wahrlich nicht gerecht. Schwebt Herr von Guiche in Lebensgefahr?«
»In doppelter, Madame, wie Sie bereits zu bemerken die Güte hatten,« antwortete Manicamp, »durch seine Wunden und durch des Königs Urteil. Ja, Madame, es ist möglich, daß er stirbt. Und vielleicht muß er sterben, ohne das tröstliche Bewußtsein, daß Ihnen bekannt sei, was er für Sie getan hat.«
»O, Sie werden es ihm sagen! Sind Sie nicht sein Freund?« rief Madame. – »Nein, Hoheit,« antwortete Manicamp fest, »ich werde ihm nur sagen, wie grausam Sie gegen ihn gewesen sind; denn er hat eine gute Natur und einen guten Arzt; es ist möglich, daß er mit dem Leben davonkommt, und dann soll er nicht nachträglich noch an gebrochenem Herzen sterben.«
»Welcher Arzt behandelt ihn?« fragte die Herzogin, sich auf die Lippe beißend. – »Herr Vallot, der Leibarzt des Königs. Er liegt in dem Hause des Arztes in der Feurrestraße.« – »Kehren Sie jetzt zu dem Kranken zurück?« – »Ja, Madame.« – »So erweisen Sie mir einen Dienst! Entfernen Sie alle Anwesenden – entfernen Sie sich auch selbst – o, verlieren wir keine Zeit mit
Weitere Kostenlose Bücher