Die drei ??? und der sprechende Totenkopf
arbeiten. Justus ließ sich das Abendessen herzhaft schmecken. Danach war er zu müde, um viel über den geheimnisvollen Koffer des verschwundenen Zauberers und den Totenschädel nachzudenken, dem man die Gabe des Redens zuschrieb. Es kam ihm jedoch noch in den Sinn, daß die Diebe, die schon einmal den Koffer stehlen wollten, vielleicht einen zweiten Versuch machen würden.
Also ging er noch einmal hinaus auf den schon abgeschlossenen Lagerplatz und holte Sokrates samt seinem Elfenbeinsockel aus dem Koffer. Alles andere legte er wieder hinein. Dann verschloß er den Koffer, versteckte ihn hinter der Abzugspresse und breitete ein paar alte Tücher darüber. Er hielt das für einen sicheren Ort, aber mit Sokrates wollte er doch lieber kein Risiko eingehen. Also nahm er ihn mit sich ins Haus.
Als er mit Sokrates ins Wohnzimmer kam, sah seine Tante auf und stieß einen unterdrückten Schrei aus. »Um Himmels-willen, Justus!« rief sie. »Was hast du denn da Gräßliches in der Hand?«
»Das ist nur Sokrates«, erklärte Justus. »Es heißt, er könne sprechen.«
»Wirklich – sprechen?« Titus Jonas blickte von seiner Zeitung auf und lachte kurz. »Na, mein Junge, und was sagt er denn?
Recht intelligent sieht er ja aus.«
»Bis jetzt hat er noch nichts gesagt«, mußte Justus zugeben.
»Aber ich hoffe, das kommt noch. So recht kann ich allerdings nicht dran glauben.«
»Na, bei mir bleibt der besser still, sonst müßte ich ihm gehö-
rig Bescheid sagen!« erregte sich Mathilda Jonas. »Allein schon der Gedanke! Geh mir damit aus den Augen, Justus, ich will das Ding nicht sehen.«
Justus nahm Sokrates mit hinauf und setzte ihn mitsamt dem Sockel auf das Pult in seinem Zimmer. Dann ging er wieder hinunter zum Fernsehen.
Als er schließlich zu Bett ging, war er sich darüber klar geworden, daß Sokrates unmöglich sprechen konnte. Der Große Gulliver, sein Eigentümer, mußte ein äußerst begabter Bauchredner gewesen sein.
Kurz vor dem Einschlafen schreckte ihn ein leises Pfeifen auf.
Noch einmal pfiff es, und es klang ganz nah, als wäre es bei ihm im Zimmer.
Hellwach setzte sich Justus im Bett auf. »Wer ist da? Bist du’s, Onkel Titus?« fragte er. Er dachte kurz, sein Onkel wolle ihm vielleicht wieder einen Streich spielen.
»Ich bin es . . .« Eine leise, ziemlich hohe Stimme drang aus dem Dunkel beim Schreibtisch an sein Ohr. »Sokrates.«
»Sokrates?« Justus schluckte hart.
»Die Zeit ist gekommen . . . zu reden. Mach kein . . . Licht.
Hör nur zu und . . . hab’ keine Angst. Verstehst du . . .
mich?«
Es hörte sich an, als würden die Worte mit großer Mühe ausgesprochen.
Justus starrte in die Dunkelheit, wo Sokrates sein mußte, aber er konnte nichts sehen. »J-ja, ja.« Er sprach mit ganz trockener Kehle.
»Gut«, sagte die Stimme. »Du mußt . . . morgen . . . zur King Street in Los Angeles gehen. King Street 311. Das Losungswort . . . heißt Sokrates. Hast du . . . verstanden?«
»Ja«, antwortete Justus, nun schon beherzter. »Aber um was geht es eigentlich? Wer redet denn da?«
»Ich . . . Sokrates.« Das Flüstern erstarb. Justus tastete nach seiner Leselampe und machte Licht. Er starrte zu Sokrates hinüber. Der Schädel schien ihn anzugrinsen. Aber alles war still. Sokrates konnte nicht gesprochen haben! Und doch – die Stimme war hier im Zimmer gewesen. Sie war nicht durchs Fenster hereingedrungen.
Das Fenster! Justus stand auf und ging hinüber. Aufmerksam sah er hinaus. Der Schrottplatz ließ sich gut überblicken, und nirgendwo war ein Mensch zu sehen.
Alles nur Einbildung von Justus? Aber wie sollte ihm diese Einbildung ausgerechnet eine genaue Adresse eingeben? Also doch Telepathie, Gedankenübertragung? Nun, Freunde, ihr kennt meine äußerst kritische Einstellung zu – hm – übernatürlichen Vorgängen. Ich empfehle euch lediglich, ebenfalls kritisch zu sein . . .
In äußerster Verwirrung stieg Justus wieder ins Bett. Er hatte eine Anweisung erhalten: Los Angeles, King Street 311, am nächsten Morgen. Vielleicht sollte er nicht hingehen – aber er wußte bereits, daß er es tun würde. Dieser rätselhafte Fall wurde ja immer aufregender.
Und einer Versuchung hatte Justus noch nie widerstehen können: einem so richtig geheimnisumwitterten Fall.
Eine geheimnisvolle Botschaft
»Willst du bestimmt nicht, daß ich mitkomme, Just?« fragte Peter.
Peter und Justus saßen vorn in dem kleinen Lastwagen, mit dem Patrick sie nach Los Angeles gefahren hatte, und
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