Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende
du?«
»Siebzehn.«
»Natürlich. Siebzehn. Und du suchst nach Rowena. Ja … Mashrapur. Ich sehe es jetzt. Noch nicht der Todeswanderer, der Silberschlächter, der Hauptmann mit der Axt. Aber trotzdem mächtig.« Er ließ ihn los und seufzte. »Du hast ganz recht, Druss. Du schmiedest deine Zukunft selbst, du brauchst keine Worte von mir.« Der alte Mann stand auf und nahm seinen Stab. »Ich danke euch für eure Gastfreundschaft.«
Sieben erhob sich ebenfalls. »Sag uns wenigstens, was uns in Mashrapur erwartet«, bat er.
»Eine Hure und sieben Silberpfennige«, antwortete der Priester mit einem trockenen Lächeln. Er wandte seine blinden Augen Druss zu. »Sei stark, Axtschwinger. Der Weg ist lang, und es müssen Legenden geschaffen werden. Aber der Tod wartet, und er ist geduldig. Du wirst ihn sehen, wenn du im Vierten Jahr des Leoparden unter den Toren stehst.«
Er wanderte langsam davon. »Unglaublich«, flüsterte Sieben.
»Wieso?« entgegnete Druss. »Ich hätte dir auch sagen können, daß die nächste Frau, die dir begegnet, eine Hure ist.«
»Er kannte unsere Namen, Druss. Er wußte alles! Wann ist das Vierte Jahr des Leoparden?«
»Er hat uns gar nichts gesagt. Laß uns weiterreiten.«
»Wie kannst du sagen, es war nichts? Er nannte dich Druss, die Legende. Welche Legende? Was hat der Alte damit gemeint?«
Ohne ihn zu beachten, ging Druss zu seinem Pferd und stieg in den Sattel. »Ich mag Pferde nicht«, sagte er. »Wenn wir in Mashrapur sind, verkaufe ich das Tier. Rowena und ich gehen zu Fuß zurück.«
Sieben schaute zu dem jungen Mann mit den hellen Augen empor. »Es hat dir nichts bedeutet, nicht wahr? Seine Prophezeiung, meine ich.«
»Es waren bloß Worte, Dichter. Geräusche. Laß uns aufbrechen.«
Nach einer Weile sagte Sieben: »Das Jahr des Leoparden ist in dreiundvierzig Jahren. Bei den Göttern, Druss, du wirst ein alter Mann. Ich möchte nur wissen, wo diese Tore sind.«
Druss beachtete ihn nicht und ritt weiter.
5
Bodasen bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge, die das Dock bevölkerte, vorbei an den farbenfroh gekleideten Frauen mit den angemalten Gesichtern und dem falschen Lächeln, an den Budenbesitzern, die laut ihre Waren anpriesen, und an den Bettlern mit den mißgebildeten Gliedern und den bittenden Augen. Bodasen haßte Mashrapur. Er verabscheute den Geruch der wimmelnden Menschenmassen, die auf der Suche nach schnellem Reichtum hierher kamen. Die Straßen waren schmal und erstickten unter dem Abfall der Menschheit, die Häuser waren hoch – drei-, vier- und fünfstöckig – und alle durch Gassen und Tunnel und schattige Pfade verbunden, wo Räuber achtlosen Opfern ein Messer zwischen die Rippen stoßen und dann durch das Labyrinth der Gassen fliehen konnten, ehe die unterbesetzte Stadtwache sie zu erwischen vermochte.
Was für eine Stadt, dachte Bodasen. Ein Ort des Drecks und der angemalten Frauen. Eine Zufluchtsstätte für Diebe, Schmuggler, Sklavenhändler und Deserteure.
Eine Frau näherte sich ihm. »Du bist wohl einsam, Liebster«, sagte sie und ließ beim Lächeln ihre Goldzähne blitzen. Er blickte auf sie hinunter, und ihr Lächeln verschwand. Sie zog sich rasch zurück, und Bodasen ritt weiter.
Er gelangte in eine enge Gasse und hielt, um seinen schwarzen Umhang über die linke Schulter zurückzuschlagen. Der Griff seines Säbels schimmerte im verblassenden Sonnenschein. Als Bodasen weiterritt, sah er drei Männer im Schatten stehen. Er spürte ihre Blicke auf sich gerichtet und wandte sich ihnen zu, starrte sie herausfordernd an. Sie wandten die Köpfe ab, und Bodasen setzte seinen Weg durch die Gasse fort, bis sie sich zu einem kleinen Platz erweiterte, in dessen Mitte ein Springbrunnen mit einer Bronzestatue stand, die einen Knaben auf einem Delphin darstellte. Einige Huren saßen neben dem Brunnen und schwatzten. Sobald sie ihn erblickten, änderte sich ihre Haltung. Sie lehnten sich zurück, um ihre Brüste vorzustrecken, und setzten ihr gewohnheitsmäßiges Lächeln auf. Als er vorbeiritt, nahmen sie ihre Unterhaltungen wieder auf.
Das Gasthaus war beinahe leer. Ein alter Mann saß am Tresen, vor sich einen Krug Bier. Zwei Mädchen wischten die Tische ab, während ein drittes in dem steinernen Kamin das Feuer für den Abend vorbereitete. Bodasen ging zu einem Fenstertisch und setzte sich mit dem Gesicht zur Tür. Ein Mädchen kam zu ihm. »Guten Abend, Herr. Bereit für das übliche Abendbrot?«
»Nein. Bring mir einen Becher guten
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