Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
nur einen angewiderten Blick übrig. Ihr
Mitgefühl für den Rüsseljungen mit den strahlenden
blauen Augen erlosch langsam wieder. »Und wenn du, Cuno, mich
nur durch das Tor begleitest? Den Rest kann ich auch allein gehen.«
»Damit
di da Waldtiga obschlachtet? De Verantwoatung nehme i ned auf mi! Mia
hobn aba a Gästezimma im drittn Stogg«
Lavinia
entfuhr ein ungeduldiger Laut. Sie hatte zwar nicht alles genau
verstanden, doch die Grundaussage war bei ihr angekommen.
»Du
kannst es dir überlegen, unser Angebot steht. Was hast du denn
für schöne Ohrringe?«, wollte Fabio wissen.
»Nicht
anfassen … und auch nicht anschnüffeln«, herrschte
Lavinia ihn an, als er mit seinem Rüssel näherkam.
»Die
sind von Gucci, die würdest du dir in hundert Jahren nicht
leisten können.«
Fabio
trat einen Schritt zurück.
Lavinia
ließ ihren Blick durch die kleine Küche wandern, auf der
Suche nach einer Idee aus der Stadt zu kommen. Sie würde sich
doch nicht mit einem winzigen Gästezimmer, das womöglich
mit seltsamen Pflanzen zugestopft war, zufriedengeben, wenn sie auf
der Erde ein riesiges Anwesen besaß, in dem sie bequem schlafen
konnte.
Fabio
begann mit den Vorbereitungen für das Abendessen. Es schepperte,
als er einen alten Kessel aus der Theke holte und auf den Herd
stellte. »Möchtest du über Nacht bleiben?«,
fragte er hoffnungsvoll und seine blauen Augen wurden groß.
»Nein,
ich verzichte! Ich finde schon jemanden, der mich begleitet.«
»Wa
ned will, da hod scho«, sagte Cuno und tastete weiter an der
kleinen buschigen Topfpflanze.
Sie
stand auf und machte Anstalten zu gehen. Fabio eilte herbei, um ihr
die Küchentür aufzuhalten. Sein Rüssel schwang in der
Eile hin und her und Lavinia spürte wieder einen Anflug von
Mitleid für ihn.
»A
guade Nacht«, wünschte Cuno ihr, als sie in den Gang
hinausging.
»Warte,
ich helfe dir«, sagte der Elefantenjunge eilig und bückte
sich, um ihr die Taschen vom Boden zu reichen.
»Danke!«
Lavinia trat auf den stillen Platz vor die Haustür.
»Ich
hoffe, du besuchst uns bald wieder? Mein Magiergrad ist bisher nur
zwei, aber in ein paar Monaten kann ich mir neue Zauberkurse leisten
und dann erhalte ich sicherlich den nächsten Grad! Dann könnte
ich dich bis zum Portal begleiten, egal wie spät es ist«,
sagte Fabio mit einem Strahlen in seinen Augen.
Lavinia
zwang sich zu einem Lächeln. Sie wollte sich abwenden, da fiel
ihr noch etwas ein. »Wie alt bist du eigentlich?«
Fabio
lächelte. »Ich bin siebzehn. Warum?«
Lavinia
schüttelte den Kopf und winkte ihm kurz zu, ehe sie ging. Hinter
ihr schloss sich die Tür und somit wurde auch der hellste
Lichtschein auf dem Platz ausgelöscht. Die wenigen Laternen
beleuchteten den Platz recht spärlich. Der Mond war hinter einer
dicken Wolkenschicht verschwunden.
»Bernhard!
Wie oft soll ich es dir noch sagen? Du darfst deinen Posten nicht, und ich sage
es ein letztes Mal, du darfst ihn nicht verlassen«, brüllte
offensichtlich ein Ritter einen anderen Ritter an.
Lavinia
ging langsam auf die beiden zu.
»Aber
ich musste doch mal«, antwortete der Mann am Tor. Lavinia
erkannte die Stimme des Ritters, der sie vorher nicht durchgelassen
hatte.
»Das
ist mir egal! Es geht nicht, dass nur eine Wache am Tor steht! Wie
soll Baldur alleine zwei Seiten des Tores bewachen?«
Lavinia
vermutete bei dem Geschrei, dass der Veranstalter des Lärms wohl
ein hohes Tier beim Militär sein musste.
Die
Wache, die Lavinia bereits kannte, senkte den Blick. Sie ergriff die
Chance, um ihren Senf dazuzugeben. »Dieser Mann hat keinerlei
Eigenschaften, die ein Ritter normalerweise besitzen sollte. Er
versucht, eine Frau in Not abzuzocken und verweigert ihr den Zutritt
auf die Ebenen.«
Der
wandte sich ihr zu und
war sichtlich über ihr Erscheinungsbild überrascht.
Womöglich passte sie mit ihren High Heels, klimpernden
Ohrringen, mühevoll frisierten Haaren und ihren vielen
Einkaufstaschen tatsächlich nicht in diese mittelalterliche
Szene mit drei Rittern als Hauptrollen. Sie schwang voller Genugtuung
ihre Haare über die Schulter und genoss die offensichtliche
Reaktion, die sie bei den Männern auslöste.
»Und
wer sind Sie?«, fragte der schreiende Ritter überaus
freundlich.
»Mein
Name ist Lavinia Herz. Ich bin Moderatorin bei Nürnberg
Business Live . Ich
möchte durch das Tor, damit ich das Portal auf die Erde nehmen
kann.«
Ihr
Gegenüber wich einen Schritt zurück.
»La
–vinia Herz sagen Sie?«
»Ja
und
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