Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
zu kommen.
Maxim
lief über die Landstraße und versuchte, nicht auf die
unheimlichen Geräusche des Waldes zu hören. Er blickte
immer wieder hektisch zurück. Vor den Scheinwerfern stieg
dichter Nebel auf und umhüllte langsam das Cabrio. Er versuchte, sich
abzulenken und überlegte, was mit seinem Auto passiert war. Er
arbeitete in der Werkstatt seines Vaters und überprüfte den
Wagen täglich auf Mängel. Es war noch nie was damit
gewesen, geschweige denn, dass er den Geist aufgegeben hat. Es
schmerzte ihn, sein kleines Baby einfach so auf der Straße
zurückzulassen. Wer weiß, wie viele Marder in diesem Wald
nur auf ein zurückgelassenes Auto lauerten? Er schüttelte
den Kopf, er musste den Horror aus seinem Kopf verbannen, und sich
dem wahren Horror stellen. Durch den dichten Nebel erkannte er vage
zwei große Laternen, die mitten im Wald standen. Als er sie
erreichte, drehte er sich noch einmal zu seinem Auto um und erschrak.
Die Scheinwerfer waren verschwunden. Waren sie ausgegangen? Hatte sie
jemand ausgeschaltet? Er bekam Gänsehaut und wandte sich schnell
den einsamen Laternen zu. Sie mussten alt sein, waren voller
zierender Schnörkel und auf dem Laternendach saß jeweils
ein steinernes Geschöpf, das Maxim nicht kannte. Beide bleckten
ihre Zähne in seine Richtung. Er zwang sich, den Blick von den
Geschöpfen abzuwenden, und erkannte einen Pfad, der zwischen den
Leuchten dem Anschein nach ins Nichts führte. Er konnte trotz
des schummrigen Lichts die Reifenspuren eines vermutlich größeren
Fahrzeugs feststellen, vielleicht von einem Geländewagen. In
Maxim machte sich Hoffnung breit.
Er
lief zügig den Weg entlang und vermied den Blick zu beiden
Seiten. Der dichte Nebel verschleierte ihm jedoch jeden Blick nach
vorn. Ein zweiter Donnerschlag erschütterte den dichten Wald und
plötzlich erhellte für wenige Sekunden ein Blitz ein großes
Gebäude. Er drehte sich um. Die
beiden Laternen waren verschwunden. Er stand nun völlig im
Dunkel, war
sich jedoch sicher, dass er nicht weit von dem Haus entfernt war, und
beschleunigte seine Schritte.
Er
stand nun vor der Haustür des Gebäudes, blickte an der Wand
hoch und erkannte direkt darüber einen weiteren Eingang. Zwei
Treppen führten von links und rechts über die untere Tür
zum oberen Einlass. Ein Stockwerk höher sah er schemenhaft
etwas, das wie ein Löwe aussah, aber schlanker wirkte. Dort
musste ein reicher Mann wohnen. Das war die größte Villa,
die er jemals gesehen hatte. Ohne Vorwarnung öffnete sich die
untere Tür und ein warmer Strahl hellen Lichtes fiel über
sein Gesicht. Trotz des unheimlichen Knarrens der Tür machte
sich Erleichterung in ihm breit. Mit einem Satz sprang er über
die Schwelle.
Drei
Frauen starrten ihn entgeistert an.
»Wer
ist der Clown?«, sagte die Schwarzhaarige, die ihm am nächsten
stand. Sie hatte eine in drei Farben gestreifte Bluse und einen
ebenso gestreiften Rock an. Trotz ihrer kurzen Haare und ihrem
abfälligen Blick hatte sie etwas Anziehendes an sich.
Neben
einer Tür, die in einen anderen Raum führte, stand eine
hübsche Blondine mit langen Beinen, mühsam aufgesteckten Haaren und arrogant
hochgezogene Augenbrauen. Sie trug einen weinroten Blazer und einen
sehr kurzen Rock. An ihren Armen klimperten zahlreiche goldene
Armreifen und an ihren Ohren funkelten große Diamanten.
In
der Mitte des Raumes stand eine graue Maus. Sie hatte ihr kurzes
braunes Haar nach hinten gekämmt, einen grauen Anzug an, dessen
Rockschöße bis über ihre Knie reichten und eine
entstellende Brille auf der Nase. Maxim war sich sicher, dass auch
sie trotz ihres Schlaftablettenoutfits hübsch sein könnte.
»Die
Frage ist, wer seid ihr meine Hübschen?«, sagte Maxim und
wischte lässig den Angstschweiß von der Stirn. Er
zwinkerte der hübschen Blondine zu, doch sie überging seine
Anstrengung.
»Ich
bin Lavinia Herz, Moderatorin der Nachrichten von Nürnberg
Business Live .«
Sie hob wichtigtuerisch ihren Kopf und musterte Maxim mit ihrem
scharfen Blick.
»Freut
mich sehr, meine
Feurige.« Maxim trat auf Lavinia zu, um ihre Hand zu nehmen.
Doch sie sah ihn nur hochnäsig an und ging einen Schritt zurück.
»Wieso
sind wir hier?«, sagte die graue Maus und wandte sich an Maxim,
als könnte er das erklären. »Der Kerl hat genauso
wenig Ahnung wie wir«, sagte die gestreifte Schwarzhaarige und
blickte auf die sich nun von selbst schließende Eingangstür.
Maxim
wartete, bis das Quietschen des Tores sich gelegt hatte.
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