Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
Wie alt war der Fahrer?
Achtzig? Oder gar neunzig? Sie würde mit ihm fertig werden, das
war sicher. »Er ist nicht mehr mein Chef«, sagte sie
langsam mit wachsamen Augen.
»Gut
…, das
ist vielleicht auch besser so.« Der
Fahrer fuhr im Schritttempo durch einen finsteren Wald und sie fragte
sich, ob es vielleicht doch besser gewesen wäre, zu Fuß
nach Hause zu gehen. Sie verbannte alle dunklen Gedanken, schließlich hatte sie
gelernt, sich zu verteidigen. Der
alte Mann wäre auch ohne Capoeira keine Gefahr für sie.
»Wir
sind da«, sagte er und
das Auto kam langsam zum Stehen.
Roxy
blickte aus dem Fenster ins Dunkel hinaus. Sie waren auf einer
Landstraße scheinbar mitten im Wald. Der Motor des Taxis gab
einen letzten Seufzer von sich. »Ich wohne hier nicht«,
sagte sie trocken und versuchte, das Gesicht des Mannes zu erkennen;
nur für alle Fälle.
»O
doch, jetzt schon. Hier ist dein Ziel. Und jetzt steig aus«,
sagte der Mann gleichgültig, als würde ihm nicht auffallen,
wie dunkel es draußen war.
»Wie
bitte? Hier steige ich doch nicht aus? Hier ist alles dunkel und
nirgendwo ein Zeichen von Leben.«
»O
doch.«, wiederholte der Taxifahrer und wies mit seiner alten
Hand durch das Fenster.
Plötzlich
fielen Roxy zwei helle Laternen hinter dem Auto auf. Sie standen zu
beiden Seiten einer Einfahrt, die scheinbar ins Nichts führte.
»Was?
Die waren doch gerade noch nicht hier? Wohin führt der Weg?«,
sagte sie außer Atem. Sie war sich sicher, vorher keine
Lichtquellen gesehen zu haben.
»Er
führt an dein Ziel, vorerst zumindest. Ich würde mich
beeilen, bevor alle schlafen! Wobei«, er verengte seine Augen, als
könnte er durch die Dunkelheit etwas entdecken, »die
Letzte wirst du vermutlich nicht sein, aber beeil dich trotzdem. Man
weiß nie, was auf einen lauert.«
Sie
wusste nicht, wovon er sprach, doch plötzlich öffnete sich
ihre Tür, ihr Gurt schnallte sich wie von selbst auf und
unsichtbare Hände schienen sie aus dem Auto zu schubsen. Die
Autotür schloss sich mit einem lauten Knall. »Klopf an der
Türe«, rief ihr der Fahrer nach. »Dir wird gerne
geöffnet, erwarte dein neues Leben!«
»Aber
mein altes Le…«
»Es
war einmal.«
Die Nacht
der Gaben
M axim
Meister war mit seinem Auto auf den Landstraßen Bayerns
unterwegs gewesen als plötzlich der Motor einen lauten Knall von
sich gab und das Auto langsam erlahmte.
Das
war vor einer Stunde gewesen. Er hatte längst aufgegeben, die
verschiedensten Nummern ins Handy zu hämmern. Das dichte
Blätterdach des Waldes ließ keinen Empfang zu. Er war es
gewohnt, dass alles so lief, wie er es wollte, und vor allem, dass
sein Auto nicht mitten in der Pampa den Geist aufgab. Er musste
zugeben, ihn gruselte es vor der Dunkelheit. Das war auch der Grund,
weshalb er sich seit einer Stunde nicht gerührt und wieso er
nicht versucht hatte, außerhalb des Autos Empfang zu suchen. Er
war froh, diese Unannehmlichkeit allein zu erleben. Was würden
die Frauen, die ihm zu Füßen lagen, sagen, wenn sie ihn
hier so tatenlos sehen könnten? Sollte kein Auto vorbeifahren,
würde er die Nacht in seinem Wagen verbringen, bis es hell genug
war, um außerhalb nach Hilfe zu suchen. Ein
Lichtblitz streifte seine Augen und er blickte von seinem Handy auf.
Ein Auto fuhr auf ihn zu. Er warf sein Handy auf den Beifahrersitz
seines Cabrios, öffnete
die Fahrertür und
eilte vor
sein Auto, um im Licht besser gesehen zu werden. Als das Auto
näherkam, hoffte er auf eine verirrte einsame Blondine, die ihn
mitnehmen würde. Doch es war ein Taxi Schild auf
dem Dach. Er winkte dem Fahrer. Zuerst sah es so aus, als würde
er halten, doch kurz vor Maxim fuhr das Auto wieder schneller. Er sah
noch, wie ihm der Taxifahrer zuwinkte, und schnell weiterfuhr. Das
war nicht zu fassen. Maxim warf wütend seinen Ring vom Finger.
Am Horizont fuhr ein Blitz durch die Wolken. Er erinnerte sich an den
Wetterbericht von heute Morgen. »Verdammt! Hat die Tussi nicht
eine warme Nacht vorausgesagt?« Er ging zum Auto.
»Verdammt!«,
fluchte er erneut. Er wollte die Autotür aufreißen. Sie
war zu, verriegelt.
Er
hatte es geschafft, sich
auszusperren, obwohl er die Zentralverriegelung nicht bedient hatte.
Ein Donner warnte ihn, Schutz zu suchen. In einiger Entfernung
erschien ein kleines Licht. Nach längerem Zögern und einem
letzten vergeblichen Versuch, die Autotüren und den Kofferraum
zu öffnen, entschied er sich, dorthin zu gehen. Das Licht schien
aus einem Haus mitten im Wald
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